Die Batis betreiben ihren kleinen Lebensmittelladen in einem der wohlhabendsten Wohngebieten Stuttgarts: auf dem Degerlocher Haigst. Und trotzdem laufen die Geschäfte eher schlecht als recht.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Degerloch - Der Ladenbetreiber kann wechseln, die Milchmarke nicht. Und das gilt nicht nur für die Milch, sondern für das meiste, was in dem kleinen Lebensmittelmarkt in den Regalen steht. Das war eine Erfahrung der Batis, als sie den winzigen Laden vor knapp zehn Jahren übernommen haben. Damals haben sie die H-Milch bei einer anderen Firma als ihr Vorgänger bestellt. Das war ein Fehler, denn die Leute haben sich sofort beschwert, erzählt Yetkin Bati. „Unsere Kundschaft will das, was sie kennt“, sagt die 42-Jährige. Und das bekommt sie auch. „Schließlich leben wir von unseren Stammkunden“, sagt ihr ebenfalls 42-jähriger Mann Yusuf.

 

Das Geschäft läuft eher schlecht als recht

Yusuf Bati versucht erst gar nicht, drumrumzureden. Das Geschäft läuft eher schlecht als recht. „Es langt gerade so“, sagt der gelernte Industriemechaniker. „Es ist richtig mühsam.“ Und das, obwohl das Ehepaar mit den türkischen Wurzeln seine Lebensmittel in einer der wohlhabendsten Gegenden der Stadt feilbietet: auf dem Degerlocher Haigst. Vor 20 Jahren, so haben es sich die Batis erzählen lassen, soll das Lädchen eine Goldgrube gewesen sein. Von einer Goldgrube könne heute aber keine Rede mehr sein.

Gäbe es nicht die Kunden im fortgeschrittenen Alter, die schon seit Jahren Milch, Eier und Gemüse in dem Lädchen neben der Trasse der Zahnradbahn kaufen, Yusuf Bati hätte wohl schon für immer abgesperrt. Von den Menschen, die nur kommen, wenn sie „oben“ die Butter oder das Mehl vergessen haben, könnte der Einzelhändler nicht leben. Mit „oben“ meint er die großen Lebensmittelketten an der Degerlocher Epplestraße. „Mir wäre es lieber, sie würden mir das dann gar nicht erst sagen“, sagt er. Denn es verletzt ihn. „Ich muss auch drei Kinder ernähren.“

Manche Kunden sind Freunde geworden

Einer seiner liebsten Kunden ist der Spitzenkoch Vincent Klink. Dessen Restaurant „Wielandshöhe“ ist gleich um die Ecke. Doch auch der prominente Kunde kann das Blatt nicht wenden. Wie lange das Geschäft noch läuft, können die Batis schwer abschätzen.

Tatsache ist, dass auch die Stammkunden weniger werden. Er verliert sie an den Tod. „Ich höre dauernd: Der ist gestorben, und der ist gestorben. Dann geht es mir wieder den ganzen Tag schlecht“, erzählt Yusuf Bati. Freilich nicht wegen des sinkenden Umsatzes, sondern wegen der Menschen. Denn in dem kleinen Laden bekommen die Kunden viel mehr als eine Tüte voller Lebensmittel. Manche sind so etwas wie Freunde geworden, mit ihnen sitzt der Krämer in der Sonne vor dem Laden oder hinten in seinem Büro und raucht eine Zigarette bei einer Tasse Kaffee. Wer krank oder nicht mehr gut zu Fuß ist, wird auf dem Haigst nicht verhungern. Yusuf Bati nimmt Bestellungen telefonisch entgegen und bringt sie bei Bedarf nach Hause. Ist dort noch ein Abfluss verstopft oder sonst etwas Handwerkliches zu tun im Haushalt, erledigt der Lebensmittelhändler das – kostenlos, weil es für ihn zum guten Service gehört.

In seiner Theke warten Oliven, Feta und andere Leckereien auf Abnehmer. Mit seiner türkischen Herkunft haben die aber nichts zu tun. Die Batis haben sich – neben Waren für den alltäglichen Bedarf – auf italienische Köstlichkeiten spezialisiert. Weil zwei seiner Vorgänger diese Richtung eingeschlagen hatten. Und diese Richtung zu ändern, haben die Kunden nicht zugelassen. Die Milch muss dieselbe bleiben, und das gilt auch für die Nudeln.