Ganz ohne Interventionen der Schweizerischen Nationalbank hat sich der Kurs des Schweizer Franken zum Euro in den vergangenen Wochen abgeschwächt – die absehbare Zinswende in den USA und die Entspannung der Griechenlandkrise sind Faktoren.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Nach monatelangem Höhenflug geht dem Schweizer Franken offenbar die Puste aus: Er fiel diese Woche auf den tiefsten Stand seit der Freigabe des Wechselkurses durch die Schweizer Nationalbank (SNB) im Januar. Damals war der Euro gegenüber der eidgenössischen Währung geradezu abgestürzt und zeitweise weniger als einen Franken wert. Aktuell kostet ein Euro wieder über 1,09 Franken. Spiegelbildlich dazu ist der Wert der Schweizer Devise von gut einem Euro auf 91 Cent gesunken.

 

Bei der SNB dürfte dies für Erleichterung sorgen. Denn der starke Franken schwächt die heimische Wirtschaft, im ersten Halbjahr kam das Wachstum zum Erliegen. Die harte Landeswährung verteuert Schweizer Produkte auf dem Weltmarkt und schreckt ausländische Touristen ab.

Auch in der Schweiz wird die SNB deshalb für ihre Entscheidung vom Januar kritisiert, den Franken nicht länger zu deckeln. Bis dahin hatten die Notenbanker über drei Jahre lang durch milliardenschwere Euro-Käufe dafür gesorgt, dass die Gemeinschaftswährung nicht unter 1,20 Franken rutschte. Die Aufgabe dieser Untergrenze kam auch die SNB selbst teuer zu stehen: Ihre Euro-Bestände verloren massiv an Wert, was der Notenbank im ersten Halbjahr einen Verlust von 50 Milliarden Franken einbrockte.

Auch nach der Wechselkurs-Freigabe hat die SNB immer wieder in kleineren Dosen Euro gekauft, um die Franken-Aufwertung zumindest zu bremsen. Die Notenbank sei dadurch „mit einem Drohfinger permanent am Devisenmarkt“, sagt Thomas Flury, Leiter Devisenstrategie bei der Schweizer Großbank UBS: „Kurzfristig scheint das zu wirken.“

Zu der momentanen Franken-Schwäche trage auch die Erwartung einer baldigen Zinswende in den USA bei. Die US-Notenbank Federal Reserve will noch in diesem Jahr ihren Leitzins erhöhen, was die Attraktivität des Dollar als Anlagewährung steigert. „In diesem Zusammenhang scheinen Investoren noch stärker Geld aus dem Franken in Dollar umzuschichten als aus anderen Währungen wie dem Euro“, sagt Flury. Eine Rolle spiele dabei sicher auch der negative Einlagenzins in der Schweiz.

Der Trend könnte bald wieder drehen

Der Analyst hält allerdings für wahrscheinlich, dass der Trend bald wieder dreht und der Franken zum Euro erneut aufwertet. Denn der Zinsvorteil von Geldanlagen im Euroraum sei mittlerweile geschrumpft, so dass das Pendel wieder in Richtung Franken umschlagen dürfte. 

Auch die Devisen-Expertin Esther Reichelt von der Commerzbank hat Zweifel an der Nachhaltigkeit der jüngsten Entwicklung: „Fundamental sehen wir den Franken stärker.“ Einen Anstieg des Euro-Kurses über 1,10 Franken halte sie letztlich für nicht gerechtfertigt, auch wenn die Märkte diese Grenze testen könnten.

Nach Reichelts Einschätzung steht die Schweizer Wirtschaft noch immer weit besser da, als es nach der Franken-Freigabe befürchtet worden sei. Bei der Konjunkturflaute im ersten Halbjahr gelte es zu berücksichtigen, dass der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,2 Prozent im ersten Quartal bereits im zweiten Quartal wieder ausgeglichen wurde.

Hauptursache für die jüngste Franken-Schwäche sei wahrscheinlich, dass der Euro Vertrauen zurückerobert habe, meint Reichelt. Dafür spricht, dass die Gemeinschaftswährung seit Mitte Juli nicht nur gegenüber dem Franken, sondern auch im Vergleich zu anderen Devisen wie dem Dollar und dem britischen Pfund Boden gut gemacht hat. Die Erholung begann kurz nach dem Kompromiss des Schuldensünders Griechenland mit seinen Gläubigern. Beendet sei die Euro-Krise damit aber keineswegs, gibt Währungsexpertin Reichelt zu bedenken: „Der Lackmus-Test wird kommen, wenn in Griechenland neu gewählt wird – spätestens aber bei der ersten Überprüfung des Hilfspakets im Oktober.“

Sollte dann die Unsicherheit über die Zukunft der Eurozone wieder aufflackern, würde auch der Franken als klassische Fluchtwährung wieder an Attraktivität gewinnen. Und die Schweizer Nationalbank hätte dem nicht mehr viel entgegenzusetzen: „Da die SNB ihre Fremdwährungsbestände wegen der damit verbundenen Risiken eigentlich verkleinern will, kann sie nicht wieder im großen Stil Euro kaufen“, sagt UBS-Experte Flury. Genau aus diesem Grund sei schließlich im Januar der Wechselkurs freigegeben worden.