Regierungssprecher Steffen Seibert spricht nicht von Sanktionen, sondern von „möglichen Maßnahmen“ gegen Russland, falls kurzfristig in der Krim-Krise keine Deeskalation zu erreichen sei. Doch bergen Zwangsmaßnahmen große Risiken.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Steffen Seibert, der Sprecher der Bundeskanzlerin, gibt sich am Mittwoch große Mühe, schon das Wort „Sanktion“ zu vermeiden. Er spricht von „möglichen Maßnahmen“ gegen Russland, falls kurzfristig in der Krim-Krise keine Deeskalation zu erreichen sei. Darüber werde bei dem für heute anberaumten Sondertreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs zu reden sein, wenn es etwa keine erkennbaren Fortschritte bei der Installation einer Kontaktgruppe geben sollte.

 

Seibert betont jedoch, der Bundesregierung gehe es vor allem darum, „aus der bedrohlichen Situation einen Ausweg des Dialogs zu finden“. Er sagt: „Von entscheidender Bedeutung ist jetzt, dass von allen Seiten Zurückhaltung geübt wird.“ Das klingt nicht nach Zwangsmaßnahmen. Die USA erwägen hingegen laut „Washington Post“ Sanktionen gegen hochrangige russische Beamte, Staatsbanken und Handelsunternehmen. Nur dies werde Präsident Wladimir Putin zur Abkehr von seiner Politik zwingen.

Katalog der möglichen Zwangsmaßnahmen begrenzt

Der SPD-Politiker Gernot Erler, Russland-Beauftragte der Bundesregierung, warnt vor Sanktionen. Er halte dies „im Augenblick für nicht hilfreich“. Es sei nicht vernünftig, im selben Moment, wo Gespräche in Gang kommen könnten, Sanktionen zu verhängen. Zudem bestehe das Risiko einer Eskalation der Krise, falls Russland auf Sanktionen „mit eigenen Sanktionsantworten reagiert“.

Der Katalog an möglichen Zwangsmaßnahmen ist begrenzt. Es ist unwahrscheinlich, dass bei dem EU-Gipfel heute schon konkrete Beschlüsse fallen – allenfalls zu symbolischen Maßnahmen. Als solche wären etwa diplomatische Gesten wie die Aussetzung der Zusammenarbeit im Nato-Russland-Rat oder der Verhandlungen über Visumfreiheit denkbar. Den Ausschluss Russlands aus der Runde der acht wichtigsten Industrienationen (G 8) bewertet die Bundesregierung skeptisch. Allerdings könne das nächste G-8-Treffen in Sotschi nur dann stattfinden, wenn das Umfeld dies gestatte, sagt Seibert und fügt hinzu: „Wir beobachten, dass dieses Umfeld im Moment nicht gegeben ist.“

Wirtschaftliche Sanktionen riskant für Deutschland

Die militärische Zusammenarbeit mit Russland wird laut Verteidigungsministerium im Einzelfall überprüft. Gemeinsame Manöver seien nicht geplant. Aktuell würden im Zuge einer Ausbildungshilfe drei russische Offiziere an der Führungsakademie der Bundeswehr geschult. Wirtschaftliche Sanktionen wären riskant für Deutschland, das ein Drittel seines Öl- und Gasbedarfs aus russischen Importen deckt. Möglich wäre das Einfrieren russischen Auslandsvermögens.