Für eine umstiegfreie Verbindung mit dem Metropolexpress braucht es wohl ein weiteres Gleis. Die Gemeinden westlich von Bietigheim pochen darauf, dass das Land sein Versprechen für eine bessere Anbindung einhält.
Kreis Ludwigsburg - Die Diskussionen sind geführt, die Entscheidung ist gefallen: von Dezember 2018 an soll der Metro-polexpress Pforzheim mit Stuttgart verbinden. Das hat das Land unlängst beschlossen. Profitieren könnten jene Gemeinden, die sich bisher für eine Verlängerung der S-Bahnlinie S 5 über Bietigheim hinaus bis nach Vaihingen/Enz stark gemacht hatten. Allerdings sehen die Bürgermeister von Vaihingen, Sersheim und Sachsenheim den Metropolexpress nach wie vor skeptisch.
Das Land sucht aktuell einen Betreiber für die Züge. Diese sollen im 30-Minuten-Takt die Städte Heilbronn, Schwäbisch Hall, Aalen, Tübingen, Geislingen, Horb und Pforzheim mit der Landeshauptstadt verbinden. Im S-Bahn-Gebiet soll der Metropolexpress nur an wichtigen Verkehrsknotenpunkten halten, damit soll auch die S-Bahn entlastet werden.
Sachsenheim sieht keine Verbesserung
Vaihingens Oberbürgermeister Gerd Maisch sieht die Entwicklung „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. Mit einer S-Bahn hätte es eine bessere Taktung und mehr Anfahrtziele für die Vaihinger in Richtung Stuttgart gegeben. Die Metropolexpresszüge dagegen brächten gegenüber dem Ist-Zustand für Vaihingen „keine Veränderung“. Vaihingen sei aber in einer Sonderposition durch seine Lage an der Schnellbahntrasse von Mannheim nach Stuttgart – und hier ergibt sich durchaus ein Vorteil: Denn auf dieser Strecke sind weitere Interregio-Express-Züge geplant, die für Vaihingen eine „spürbare Verbesserung“ der Anbindung nach Stuttgart bringen würden.
Für Sachsenheim sieht die Sache anders aus. Der Bürgermeister Horst Fiedler erkennt in dem aktuellen Konzept „überhaupt keine Verbesserung“ gegenüber dem Status quo. Das Land möchte die aktuell noch stündlich fahrende S-Bahn aus Karlsruhe, die in Bietigheim endet, durch einen Metropolexpress ersetzen. Endstation bliebe aber weiterhin Bietigheim – wer weiter nach Stuttgart will, müsste umsteigen. „Wenn wir schon einen Metropolexpress haben, muss der auch in die Metropole fahren“, sagt Fiedler.
Darauf dringt auch der Verkehrsclub Deutschland. Der Landesvorsitzende Matthias Lieb fordert zudem, dass die Expresszüge auch in Feuerbach halten. Eine Studie zur Verlängerung der S-Bahnlinie S 5 hatte ergeben, dass viele Pendler aus Vaihingen und Umgebung dort aussteigen. Dazu aber wären Umbaumaßnahmen am dortigen Bahnhof nötig.
Das Land prüft das Flügelungskonzept
Das Land prüft derzeit eine Variante, die den Halbstundentakt ohne Umsteigen ermöglichen könnte: Beim sogenannten Flügelungskonzept würde der Metropolexpress aus Pforzheim, der in Bietigheim endet, mit einem Zug aus Heilbronn verbunden und dann bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof durchfahren.
Dazu wiederum müsste der Bahnhof in Bietigheim umgebaut werden. Zum einen müssten die Bahnsteige verlängert werden, zum anderen bräuchte es wohl ein zusätzliches Gleis. Die Nahverkehrsgesellschaft und das Landesverkehrsministerium haben bei der Bahn um die notwendigen Daten für eine Kostenkalkulation gebeten. „Wir warten immer noch auf die Grunddaten der Deutschen Bahn, solange können wir keine Kosten nennen“, sagt der Ministeriumssprecher Edgar Neumann. Insgesamt brauche das Land für die Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs mehr Regionalisierungsmittel vom Bund.
Die S-Bahn-Verlängerung ist damit nicht vom Tisch. „Falls das Land das Metropolexpress-Projekt nicht wie versprochen realisiert, müssen wir darüber reden, ob die S-Bahn nicht doch das bessere Konzept ist“, sagt Jürgen Wurmthaler, der leitende Direktor für Infrastruktur beim Verband Region Stuttgart. Das sieht auch Sachsenheims Bürgermeister Horst Fiedler so: „Wir bleiben weiter dran.“
Kommentar: Spatz oder Taube
Durch den Metropolexpress sparen die Kommunen Geld – verlieren aber an Einfluss.
In der Debatte über die Metropolexpresszüge drängt sich der Vergleich zwischen dem Spatz in der Hand und der Taube auf dem Dach auf. Die Kommunen Vaihingen/Enz, Sersheim und Sachsenheim konnten ihre Vorstellungen für eine S-Bahn-Verlängerung nicht durchsetzen. Diese hätte den Vorteil gehabt, dass alle Ziele auf der Strecke nach Stuttgart ohne Umsteigen erreichbar gewesen wären. Andererseits laufen die Verträge zwischen der Region Stuttgart und der Bahn für die S-Bahn noch bis 2028, und so lange will man im Westen des Landkreises nicht mehr warten.
Das Konzept der Metropolexpresszüge verspricht eine frühere Lösung, aber mit Abstrichen bei der Zahl der Haltestellen. Da es vom Land finanziert wird, geben die Kommunen ein Stück weit Gestaltungseinfluss ab, den sie beim größtenteils kommunal finanzierten S-Bahn-Konzept hätten. Dazu kommt: wenn die Metropolexpresszüge erst einmal fahren, wird es für die Kommunen deutlich schwieriger werden, die S-Bahn-Verlängerung wieder aufs Tableau zu bringen.