Hochschulen müssen sich nicht starr an die Regelstudienzeiten halten, sagt die Kultusministerkonferenz. Es dürfe auch achtsemestrige Bachelorstudiengänge geben. Auch solle die Lehre verbessert werden.

Stuttgart - Bachelorstudenten stöhnen oft unter der Vielzahl von Prüfungen und unter dem Zeitdruck. In sechs Semestern sollen sie ihr Studium absolvieren. Zum Teil sind die Studiengänge sehr speziell. Das Spektrum reicht von der „Weinbetriebswirtschaft“ bis zum „Destinations- und Kurortemanagement“. Jetzt regt die Kultusministerkonferenz (KMK) Nachbesserungen an. Die Kultusminister der Länder empfehlen, die Regelstudienzeit nicht so strikt auszulegen. Bisher gilt als Faustregel: Sechs Semester für ein Bachelor- und vier Semester für ein Masterstudium. Die Minister erklären nun acht Semester für den Bachelor und vier für den Master für zulässig. Auch aus der Bachelorarbeit soll der Stress herausgenommen werden. Handelt es sich um aufwendige Projektarbeiten, dann sollen zwei statt nur einem Semester dafür zur Verfügung stehen.

 

Bachelor breiter aufstellen

Die Bachelorstudiengänge sollen nicht mehr so hoch spezialisiert angelegt werden. Die Absolventen sollen breiter aufgestellt und in der Lage sein, ein Masterstudium aufzunehmen, auch wenn es nicht thematisch identisch sondern nur verwandt mit seinem Bachelorstudiengang sei. Die Minister machen sich auch dafür stark, dass Bachelorabsolventen im öffentlichen Dienst Zugang zum höheren Dienst bekommen.

Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) sieht sich durch die jetzt verabschiedeten Empfehlungen in ihrem bisherigen Kurs bestätigt. Sie bekennt sich klar zur gestuften Studienstruktur aus Bachelor und Master, will aber „den Bologna-Prozess an den Stellschrauben verbessern, an denen es noch Defizite gibt“.

Bauer betont, vieles, was die KMK empfehle, sei in Baden-Württemberg bereits aufgegriffen worden. „Flexible Studienstrukturen und individuelle Regelstudienzeiten für einzelne Studierende sind im Südwesten kein Novum mehr“, erklärte Bauer. Auch würden viele Hochschulen seit längerem auf Detailregelungen verzichten und Studienmodule vergrößern. So wird die Anzahl der Prüfungen reduziert. Auch die Anregung der KMK, in den ersten beiden Semestern eventuell auf Noten zu verzichten, wird laut Bauer bereits umgesetzt. Sie ermunterte die Hochschulen, „die bestehende Flexibilität und die Spielräume des Hochschulrechts zu nutzen“.

In ihrem Koalitionsvertrag kündigen Grüne und CDU an, „die starke Spezialisierung und Ausdifferenzierung der Bachelor-Studiengänge wollen wir reduzieren“. Sie verpflichten sich, Maßnahmen zu entwickeln, „die die Qualität des Studiums und den individuellen Studienerfolg auch angesichts steigender Heterogenität unter den Studierenden sichern.“ Bauer nennt es einen Schwerpunkt der Legislaturperiode, „die Qualität von Studium und Lehre weiter zu erhöhen“.

Lehre wird gefördert

Dazu hat das Land den „Fonds erfolgreich Studieren in Baden-Württemberg“ aufgelegt, der in den nächsten Jahren bis zu 100 Millionen Euro ausschütten soll. Damit fördert das Land laut Bauer innovative Lehrkonzepte, die die Motivation und den Lernerfolg der Studierenden steigern sollen. Unterstützt werden auch Projekte, mit denen Hochschulen Studienanfängern den Einstieg in das Studium erleichtern wollen.

Die Studienstruktur Bachelor und Master, die 1999 im Zuge des Bolognaprozesses schrittweise eingeführt wurde, wurde im Jahr 2009 erstmals überarbeitet. Die aktuellen Vorschläge führen laut Bauer „den Gedanken einer Reform mit Augenmaß auf dem Weg von Bologna fort“. Bauer hatte sich stets dafür ausgesprochen, den Bachelor als einen berufsqualifizierenden Abschluss zu betrachten. So sehen es auch die Arbeitgeberverbände. Kritiker betrachten das sechsemestrige Studium als Schmalspurstudium, das ohne einen anschließenden Master nicht viel wert sei. Knapp 90 Prozent der Studiengänge in Deutschland sind inzwischen Bachelor- oder Masterstudiengänge. Die wichtigsten Ausnahmen sind Jura und Medizin.