Das Finanz- und Wirtschaftsministerium des Landes will Berufsschulen stärker fördern. Die können sich für ein Projekt bewerben, das eine vollautomatische Produktionslinie an der Schule zu Lehrzwecken simuliert. Im Landkreis könnte es zwei Bewerber dafür geben.

Bietigheim-Bissingen - Das baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsministerium will das Thema Industrie 4.0, also die ganzheitlich vernetzte und computergesteuerte Produktion, stärker an den beruflichen Schulen etablieren. Dazu werden vier Millionen Euro als Wirtschaftsförderung zur Verfügung gestellt. Acht Lernfabriken sollen eingerichtet werden – eine könnte im Kreis Ludwigsburg stehen.

 

Der Landrat Rainer Haas hat in einem Brief an den Wirtschaftsminister Nils Schmid das Interesse des Landkreises signalisiert. „Die beruflichen Schulen müssen hier Trends umsetzen, um mit der rasanten Entwicklung des Wirtschaftssektors Schritt halten zu können“, sagte Haas bei einem Besuch des Beruflichen Schulzentrums in Bietigheim-Bissingen. Die dortige Schulkonferenz hat entschieden, sich für das Förderprogramm zu bewerben. Es sieht vor, dass das Land bis zu 500 000 Euro zur Verfügung stellt: für die Technik und die Fortbildungen der Lehrer. 400 000 muss der Träger, in diesem Fall der Landkreis, berappen, 100 000 Euro sollen von externen Firmen kommen.

Die Lernfabrik als Schaufenster für kleine Unternehmen

Denn die Lernfabrik soll nicht nur attraktiv für Schüler sein, sondern auch ein Schaufenster für kleine und mittelständische Unternehmen, wie es im Förderaufruf des Ministeriums heißt. Für Stefan Ranzinger, den Leiter des Beruflichen Schulzentrums in Bietigheim-Bissingen, ist die Bewerbung seiner Schule Pflicht. Aktuell spricht er mit ortsansässigen Firmen, um Fördermittel einzuwerben. Trumpf hat bereits Interesse gezeigt. Die Frist für den Förderantrag sei „sportlich“ – bis zum 23. Oktober muss er beim Ministerium sein, inklusive pädagogischem Konzept, Investitionsplänen und Raumplänen. Das Feld ist hart umkämpft: knapp 90 gewerbliche Schulen gibt es im Land, das Ministerium rechnet damit, dass sich mindestens ein Drittel davon bewirbt.

Die Lernfabrik bedeutet Mehrarbeit für die Lehrer

Ein möglicher Konkurrent sitzt in Ludwigsburg: die Carl-Schaefer-Schule überlegt ebenfalls, sich zu bewerben. „Das Know-how ist da. Darauf würden wir gerne aufbauen“, sagt die Schulleiterin Frauke Peters. Wichtig sei hierbei, die Lehrer für das Projekt zu motivieren. Denn den Bitten der Schulleiter nach zusätzlichen Stellen für das Projekt hat das Kultusministerium eine Absage erteilt. Sprich: Die Lernfabrik bedeutet Mehrarbeit für die Lehrer.

Eine Schule kann sich nicht bewerben: die gewerbliche Schule in Göppingen. Die dortige Lernfabrik war Vorbild für das Förderprojekt des Wirtschaftsministeriums. Seit Januar gibt es dort in Kooperation mit dem Automatisierungsunternehmen Festo eine symbolhafte Handy-Produktion, an der vor allem die Vernetzung von Automatisierung, Robotik und computergesteuerten Werkzeugmaschinen erprobt werden soll. An diesem Freitag bietet die erste Lernfabrik Baden-Württembergs einen Tag der offenen Tür für Lehrer. Eine Delegation aus Ludwigsburg wird auch dabei sein. Die Fördergelder könnte der Göppinger Schulleiter dennoch gebrauchen: „Wir haben immer Ideen, wie eine Lernfabrik 4.1 aussehen könnte.“