Bei der Polizei macht sich Ernüchterung breit: Trotz umfangreicher Maßnahmen gegen die steigende Zahl der Wohnungseinbrüche konnte der Trend nicht gestoppt werden. Jetzt will das Polizeipräsidium Ludwigsburg noch eine Schippe drauf legen.

Kreise Ludwigsburg und Böblingen - Der Ludwigsburger Polizeipräsident Frank Rebholz möchte nichts beschönigen: „Die Zahlen sind miserabel“, sagt er. Auch in den ersten sechs Monaten dieses Jahres habe die Zahl der Wohnungseinbrüche in den Landkreisen Ludwigsburg und Böblingen zugenommen, in Ludwigsburg leicht, in Böblingen „deutlich“. Genauer will das Polizeipräsidium nicht werden, aber Rebholz gibt zu verstehen, dass die bisherige Statistik für 2015 für ihn eine „Ernüchterung“ darstellt.

 

Schon im vergangenen Jahr hatte die Polizei Alarm geschlagen – bei 599 Wohnungseinbrüchen im Kreis Ludwigsburg und 427 im Kreis Böblingen. Das war ein Plus von knapp 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr, während die Aufklärungsquote mit sieben Prozent nur halb so groß war wie im Landesdurchschnitt. Schon im August 2014 hatte das Polizeipräsidium, das für beide Landkreise zuständig ist, eine eigene Ermittlungsgruppe für Wohnungseinbrüche gegründet und die Spurensicherung an die Kriminaltechnik übergeben. Zusätzlich hat die Polizei mehr Beratungsgespräche mit Bürgern geführt und erläutert, wie man sich gegen Einbrüche schützen kann.

Professionelle Banden hinterlassen wenige Spuren

Die starke Zunahme der Einbrüche sei vor allem professionellen Banden geschuldet, erklärt die Polizei. „Die hinterlassen am Tatort nur sehr wenige Spuren“, sagt Jürgen Hahn, der Leiter der Kriminalinspektion. Besonders Wohnungen in der Nähe von Autobahnen oder S-Bahn-Stationen seien bei den Einbrechern beliebt.

Gefruchtet haben die Bemühungen bisher nicht, wie die Zahlen zeigen. Deshalb will sich die Polizei nun noch mehr ins Zeug legen, sowohl präventiv, durch Informationsveranstaltungen für die Bürger, als auch durch mehr Überwachung und mehr Kontrollen. 5000 Plakate, die zu einer wachsamen Nachbarschaft ermuntern, sollen im Oktober in den 65 Kommunen der beiden Kreise aufgestellt werden – die Kosten dafür übernehmen die Kommunen.

Die Nachricht: die Polizei kann nicht überall sein

Zudem soll es Informationsveranstaltungen in Kooperation mit den Städten und Gemeinden geben. Die Nachricht soll sein: „Wir können nicht überall sein. Wir brauchen die Hilfe der Bevölkerung“, sagt Ralf Single, der stellvertretende Leiter des Referats Prävention. Der Holzgerlinger Bürgermeister Wilfried Dölker pflichtet ihm bei: „Wir stellen oft fest, dass die Zivilcourage wiederbelebt werden muss.“ Ohne die Hilfsbereitschaft der Bürger könne es auch keine Fahndungserfolge geben. „Und wir wissen alle, dass die Polizei gerade keine Langeweile hat“, sagt Dölker mit Blick auf die Flüchtlingssituation. Rebholz stimmt zu: „Wir brauchen eine Kultur des Hinschauens, nicht des Wegschauens.“

Auch operativ will die Polizei aufrüsten. Die Ermittlungsgruppe Einbrüche soll um vier Kriminalpolizisten auf 16 aufgestockt werden. Diese Einheit wird dann alle Wohnungseinbrüche zentral bearbeiten. „So lassen sich Zusammenhänge besser erkennen“, sagt Hahn. Zudem werden die Beamten revierübergreifend im gesamten Straßennetz verdeckt fahnden, und es soll gemeinsame Kontrollen der Reviere in Bussen und Bahnen geben. Auch will die Polizei die Brennpunkte entlang der Autobahnen verstärkt kontrollieren. Offen ist bisher noch, welche Aufgaben die Polizei im Gegenzug reduzieren möchte, denn zusätzliches Personal gibt es nicht. „Eventuell fahren wir weniger anlassunabhängige Streifen“, sagt Rebholz.