Als einer von vier Landkreisen in Baden-württemberg erprobt Ludwigsburg das Modellprojekt Stella. Es will Flüchtlinge schneller in den Arbeitsmarkt integrieren.

Ludwigsburg - Hast du eine Mikrowelle“, fragt Rania Askar ihren Sitznachbarn. Der verneint und fragt nach einem Kühlschrank, doch wieder kann keiner helfen. Bei diesem Dialog handelt es sich nicht um eine Elektrogeräte-Tauschbörse, die Teilnehmer hätten derartiges auch kaum zu bieten. Es sind Flüchtlinge, und sie lernen Deutsch an der Schiller-Volkshochschule in Ludwigsburg. Es geht es um das Thema Frühstück. In einem Quartett-Spiel sollen sie zueinander passende Gegenstände sammeln. „Diese Sprache muss man viel studieren“, sagt Askar. Die gelernte Apothekerin aus Damaskus weiß: „Ohne die deutsche Sprache bekomme ich keine Arbeit.“

 

Askar ist glücklich, dass sie als eine der wenigen Asylbewerber für den ersten Sprachkurs des Modellprojekts Stella ausgewählt wurde. Stella steht für „Schnelle Integration von Flüchtlingen und Asylbewerber/innen in gemeinsamer Verantwortung“ und läuft seit Anfang des Jahres in den Landkreisen Ludwigsburg, Reutlingen, Tübingen und im Ortenaukreis. Der erste Sprachkurs begann im März, am vergangenen Dienstag startete ein weiterer Kurs mit 16 Teilnehmern. Diese lernen fünf Tage die Woche jeweils fünf Stunden lang Deutsch. Nach neun Monaten sollen sie das fortgeschrittene Sprachniveau B2 erreicht haben. Das Ziel des Projekts ist, Asylbewerber schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür arbeiten die Kreise mit der Agentur für Arbeit zusammen. „Es geht darum, Potenziale möglichst schnell zu fördern“, erklärt der Sozialdezernent Heiner Pfrommer.

Nicht jeder kommt bei Stella zum Zug

Dabei kann nicht jeder zum Zug kommen. Innerhalb von zwei Jahren sollen 60 Asylbewerber einen Sprachkurs besuchen und anschließend in Ausbildung oder Arbeit vermittelt werden. Das sind nicht viele in Anbetracht der knapp 2000 Flüchtlinge im Landkreis, deren Asylbewerberverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Deswegen wählen Landkreis und Agentur für Arbeit in einem zweistufigen Verfahren die Teilnehmer aus. Zum einen muss die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Asylantrag erfolgreich ist, besonders hoch sein, wie bei Flüchtlingen aus Eritrea oder Syrien. Zum anderen müssen sie Qualifikationen mitbringen, die hier im Landkreis benötigt werden – und da sind vor allem technische Berufe gefragt.

Ahmed Jamshid Amarkhil beispielsweise möchte eine Ausbildung zum Automechaniker machen. In Afghanistan war er fünf Jahre lang Dolmetscher für die amerikanische Armee. Als sich die Truppen zurückzogen, habe er fliehen müssen. „Mein Leben war in Gefahr“, erzählt der 26 Jahre alte Mann.

Im Sommer geht es in ein Praktikum

Die Kurslehrerin Stefanie Reiner ist zufrieden mit ihren Schülern. Sie seien sehr motiviert, „nur bei der Pünktlichkeit hapert es manchmal“, sagt sie. Am Anfang habe es noch starke Verständigungsprobleme gegeben – da habe dann Arabisch geholfen. „Wenn einer die Aufgabe verstanden hatte, konnte er es anderen erklären“, erzählt die Sozialpädagogin. Der Lehrplan sei sehr straff, „wenn da einer mal einen oder zwei Tage fehlt, wird es schon schwierig“, sagt sie. Trotz der teilweise harten Schicksale, die viele Teilnehmer erleiden mussten, sei die Atmosphäre im Kurs entspannt. Einmal besuchte die Gruppe die Wilhelma für eine Führung. Für die Sommerferien steht schon ein weiteres Angebot bereit: Die Flüchtlinge sollen von der Agentur für Arbeit Praktika in Firmen im Landkreis vermittelt bekommen, um die Arbeitswelt in Deutschland kennen zu lernen.