Landesrechnungshof übt Kritik an Regierung Millionenschäden an Hochschulen, weil das Land Bauplanungen vernachlässigt

Der Ministerpräsident hat Cornelia Ruppert als erste Frau an die Spitze des Rechnungshofs berufen. Foto: Staatsministerium / Uli Regenscheit

Cornelia Ruppert ist die erst Frau an der Spitze des Landesrechnungshofs. In ihrem ersten Bericht kritisiert sie unter anderem die Planungsfehler von Grün-Schwarz.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Kaum ist Cornelia Ruppert als neue Präsidentin an der Spitze des Landesrechungshofs installiert, tut sie an diesem Montag erstmals, was jetzt ihres Amtes ist: der Landesregierung beim Umgang mit dem Steuergeld auf die Finger klopfen, wenn ihre Haushalts- und Wirtschaftsführung Anlass dazu gibt. Im ersten Bericht, den sie vorstellt, schreibt sie der Landesregierung zwar „keine wesentlichen Beanstandungen“ beim Haushaltsvollzug ins Stammbuch. Aber Anlass zu Kritik und Verbesserungspotenzial haben die Prüfer natürlich auch diesmal entdeckt.

 

Wie steht es insgesamt um die Finanzen im Land?

Dank der mit 72,1 Milliarden Euro höchsten Steuereinnahmen in der Landesgeschichte war der Finanzierungssaldo mit 3,5 Milliarden Euro im Vorjahr positiv. Nach einer Rekordschuldenaufnahme von 13, 7 Milliarden Euro in der Pandemie quittieren die Prüfer mit Anerkennung, dass die Landesregierung 2022 immerhin 958 Millionen Euro Schulden getilgt hat. Die schlechte Nachricht ist, dass das Schuldenstand sich trotzdem immer noch auf 58,7 Milliarden Euro beläuft und 2025 und 2026 noch eine Fünf-Milliarden-Lücke in der Mittelfristigen Finanzplanung klafft. Klar ist das Fazit, das die neue Behördenchefin aus diesen Zahlen zieht: „Es zeichnet sich ab, dass die Steuereinnahmen 2023 zurückgehen werden“, erklärt Cornelia Ruppert. Für das laufende Jahr mahnt sie deshalb, möglichst auf neue Schulden zu verzichten und gegebenenfalls den im Vorjahr für Konjunkturkredite veranschlagten Rahmen von 1,3 Milliarden Euro nicht auszuschöpfen.

Was betrifft die Bürger direkt?

Insgesamt nimmt das Land jedes Jahr eine Milliarde Euro an Gebühren ein. Nur der kleinste Teil – etwa 100 Millionen Euro – resultiert aus landeseigenen Gesetzen. Dazu zählen etwa Gebühren für ausländische Studierende oder Polizeigebühren – von Beglaubigungen, Beurkundungen oder Zeugnissen bis zur polizeilichen Begleitung von Schwertransportern. Für die Bürger dürfte es ein Vorteil gewesen sein, dass das Land dabei bisher eher flüchtig mit den eigenen gesetzlichen Vorgaben umgegangen ist. Eigentlich müssen die Ministerien die Landesgebühren alle zwei Jahre überprüfen und anpassen. Das ist aber, wie der Rechnungshof bemängelt, viel zu selten passiert. Bei 74 Stichproben wurden 26 Gebühren elf Jahre oder länger nicht verändert. Das kann, wie die Prüfer durchblicken lassen, nicht kostendeckend sein. Der Rechnungshof empfiehlt deshalb „die Gebühren regelmäßig an die Kostenentwicklung anzupassen“. Folgt die Landesregierung dem Appell, können Gebühren steigen.

Was funktioniert bei der Landarzt-Förderung nicht?

Die landeseigene Förderung von Landärzten hat sich nach Einschätzung der Rechnungsprüfer als ziemlich nutzlos erwiesen. Seit 2012 können Hausärzte vom Land mit maximal 30 000 Euro gefördert werden, wenn sie sich in Gegenden mit Ärztemangel niederlassen. Allerdings werden immer weniger Anträge gestellt. Zuletzt wurde nur noch ein Viertel der bereitgestellten zwei Millionen Euro jährlich abgerufen. Das liegt laut Rechnungshof auch daran, dass es seit Jahren ein gleich gelagertes Förderprogramm der Kassenärztlichen Vereinigung im Land gibt. Die Prüfer raten deshalb Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne), die Abwicklung der Landesförderung an die Kassenärztliche Vereinigung zu übertragen.

Was läuft bei staatlichen Bauvorhaben schief?

Die schärfste Kritik üben die Rechnungsprüfer an Neubau und Sanierungsvorhaben an öffentlichen Gebäuden. Sie beklagen „mangelhafte Planungen“ und eine steigende Zahl von Bauvorhaben, bei denen der Ablauf gestört ist und sich verzögert. Zu den Negativbeispielen zählt eine 2009 neu gebaute Mensa in Karlsruhe, bei der wegen Mängeln in der Dachkonstruktion jetzt schon Sanierungsmaßnahmen von mehr als sechs Millionen Euro nötig werden. Weiteres Beispiel ist ein Neubau der Dualen Hochschule (DHBW) in Stuttgart, der Sitzplätze für mehr als 4100 Personen bereithält, während die Rettungswege auf weit weniger als 2000 Menschen ausgelegt sind. Die Prüfer empfehlen Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne), die Planung künftig intensiver zu überwachen und eine größere Skepsis zu hegen gegenüber Sonderkonstruktionen, die von gängigen Standards abweichen.

Welche Probleme gibt es beim Kunstankauf?

Der Kunstankauf zur Förderung zeitgenössischer Künstler aus dem Land wird laut dem Bericht von den Regierungspräsidien mit überschaubarem Personalaufwand und im vorgesehenen Kostenrahmen sachgerecht erledigt. Das große Aber: Fast ein Drittel der fast 30 000 Kunstwerke, die in 70  Jahren gekauft wurden, liegt jahre- oder jahrzehntelang im Depot – zum Teil sogar ohne je verliehen zu werden. Das sei „nur schwer mit der Zielsetzung der Kunstförderung“ vereinbar, so die Denkschrift lapidar.

Zur Person

Laufbahn
Cornelia Ruppert hat in Konstanz Jura studiert und arbeitet seit 1994 in der Finanzverwaltung des Landes. Angefangen hat sie im Finanzamt Göppingen, später war sie in der Oberfinanzdirektion Stuttgart und zeitweise bei der EU in Brüssel im Einsatz. Nach Stationen im Staats- und Wirtschaftsministerium war sie seit 2016 im Finanzministerium tätig. Anfang Juli wurde sie an die Spitze des Rechnungshofs berufen.

Doppelspitze
Mit Vizepräsidentin Ria Taxis bildet Ruppert jetzt das erste weibliche Führungsduo der Behörde.

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