Die Türkei schickt für die angekündigte Offensive gegen Kurden in Nordsyrien Panzer und Waffen über die Grenze. Aber auch die Kurden machen mobil. Mittendrin die USA, die den Plan „inakzeptabel“ nennen. Denn auch sie haben Soldaten in der Region.

Istanbul/Damaskus - Türkische Truppen machen nach der Ankündigung einer neuen Offensive gegen Kurdentruppen in Nordsyrien mobil. Fernsehsender zeigten am Donnerstag Bilder von Militärfahrzeugen auf dem Weg zur Grenze.

 

Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete schon in der Nacht, dass Lastwagen mit Panzern und schweren Geschützen an Bord in der Grenzprovinz Kilis angekommen und zu türkischen Truppen auf syrischem Gebiet gebracht worden seien. Der regierungsnahen Zeitung „Yeni Safak“ zufolge haben die türkischen Streitkräfte außerdem die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) angewiesen, mit 14 000 Mann bereitzustehen. Die Türkei unterstützt die FSA.

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte die Offensive am Mittwoch während einer Rede in Ankara angekündigt - allerdings ohne genaue Angaben zum Beginn. Bisher kontrolliert die Türkei nur syrische Gebiete westlich des Flusses Euphrat. Erdogan zufolge will sie nun auch östlich des Euphrats aktiv werden und vor allem gegen die kurdische YPG-Miliz vorgehen, die an der türkischen Grenze Gebiete beherrscht und in der Region gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kämpft. Die Türkei sieht die YPG als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK an und damit als Terrororganisation.

US-Verteidigungsministerium nennt Plan inakzeptabel

Die Offensive würde türkische Soldaten in das militärische Einflussgebiet der USA führen und einen zentralen Konflikt mit Washington verschärfen. Die YPG ist im Kampf gegen den IS ein enger Partner der US-Armee. Die hat in der Region eigene Truppen im Einsatz und unterstützt die Kurden mit Luftangriffen. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums nannte den Plan in der Nacht „inakzeptabel“. Jegliche einseitige Militäroffensive in Nordostsyrien sei sehr bedenklich, „besonders, weil sich US-Truppen dort oder in der Nähe aufhalten könnten“.

Der IS hat den allergrößten Teil seines früheren Herrschaftsgebietes in Syrien und im Irak mittlerweile verloren. Die Extremisten kontrollieren noch Gebiete an der Grenze zwischen beiden Ländern in Ostsyrien. Die von der Kurdenmiliz YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) versuchen seit Monaten, den IS dort endgültig zu besiegen. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte vom Donnerstag stehen die SDF-Truppen nun kurz vor der Einnahme einer der letzten IS-Bastionen des Landes. Sie seien weit in den Ort Hadschin vorgedrungen, meldete sie.

Kurden verkünden Generalmobilmachung

Gleichzeitig haben die Kurden nach Erdogans Ankündigung der neuen Offensive gegen sie ebenfalls eine Generalmobilmachung verkündet. Der Führungsrat der kurdischen Selbstverwaltung in der Region rief alle Syrer auf, sich geschlossen gegen die „imperialistische Politik“ der Türkei zu stellen, wie es in einer Erklärung am Mittwochabend hieß. Zugleich forderte er Syriens Regierung auf, gegen die türkische Drohung Position zu beziehen.

Im Jahr 2016 hatte die Türkei mit der Offensive „Schutzschild Euphrat“ in der Umgebung des syrischen Orts Dscharabulus den IS von der Grenze vertrieben, aber auch die YPG bekämpft. Anfang des Jahres hatten von der türkischen Armee unterstützte Rebellen in einer Offensive gegen die YPG die kurdisch geprägte Grenzregion Afrin eingenommen. Erdogan hatte bereits mehrfach mit einer Ausweitung der Militärpräsenz in Nordsyrien gedroht. Er werde an der Grenze zur Türkei keine „Terrororganisationen“ dulden, sagte er.