Für 86 öffentliche Stellplätze zahlt die Stadt 4,2 Millionen Euro – fast doppelt so viel wie anfangs geplant. Seit Montag ist die neue Tiefgarage unter dem Kursaal in Bad Cannstatt in Betrieb – doch nicht jeder ist von der Investition überzeugt.

Stuttgart - Der Parkhausbetreiber Jürgen Brixner hat am Montag als erster Kunde mit seinem alten Jaguar die Rampe in die Tiefgarage unter dem Kursaal in Bad Cannstatt befahren und mittig auf einem der 86 Stellplätze geparkt. Das war nicht schwer, sind sie doch mit 2,50 Meter rund 30 Zentimeter breiter als normal. Sie stehen jetzt der Öffentlichkeit zur Verfügung und sollen den Parksuchverkehr im Wohngebiet um den Kursaal, das Mineralbad und die Sportklinik eindämmen.

 

Die Tiefgarage war ein Politikum. Doch der Leiter des Tiefbauamts, Wolfgang Schanz, ist überzeugt, dass die 130 Meter lange, 16 Meter breite und bis zu 2,40 Meter hohe Garage mit direktem Zugang zum Kursaal gut besucht wird. Und nicht etwa nur während der auf 18 Monate terminierten Einführungsphase mit günstigen Tarifen von einem Euro pro angefangener Stunde. Danach werde der dann sanierte Kursaal als Veranstaltungsstätte intensiv tagsüber und abends bewirtschaftet, weshalb die Tiefgarage trotz der dann wohl höheren Gebührensätze attraktiver werde. Schanz’ Optimismus wird nicht von jedem geteilt. Der ortskundige Grünen-Bezirksbeirat Ulrich Schollmeier geht etwa davon aus, „dass im Schnitt nicht mehr als 25 Parkplätze belegt sein werden“. Im Bezirksbeirat Bad Cannstatt herrscht die Meinung vor, Ortsfremde würden erst einmal ein paar Runden drehen, um einen Gratisstellplatz am Straßenrand zu finden, bevor sie ihren Wagen in der kostenpflichtigen Tiefgarage abstellen. Deshalb hat das Bürgergremium auch ein Anwohnerparken wie im Westen gefordert. Ob die Tiefgarage auch tagsüber von Kursaalgästen frequentiert wird, hängt entscheidend von dessen Nutzungskonzept ab. Während die Stadtverwaltung an ein ganztags betriebenes Kongresszentrum denkt, fordern die örtlichen Vereine und Parteien, aus dem Kursaal ein Bürgerhaus zu machen, das die Vereine (in der Regel nur abends) für ihre Veranstaltungen nutzen können.

Bereits der dritte Versuch

Bezirksbeirat Schollmeier und die Grünen-Stadträtin Andrea Münch, die mit Beate Bulle-Schmid (CDU) den Gemeinderat bei der Einweihung repräsentierte, haben die Debatte über das Projekt von Beginn an begleitet. „Diese Tiefgarage ist das kleinere Übel“, meint Schollmeier nun. Er hatte einst Veranstaltungen organisiert, in der Stimmung gegen die angedachte Parkhausvariante unter der Kurparkwiese mit 150 Stellplätzen gemacht wurde. Vor allem vier Treppenhäuser und ein 35 Meter langer Luftschacht empörten die Anwohner. Auch der zweite Vorschlag, ein zweigeschossiges Parkdeck im Dreieck zwischen Kurpark und Nauheimer Straße, war am Ende chancenlos. Darauf ersann die Verwaltung die jetzt realisierte Variante.

Von den ursprünglichen Kosten hat sie sich unterdessen weit entfernt: Die Rede war zunächst von 2,3 Millionen Euro. Nun sind es 4,2 Millionen Euro geworden. Schanz begründet dies mit den bekannten schwierigen Bedingungen im sauerwassergetränkten Untergrund. Die Frage, warum man diesem Umstand nicht schon zu Beginn der Debatte mit einem angemessenen Risikozuschlag Rechnung getragen hat, findet er berechtigt. „Da sind wir dran“, sagte er. Im konkreten Fall sei die Finanzierung ausnahmsweise nicht das Problem: Bezahlt wird die Garage aus der Stellplatzrücklage.