In der Kunsthalle Mannheim gibt es eindrucksvolle Einblicke in private Sammlungen. "Private Passions" heißt die reich bestückte Ausstellung.

Mannheim - So sieht es also aus, wenn jemand einen echten Picasso in seinem Wohnzimmer hat: Ein lässiges Ledersofa vor der Wand, links und rechts davon zwei Bücherregale, auf dem Boden stapelweise Bildbände - und über dem Sofa hängt das "Bacchanale" des spanischen Meisters. Das Werk, das zurzeit in der Kunsthalle Mannheim zu sehen ist, ist echt, genauso wie die beiden gerahmten Blätter daneben. Nur die Möbel und die Bücher sind nichts als schöner Schein: eine Fototapete illustriert, wie es in der Wohnung des Mannheimer Picasso-Liebhabers aussieht.

 

So wie er haben sich derzeit 16 weitere Mannheimer Kunstsammler von einem Teil ihrer Schätze getrennt, um sie noch bis Ende Februar öffentlich zu präsentieren und einen Einblick in ihre Leidenschaft des Sammelns zu geben. "Private Passions" heißt die reich bestückte und in vielerlei Hinsicht interessante Ausstellung, für die die stellvertretende Direktorin des Hauses Inge Herold zwei Jahre lang in Wohnräumen, Bibliotheken, aber auch Schlafzimmer und Kellern Mannheimer Kunstsammlern gestöbert hat.

Potenziale vor Ort zu erkunden

Am Ende hat sie insgesamt 160 Gemälde, Skulpturen, Fotografien und Installationen von 40 Künstlern des 19. Jahrhunderts bis heute ausgewählt, die in der Schau vereint sind. Man darf staunen, was für herausragende Werke die Mannheimer Sammler zusammengetragen haben: Zu sehen sind gleich reihenweise Porträts und andere Werke von Otto Dix, prachtvolle Landschaften von Ernst Ludwig Kirchner oder Emil Nolde, Plastiken von Wilhelm Lehmbruck und Gustav Seitz oder Schießbilder von Niki de Saint-Phalle.

Das Ziel des Mannheimer Museums sei gewesen, einmal das sammlerische Umfeld in der Stadt zu erarbeiten und die Potenziale vor Ort zu erkunden, erklärt Inge Herold und lässt keinen Zweifel daran, dass ihr die Arbeit große Freude gemacht hat. "Ich fand es wirklich verblüffend, wie konsequent die Sammler sind und wie sie sich konzentrieren. Es war eine riesige Entdeckungsreise. Wir hätten ohne Probleme eine zweite Ausstellung konzipieren können", schildert sie.

Besitzer wollen anonym bleiben

Erstaunt haben sie nicht nur die vielen großen Namen, auf die sie gestoßen ist. "Man macht auch Neuentdeckungen von ganz Unbekannten, die gleichfalls präsentationswürdig sind", erklärt sie. Eine der größten Überraschungen für die Kuratorin war aber die Sammlung von Dix-Werken eines Ehepaars, das die Familie des Künstlers einst am Bodensee kennengelernt hat und von da an dessen regelmäßiger Kunde wurde. "Es sind äußerst qualitätvolle Werke - und so viel zu finden, das kam völlig unerwartet", sagt Herold.

In elf Kapiteln hat sie die Werke aus den 17 Sammlungen weitgehend beieinander gelassen und sie nach Stilen geordnet - von Informel über den Neo-Expressionismus bis zur Klassischen Moderne, den Jugendstil und das 19. Jahrhundert. Die Besucher lernen dabei nicht nur die Werke und Vorlieben der Sammler kennen, sie dürfen auch immer wieder einmal hineinschauen in die Häuser und Wohnungen all derer, die aus verschiedenen Gründen - nicht zuletzt denen der Sicherheit ihrer Werke - fast alle anonym bleiben wollten.

Daheim ist im Moment zwar "alles ziemlich leer"

Denn ein Clou der Schau ist, dass sie die Werke überwiegend so zeigt, wie sie in den Sammlungen selbst zu sehen sind. Dafür wurden in den Häusern der Besitzer Fotos von Treppenhäusern, Dielen und Wohnräumen angefertigt und in Originalgröße als Fototapete an die Wände der Museumssäle geklebt. Dort bilden sie nun den authentischen Hintergrund für die Originale. So hängt die Hafenszene aus dem 19. Jahrhundert vollendet über einem gründerzeitlichen Kamin und Wilhelm Lehmbrucks "Kleine Sinnende" schmückt, zusammen mit einer Büste der "Großen Sinnenden" ein Fensterbrett.

Den Auftakt bildet eine Skulptur von Tobias Rehberger, die von der Decke quasi ins Wohnzimmer ihres Sammlers Jürgen Sontheimer hängt. Der Mannheimer Anwalt hat den Schwerpunkt überwiegend auf zeitgenössische Künstler aus Baden-Württemberg gelegt und verhehlt nicht seinen Stolz, sie nun im Museum zu sehen. "Jeder Sammler freut sich, wenn seine Werke in so einem renommierten Haus gezeigt werden", sagt er. Daheim sei im Moment zwar "alles ziemlich leer". Doch Sorgen, dass er zwischen Weihnachten und Neujahr vor kahlen Wänden sitzt, hat er nicht: "Ich hänge eher selten um, das ist einmal eine gute Gelegenheit, Neues hervorzuholen."