Die Chefdiplomaten schätzen die Lage als extrem ernst ein – und das nicht nur bezogen auf die Krim oder die Ukraine, sondern auf ganz Europa. Deshalb suchen die Außenminister eine diplomatische Lösung in der OSZE und drohen mit Sanktionen.

Brüssel - Das Ziel des Krisentreffens der EU-Außenminister am Montag hat der Luxemburger Kollege Jean Asselborn ganz unverblümt beschrieben: „Wir wollen einen Krieg verhindern.“ Durch die Bank schätzen die Chefdiplomaten die Lage als extrem ernst ein – und das nicht nur bezogen auf die Krim oder die Ukraine, sondern auf ganz Europa. Man stehe „vor einem Abgrund“ und der möglichen „Spaltung Europas“, warnte Minister Frank-Walter Steinmeier, der die Situation als „die schärfste Krise seit dem Mauerfall“ bezeichnete. Noch aber sei, so der Deutsche, „Umkehr möglich“.

 

Entsprechend eindringlich appellierten die in Brüssel versammelten Chefdiplomaten an Russland, die militärische Intervention auf der Halbinsel Krim zu beenden. Diese sei „völlig inakzeptabel“, kritisierte Steinmeier. „Wir weisen das russische Vorgehen auf das Schärfste zurück“, sagte der britische Vertreter David Lidington. „Ich verurteile die russische Aggression, die Besetzung der Krim“, sagte Schwedens Minister Carl Bildt.

Mit lautstarkem Protest freilich ist es nicht getan, das wissen auch die EU-Außenminister. „Wir werden uns nicht aus dieser Krise herauskommentieren können“, sagte Steinmeier. Die diplomatischen Aktivitäten, die ohnehin laufen, sollen daher nun noch einmal verstärkt werden. „Jenseits von starken Botschaften“, so der SPD-Minister, müsse man dafür nun „nach Formaten suchen, in denen sich beide Konfliktparteien begegnen“.

Einigung auf eine OSZE-Mission

Im Gespräch ist die Gründung einer Kontaktgruppe, wie es sie auch im Falle Syriens gegeben hat. Kanzlerin Angela Merkel hatte am Sonntagabend mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonisch besprochen, auf diese Weise alle relevanten Akteure einzubinden. Die Rede ist zudem davon, den Europarat in Straßburg als Forum zu nutzen. Konkreter noch wird die Idee verfolgt, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stärker einzubinden, in der Moskau und Kiew ebenfalls Mitglied sind. So wird nun auf Vorschlag Deutschlands versucht, eine OSZE-Mission in die Ukraine zu entsenden, um nicht länger auf Gerüchte und Behauptungen angewiesen zu sein, wie die vermutlich russischen Soldaten ohne Hoheitsabzeichen dort vorgehen oder die russischstämmige Bevölkerung von der ukrainischen Regierung behandelt wird.

Priorität jedoch hat, Russland und die Ukraine an einen Tisch zu bringen, was von Moskau bis jetzt verweigert wird, da der Kreml Kiews neue Führung nicht anerkennt. „In der OSZE gibt es ein ständiges Gesprächsforum“, sagte ein belgischer EU-Diplomat, „außerdem führt gerade die Schweiz dort den Vorsitz, die von allen als neutral angesehen wird.“ Indirekt erkennt die EU damit an, dass sie selbst nicht als Vermittler dienen kann, da sie früh mit der Oppositionsbewegung sympathisierte. Aus dem Spiel nehmen will sich die EU aber nicht. Die Außenbeauftragte Catherine Ashton soll im Namen der Minister heute nach Moskau reisen.

Auch ein Wirtschaftsembargo wird erwogen

Im Gepäck wird sie auch die Aufforderung der Minister an die ukrainische Führung haben, die Rechte der russischen Minderheit zu akzeptieren. Das ist das Zuckerbrot. Die Peitsche besteht darin, dass die EU-Außenminister auch mit Sanktionen drohen, sollte Russland nicht einlenken. Dann könnten Verhandlungen mit Moskau über die visumfreie Einreise von Russen in die EU und über ein geplantes Kooperationsabkommen auf Eis gelegt werden. Auch ein Wirtschaftsembargo wäre denkbar. Zwar sagte Luxemburgs Asselborn, man wisse „um die 25 Prozent unseres Gasverbrauchs, die wir aus Russland beziehen“. Dennoch glaubt man, Moskau, das sich nicht leisten kann, einen Großkunden zu verlieren, damit beeindrucken zu können.