Kuba und die USA gehen aufeinander zu. Die Präsidenten beider Länder werden dabei nicht nur von persönlichen Motiven angetrieben, meint StZ-Redakteur Christian Gottschalk.
Stuttgart - Jahrelang haben die USA ihre Bürger daran gehindert, Kuba zu besuchen oder Handel mit der Insel zu treiben. Jahrelang hat Kuba kein gutes Wort über den erzkapitalistischen Klassenfeind im Norden gefunden, auf allen verfügbaren Kanälen geschimpft und gewettert. Die Annäherung der beiden ehemaligen Erzrivalen erfolgt nun im Sauseschritt. Und es ist nicht nur der Wunsch nach einer guten Bewertung in den Geschichtsbüchern, der Barack Obama und Rául Castro dazu bewegt, aufeinander zuzugehen. Dahinter stehen handfeste geopolitische Interessen.
Die USA haben schon einmal sehr schlechte Erfahrungen mit sozialistischen Raketen vor ihrer Haustür gemacht. 1962 stand die Welt kurz vor einem Atomkrieg. Ein russischer Stützpunkt in der Karibik wäre wohl das Letzte, was Washington in der aufgeheizten Gesamtlage heute noch bräuchte. Das Zugehen auf die kommunistische Nachbarn minimiert diese Möglichkeit erheblich. Kuba hingegen steht nach dem ökonomischen Niedergang Venezuelas weitgehend ohne Großsponsor da. Die Castros haben durchaus aus der Vergangenheit gelernt, wie gefährlich es ist, sich in die Abhängigkeit eines einzigen Freundes zu begeben. Nun wird die Freundschaft, und die Hoffnung, davon zu profitieren, gleichmäßig verteilt. Auf Brasilien, China, Mexiko – und eben die USA.