Der Georgier Kvisha Kvaratskhelia und der Nigerianer Victor Osimhen sind die entscheidenden Spieler beim SSC Neapel, der Eintracht Frankfurt mit einem 2:0-Vorsprung zum Champions-League-Rückspiel empfängt

Kvicha Kvaratskhelia pflegt seine Gegner regelrecht auszutanzen. Und weil das im Stadio Maradona viele an den Namensgeber der Betonschüssel erinnert, wird der Georgier vom SSC Neapel seit dieser Spielzeit fast nur noch „Kvaradona“ genannt. Es ist die ultimative Ehrerweisung: Der 2020 verstorbene Diego Maradona, der dem SSC 1987 und 1990 seine bis heute einzigen Meistertitel bescherte sowie 1989 den Uefa-Cup-Sieg (gegen den VfB Stuttgart), steht in Neapel bis heute über allem.

 

Der 22-jährige Außenstürmer Kvaratskhelia muss die Last allerdings nicht alleine tragen. Denn der SSC Neapel, der an diesem Mittwoch (21 Uhr) im Champions-League-Achtelfinale gegen Eintracht Frankfurt dank des 2:0-Siegs im Hinspiel beste Aussichten aufs Weiterkommen hat, verfügt gleich noch über einen mindestens ebenso gehypten Ausnahmekönner. In der Sturmmitte lauert in Victor Osimhen ein Neuner, wie ihn Neapel seit den Zeiten des Argentiniers Gonzalo Higuain nicht hatte. Der 24-jährige Nigerianer, der nach einer überstandenen Gesichtsverletzung weiter mit schwarzer Maske auftritt, liegt mit 19 Treffern in 22 Spielen unangefochten an der Spitze der Torschützenliste der Serie A – Kvaratskhelia (elf) folgt auf Rang fünf. In der Tabelle beträgt der Napoli-Vorsprung auf den Tabellenzweiten Inter Mailand nach 26 Spieltagen 18 Punkte.

Trainer Luciano Spalletti lobt Kvisha Kvaratskhelia überschwänglich

Die endgültige Heiligsprechung von Kvaratskhelia erfolgte am Samstag. 0:0 stand es nach einer Stunde noch zwischen Napoli und Atalanta Bergamo (2:0). Der Kasten der Gäste aus Norditalien schien wie vernagelt. Da drang Kvaratskhelia mit Ball am Fuß von der linken Seite aus in den Strafraum ein. Er tanzte erst einen, dann einen zweiten, schließlich einen dritten Abwehrspieler aus. Und bevor die nächsten anbrausenden sechs Beine sich ihm in den Weg stellen konnten, schloss der Georgier zum 1:0 ab. „Das war ein Tor würdig eines Maradona. Das muss er jetzt mal selbst zugeben“, lobte ihn danach sein Trainer Luciano Spalletti. „Es war einfach Weltklasse.“ Und der gewöhnlich sehr sachliche „Corriere della Sera“ scheute nicht davor zurück, dieses Tor mit einem ganz ikonischen der Fußballgeschichte zu vergleichen: „Einer gegen alle, wie Maradona bei der WM 1982 gegen Belgien, als er sechs Gegner ausgeschaltet hatte.“

„Kvaradona“ wird Kvicha Kvaratskhelia schon seit dem Spätsommer genannt, seit seinen ersten mit Toren gekrönten Dribbeleinlagen gleich zu Beginn der Spielzeit. Da strauchelten die italienischen Zungen noch mit dem Namen des Georgiers, den zuvor niemand gekannt hatte. Er hatte sich nach dem Aus beim russischen Vertreter Rubin Kasan infolge des Angriffskriegs auf die Ukraine beim heimischen Provinzverein Dinamo Batumi mehr schlecht als recht fit gehalten. Napolis Sportdirektor Cristiano Giuntoli holte ihn dennoch, zumal der Marktwert aufgrund des Kriegs von 30 Millionen Euro auf zehn gesunken war. Und Kvaratskhelia schlug ein, wie es wohl selbst weder Giuntoli noch der Spieler sich erträumt hatten.

Ein Jahr war Victor Osimhen mal beim VfL Wolfsburg

Bei Victor Osimhen dauerte die Akklimatisierung etwas länger. Für den Nigerianer gab der SSC Neapel 2020 zwar 70 Millionen Euro aus – die höchste Transfersumme der Clubgeschichte. Er hatte aber Anpassungsschwierigkeiten. Nicht so große wie einst als Teenager in der Saison 2017/18 beim VfL Wolfsburg, als er Trainer kommen und gehen sah, mit Verletzungen zu kämpfen hatte und schließlich nach nur einem Jahr zu Sporting Charleroi wechselte. Doch auch unter dem Vesuv bremsten ihn im ersten Jahr Verletzungen und ein positiver Coronatest.

Den Beginn der zweiten Saison verhagelte ein Platzverweis. Zu oft agierte er auf dem Platz auch eigensinnig. Er entwickelte sich aber physisch und schließlich spieltaktisch weiter. „Er ist körperlich stärker geworden, macht jetzt auch Kopfballtore“, lobte ihn Coach Spalletti. Vor allem lauert der Knipser nicht mehr nur ganz nahe an der Abseitslinie auf weite Bälle. Er lässt sich, wie von Spalletti gefordert, auch mal zurückfallen und bringt die nachrückenden Teamkollegen ins Spiel.

Ostereier mit einer Maske à la Victor Osimhen

In den Herzen der Napoli-Fans ist Osimhen, der mit einem Wechsel für eine Ablöse von 100 Millionen Euro oder mehr in die Premier League in Verbindung gebracht wird, schon längst. Statuen von ihm und Kvaratskhelia zählen zu den Rennern bei den Figurenschnitzern der Weihnachtskrippen. Für die Osterzeit haben einige Konditoreien schon Leckereien vorbereitet, bei denen aus dunkler Schokolade eine Art Gesichtsmaske, wie sie Osimhen trägt, auf dem Osterei aufgetragen ist. Eine ganze Stadt steckt im Fußball-Delirium wegen dieser beiden Männer.