Einen A-Prominenten wie Tom Hanks oder Halle Berry für drei Stunden vor die Kamera setzen? Im US-Fernsehen würde das niemand wagen. Dass sie dies dennoch über sich ergehen ließen, lag nicht nur an der überzeugenden Quote.

Stuttgart - Tom Hanks ist ein gern gesehener Gast in den amerikanischen Talkshows, wer ihn einlädt, der weiß, dass sich sein Publikum unterhalten wird. Gleich, ob Hanks bei Jon Stewart ist, bei David Letterman, Ellen DeGeneres oder Stephen Colbert: der Hollywoodstar sprüht vor Witz und Schlagfertigkeit. Der Moderator kann sich entspannt zurücklehnen und Hanks gewähren lassen, der altgediente Profi schmeißt verlässlich die Show. Keiner im US-Unterhaltungsgeschäft wird ihm Mangel an Humor und an Selbstironie vorwerfen. Hanks hat mit Ellen DeGeneres getanzt, er hat sich mit Stephen Colbert geprügelt und sich mit David Letterman über die Kandidaten von „American Idol“, dem Vorbild von „Deutschland sucht den Superstar“, gestritten.

 

Wenn Hanks bei „Wetten, dass . . ?“ steif und verloren wirkte, lag das gewiss nicht an ihm. Der Schauspieler sah sich bei Lanz in eine Rolle gedrängt, die er als Zumutung empfand, daraus hat er in Interviews danach bekanntlich keinen Hehl gemacht. Dem Unterhaltungsprofi, selbst Produzent zweier TV-Serien, erschloss sich weder Humor noch Konzept der Sendung, er konnte schlicht nicht begreifen, warum Millionen Menschen sich das antun.

Am meisten quälte Hanks die Länge der Sendung. Wenn in den USA eine Show dreieinhalb Stunden dauern würde, bemängelte er, wäre die Karriere des Moderators ein für alle Mal ruiniert. Tatsächlich mutet dem Fernsehpublikum in den USA niemand eine Live-Sendung dieser Länge zu. Die Idee „große Samstagabend-Show“ gibt es nicht. Die einzige Live-Show am Samstag außer Sport ist „Saturday Night Live“, das Vorbild zu „RTL Samstag Nacht“ – und die dauert auch nur eine Stunde.

Im US-Fernsehen würde das niemand wagen

Wenn ein Schriftsteller, Musiker, Schauspieler oder Regisseur in den USA durch die Talkshows tourt, um sein neuestes Werk zu bewerben, dann bringt er in keinem Studio länger als eine Stunde zu – einschließlich der Zeit in der Maske. Keine Topshow im Abendprogramm läuft länger als eine halbe Stunde, inklusive Werbeunterbrechung. Der Auftritt des Hauptgastes währt selten länger als fünf Minuten, die mit mehr oder weniger geistreichem Geplänkel zugebracht werden.

Einen A-Prominenten für drei Stunden vor die Kamera zu setzen, würde im US-Fernsehen niemand wagen. Noch weniger würde sich jemand trauen, Stars vom Rang eines Hanks und einer Berry in Spielchen wie den Jojo-Stunt mit dem Tischtuch einzuspannen oder ihnen Katzenmützen aufzusetzen. Wenn Hanks etwa in ein Handgemenge mit Colbert gerät oder bei Ellen De Generes die Hüfte schwingt, entsteht das spontan und gänzlich freiwillig. Niemals würde ein mehrfacher Oscar-Gewinner zu einem passiven Statisten in einem unintelligenten Spiel von fragwürdigem Unterhaltungswert degradiert werden.

Dass Tom Hanks und Halle Berry dies alles mit relativer Gelassenheit über sich ergehen ließen, lag zweifellos an der überzeugenden Quote von „Wetten, dass . . ?“. Hinzu kam allerdings, dass Hanks im US-Fernsehen „noch dümmere“ Formate gewohnt ist, wie er gegenüber der „Bild“-Zeitung zugab. Da ist wohl vor allem die unüberschaubare Flut an Reality-Serien zu nennen, angefangen mit dem Quotenhit „Survivor“, in dem auf einer tropischen Insel um die Wette überlebt wird, bis hin zu einem knappen Dutzend Shows rund um das perfekte Hochzeitskleid. Dass Prominente bei Shows wie „Survivor“ mitmachen, ist nicht unüblich. Doch Prominenz aus Hollywood würden die Agenten für so etwas niemals ansprechen. In der Militär-Show „Stars Earn Stripes“ robbt etwa Sarah Palins Mann Todd zusammen mit der Skirennfahrerin Picabo Street und Muhammed Alis Tochter Laila in Kriegsbemalung durch den Dschungel. Brad Pitt würde sich für so etwas nicht hergeben. Bei Markus Lanz hätte er hingegen schnell lackierte Nägel oder einen albernen Hut auf. Immerhin: jetzt ist Hollywood gewarnt.