Was macht einen guten Caravan-Stellplatz aus? Viel Grün drumrum und Wasser in der Nähe? Von wegen! In Vaihingen setzt der Gemeinderat auf Glücksspiel und Beton.

Vaihingen/Enz - Es hätte der große Camping-Coup werden sollen. Der Versuch, die touristisch noch erschreckend stark unterschätzte Stadt Vaihingen/Enz an die Spitze zu bringen. Damit die Camper dieser Welt sagen: Valencia, Verona, Vaihingen? Egal, Hauptsache geiler Urlaub! Doch der lange Suchlauf zum perfekten Standort (nicht der in Ensingen!) ist beschwerlich. Der Oberbürgermeister Gerd Maisch hat die Marschroute vorgegeben, die Latte hoch gehängt: „Wir wollen es damit in die Wohnmobilführer schaffen“, sagte er am Mittwochabend im Technischen Ausschuss des Gemeinderats. Doch daraus wird vorerst nichts.

 

Ein herrlich idyllisches Plätzchen, unweit der Enz gelegen, hatte die Stadtverwaltung für die vier Stellplätzchen nebst Campingchemiekloentsorgungsstation (CEO) auserkoren. Lauschig hätten es die Camper haben sollen. Auf dass die meist sehr wohlhabende Klientel sanft beim Rauschen der Vaihinger Maientagszweige entschlummern möge und mit frischem Konsumhunger erwache, die Innenstadtgeschäfte leer kaufe und beim Italiener noch schnell ein Vier-Gänge-Menü ordere, um abends das exzellente Kulturprogramm in der Peterskirche zu genießen.

Gartenschützer schlagen Alarm

Mal wieder hatte die Stadtverwaltung die Rechnung ohne den Wirt gemacht – wobei im Gemeinderat eigentlich nicht nur Wirte sitzen, sondern auch Landwirte, Architekten, Architekten und Pensionäre. Architekten natürlich auch. Die Ortspolitiker haben das perfide Manöver der Verwaltung durchschaut: Hier sollen wertvolle Kleingartenflächen mutwillig zerstört werden! Prompt hatte der Stadtteilausschuss mit neun zu acht Stimmen gegen diesen Standort und somit für den lokalen Anbau von Karotten und sonstigem Wurzelgemüse gestimmt. Denn: was passiert, wenn die idyllisch gelegenen Plätze gut angenommen werden? Dann müssen mehr Plätze her! Und, ruckzuck, sind die ganzen Bürgergärten weg und man hat einen Campingplatz-Wildwuchs, den niemand mehr bremsen kann.

Der stattdessen präferierte Standort erfüllt im Grunde alle Kriterien, die man als Caravanist haben will: er liegt in einem voll versiegelten Gelände, wird vom Lärm der B 10 angenehm berieselt, gleich nebenan liegen zwei Hallen – eine davon ein Spielcasino mit wunderbarer, schlaffördernder Leuchtreklame –, und außerdem finden direkt nebenan auf dem Verkehrsübungsplatz spannende Sicherheitstrainings für Autofahrer statt. Bei den Bremsübungen rasen die Wagen sogar direkt auf die Stellplätze zu. Einfach unbezahlbar, wenn Papa abends mit Flaschenbier vom Campingstuhl aus das kleine Monaco verfolgen kann. Weil der Standort so schön ist, hat ihm die Verwaltung den Namen „Zwischen den Hallen“ gegeben. Das kommt gleich nach „Unter den Linden“ oder „Klinik unter Palmen“. Der Werbetext in den führenden Caravanführern hätte wie folgt lauten können: „Lärm- und stresssuchende Caravanisten wissen seit längerer Zeit den Stellplatz auf der Ludwigsburger Bärenwiese – eigentlich ein Parkplatz – zu schätzen. Beliebt wegen seiner Nähe zum angenehm spartanisch gestalteten Kaufland-Parkplatz ist das Plätzchen in Bietigheim. Doch wem die Nähe zur Enz (Bietigheim) oder zum Stadtpark (Ludwigsburg)zu viel ist, dem sei in Vaihingen der Stellplatz „Auf der Betonwüste“ an Herz und Nieren gelegt. Hier vereinen sich Autorauschen, Nervenkitzel und brütende Hitze, dank raffiniert zugepflastertem Ambiente, zu einem einzigartigen Erlebnis!“

Dem OB tut es „saumäßig leid“

Schade, dass es nun wohl doch nicht so weit kommt. Die Stadtverwaltung hat nämlich eine Kleinigkeit übersehen: In jener schmucken Asphalt-Oase veranstaltet die Vaihinger Verkehrswacht regelmäßig Motorrad-Sicherheitstrainings. „Es tut mir wirklich saumäßig Leid, ich hatte das nicht auf dem Schirm“, gestand der OB Maisch am Mittwoch den Stadträten. Man habe dem Verein versichert, dass er seinen Betrieb aufrecht erhalten könne. Damit das Gremium nicht überstürzt zum Verwaltungsvorschlag wechselt und guter Rat auch teuer wird, verordnete Maisch der Beratung eine Pause. Nächstes Jahr soll ein neuer Suchlauf begonnen werden – dieses Mal mit honorierter Unterstützung eines Caravan-Journalisten, der sagen könne, was ein guter Standort sei. So etwas weiß man als normaler Mensch ja nicht.

Doch es gibt noch Hoffnung für Betonwüstencaravanisten! Um nicht als Blockierer dazustehen, hat die Verkehrswacht der Stadt einen Alternativstandort vorgeschlagen. Der soll unweit des Vereinsheims liegen, dort wo jetzt schon Parkplätze sind. Und: er wäre strategisch günstig unweit der viel befahrenen Auricher Straße gelegen . . .