Die FIFA hat den spanischen Verbandschef Luis Rubiales im Kuss-Skandal nach dem WM-Triumph Spaniens suspendiert. Nun geht Jennifer Hermoso einen nächsten Schritt.

Die Luft für Luis Rubiales wird immer dünner, nun ermitteln die Behörden auf Hochtouren: Im spanischen Kuss-Skandal hat die von dem inzwischen suspendierten Fußballverbandschef geküsste Spielerin Jennifer Hermoso Anzeige erstattet. Hermoso habe bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt und anschließend Rubiales angezeigt, berichteten der Radiosender Cadena Ser und weitere Medien am Mittwoch unter Berufung auf Justizkreise in Madrid. Ein Justizsprecher bestätigte auf dpa-Anfrage diese Informationen.

 

Die Staatsanwaltschaft des Nationalen Gerichtshofs in Spanien hatte Ende August eine Voruntersuchung gegen den inzwischen suspendierten Rubiales wegen mutmaßlicher sexueller Nötigung eingeleitet. Hermoso waren daraufhin 15 Tage eingeräumt worden, um „über ihre Rechte als Opfer eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs informiert zu werden“ und gegebenenfalls „Anzeige zu erstatten“, wie die Behörde mitteilte.

Anzeige am Dienstag

Die Anzeige, die am Dienstag eingereicht wurde, ist entscheidend für den Fortgang des Verfahrens. Diese war eine Voraussetzung dafür, damit die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Rubiales erheben konnte. Seit einer kürzlich erfolgten Reform des spanischen Strafgesetzbuches kann ein nicht einvernehmlicher Kuss als sexueller Übergriff betrachtet werden.

Rubiales hatte Hermoso bei der Siegerehrung nach dem WM-Endspielsieg übergriffig auf den Mund geküsst. Der Fall löste weltweit einen Sturm der Entrüstung aus. Der Weltverband FIFA sperrte Rubiales vorläufig für 90 Tage. Auch das nationale Sportverwaltungsgericht TAD beschäftigt sich mit dem Vorfall und stimmte jüngst einer Untersuchung aufgrund eines „schweren Fehlverhaltens“ zu. Einen freiwilligen Rücktritt als Verbandschef verweigerte Rubiales.

Der 46-Jährige, der auch als Vize im Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (UEFA) sitzt, wies die Schuld von sich, sprach von einem „einvernehmlichen Kuss“ und holte zu einem Rundumschlag gegen seine Kritiker aus. Hermoso betonte jedoch, sie habe sich „verletzlich und als Opfer eines Übergriffs gefühlt, eines impulsiven, machohaften Aktes, der unangebracht war und dem ich nicht zugestimmt habe. Ich wurde einfach nicht respektiert.“

Verband will Maßnahmen ergreifen

Der Verband kündigte in dieser Woche an, in den kommenden Tagen eine ganze Reihe von Maßnahmen ergreifen zu wollen, „um die Führung des Verbandes zu verbessern und den verursachten Schaden so weit wie möglich zu beheben“, hieß es in einer Mitteilung. Rubiales’ Verhalten spiegele nicht die Werte der spanischen Gesellschaft wider, er habe dieser und dem spanischen Fußball „enormen Schaden“ zugefügt. Welche Folgen der Kuss-Skandal konkret haben könnte, blieb unklar.

Am Dienstag musste jedoch Nationaltrainer Jorge Vilda gehen - und zeigte nur einen Tag später Unverständnis für die Entscheidung. „Ich habe 100 Prozent gegeben und ich verstehe es nicht. Ich denke nicht, dass meine Entlassung verdient war“, sagte der 42-Jährige dem Radiosender Cadena Ser. Er sei „zu Unrecht“ entlassen worden.

Vilda galt als Verbündeter von Rubiales

Der Ex-Coach galt bereits vor dem WM-Titelgewinn in Australien und Neuseeland als umstritten sowie als enger Verbündeter von Rubiales. 15 Spielerinnen waren im September 2022 gegen Vilda in den Streik getreten, um gegen die Methoden des Trainers zu protestieren. Der Verband hielt zunächst dennoch an ihm fest.

Zudem betonte er, dass Hermoso leide. Er habe zuletzt nicht mit ihr gesprochen, er wisse aber, „dass sie eine schwere Zeit durchmacht, ich weiß, dass ihre Familie eine schwere Zeit durchmacht“, sagte Vilda, „und ich weiß, dass sie darauf wartet, dass das alles vorbei ist.“