Anhänger und Gegner der islamfeindlichen Pegida-Bewegung haben für heute Versammlungen angemeldet. Doch der Geist von Pegida ist nicht in der Landeshauptstadt angekommen, meint StZ-Redakteur Matthias Bury.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Stuttgart steht wieder einmal ein Wochenende mit Kundgebungen und Polizeieinsätzen bevor. Anhänger und Gegner der islamfeindlichen Pegida-Bewegung haben für Sonntag Versammlungen angemeldet. Die Demonstration der Gegner wird die zweite große Aktion in der Landeshauptstadt gegen Pegida sein. Im Januar waren zu einer ersten Gegenkundgebung rund 8000 Menschen gekommen. Damals allerdings war dies, wie in vielen anderen Städten der Republik, eine Reaktion auf die Vorgänge in Dresden und geprägt von der Sorge, die Umtriebe der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands“ könnten auf andere Bundesländer überschwappen.

 

Ist der Geist von Pegida nun also doch in der Landeshauptstadt, ja im deutschen Südwesten angekommen? Mitnichten.

Nach allem, was man bis jetzt weiß, handelt es sich bei den Organisatoren um rechte Aktivisten aus dem südbadischen Dreiländereck und aus Villingen-Schwenningen, wo sich seit geraumer Zeit eine kümmerliche Gruppe von Pegida-Anhängern mit rechten Parolen hervortut. Angesichts des Niedergangs der antiislamischen Protestbewegung, die im Westen ohnehin kaum Fuß gefasst hat, ist der Auftritt in Stuttgart wohl ein Versuch von Rechtsextremen, unter dem Banner von Pegida Aufmerksamkeit zu gewinnen.

„Für Vielfalt, gegen Rassismus – gegen Pegida“

Der voraussichtlich kleinen Gruppe stehen am Sonntag vermutlich wieder mehrere Tausend Demonstranten gegenüber, die unter dem Motto „Für Vielfalt, gegen Rassismus – gegen Pegida“ auf die Straße gehen. Auch wenn es wohl nicht mehr ganz so viele Teilnehmer sein werden wie Anfang des Jahres, als Pegida die Medien beherrschte, ist wieder eine machtvolle Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie zu erwarten.

Das politische Bündnis gegen solche Tendenzen ist heute so breit wie noch nie. So rufen zu der Demonstration am Sonntag nicht nur Gewerkschaften, Organisationen wie Die Anstifter oder Parteien wie die Linke auf. Auch die CDU hat sich dafür ausgesprochen, daran teilzunehmen. Natürlich hat es die Union nicht versäumt, darauf hinzuweisen, dass man sich ansonsten mit den Zielen von einigen teilnehmenden Organisationen nicht identifiziere. Aber man sei doch der Ansicht, dass fremdenfeindliche Parolen, wie sie Pegida verbreite, nicht zum Klima dieser Stadt passten.

Breite gesellschaftliche Übereinstimmtung

Nun ist Stuttgart beileibe nicht die einzige Großstadt in der Republik, in der Pegida bis heute keine ernst zu nehmende Resonanz gefunden hat. In der baden-württembergischen Landeshauptstadt aber zeigt sich anschaulich, worauf es ankommt, damit eine Mentalität der Offenheit gegenüber Menschen aus anderen Ländern und Kulturen entsteht. So hat die Stadt über Jahrzehnte in einem breiten parteipolitischen Konsens eine Integrationspolitik verfolgt, die heute ihre Früchte trägt. Auch gegenwärtig, wo es nicht immer einfach ist, die wachsende Zahl von Flüchtlingen unterzubringen, und es deshalb auch zu Protesten kommt, steht dieser Konsens.

Es zeigt sich auch, wie sehr sich die Gesellschaft im Umgang mit Fremden zum Positiven verändert hat. So groß wie heute war die Bereitschaft von Bürgern noch nie, Flüchtlinge zu unterstützen. Die Erkenntnis, dass Deutschland angesichts der demografischen Entwicklung für seine Wirtschaft künftig mehr Zuwanderung brauchen wird, dürfte zu dem Bewusstseinswandel ebenfalls beigetragen haben.

Die Kundgebung der Pegida-Gegner wird deshalb auch eine Demonstration dieser breiten gesellschaftlichen Übereinstimmung sein, ein Akt der Selbstvergewisserung. Das ist wichtig in einer Zeit, in der die Konflikte eher zu- als abnehmen. In dieser Lage ist es gut, eine feste, durch humanitäre Grundsätze gebildete Basis zu haben, auf der solche Auseinandersetzungen ausgetragen werden können.