Ein Angeklagter am Landgericht Stuttgart soll dem Chef einer Firma, die bereits seit vielen Jahren Dienstleistungen für den Betrieb des Mannes erbracht hatte, gedroht haben, den Service nicht mehr in Anspruch zu nehmen – wenn er nicht eine hohe Summe Geld bekomme.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Wegen einer illegalen Geschäftstätigkeit muss sich seit Montag ein Mitarbeiter eines Großunternehmens aus Stuttgart am Landgericht verantworten. Der Angeklagte soll im Frühjahr 2013 dem Chef einer Firma, die bereits seit vielen Jahren Dienstleistungen für den Betrieb des Mannes erbracht hatte, gedroht haben, den Service nicht mehr in Anspruch zu nehmen, wenn er nicht eine hohe Summe Geld bekomme. Der Angeklagte muss sich wegen Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verantworten. Das Gesetz sieht dafür Haftstrafen von bis zu fünf Jahren vor.

 

Bereits seit vielen Jahren hatte die Firma, die ihren Sitz in der Region hat, IT-Serviceleistungen für das Großunternehmen in Stuttgart erbracht. Zu den Aufgaben zählte es beispielsweise, die Software zu pflegen und den Mitarbeitern zu helfen, wenn sie Probleme bei der Anwendung von Computerprogrammen haben. Jährlich erhielt die Firma dafür einen Betrag von mehr als einer Million Euro.

Umsatzbeteiligung gefordert: 50 000 bis 100 000 Euro

Mitte März 2013 soll der Angeklagte dem Chef der Servicefirma gedroht haben, dass man die Leistungen dessen Firma nur noch in Anspruch nehmen werde, wenn er dafür einen Teil des Umsatzes aus diesem Geschäft erhalte. Laut Anklage forderte der Mann fünf bis zehn Prozent der zu erwartenden Jahresumsätze – also 50 000 bis 100 000 Euro. Zudem solle die Firma den Leasingwagen des Angeklagten finanzieren. Wenn seine Forderungen nicht erfüllt würden, werde die Firma keine Aufträge mehr erhalten. Zudem werde sie bei globalen Ausschreibungen des Großunternehmens keine Chance mehr haben.

Es dauerte nur fünf Tage, bis der Mann eine Antwort erhielt – allerdings eine, mit der er vermutlich kaum gerechnet hat: Gleich mehrere Vorgesetzte baten zum Gespräch und konfrontierten den Mitarbeiter mit dem Vorwurf der Bestechung und Bestechlichkeit. Was der Mann nicht wusste: Das brisante vermeintlich unter vier Augen geführte Gespräch mit dem Firmenchef war aufgezeichnet worden. Aus welchem Grund der Geschäftsführer das Treffen auf diese Weise festhielt, wurde in dem Prozess bisher nicht angesprochen.

Angeklagter streitet Vorwürfe ab

Der Angeklagte streitet die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren dennoch ab. Er habe bei dem Treffen mit dem Firmenchef keine Absprachen treffen wollen. Und er wisse auch nicht, warum ihn der Geschäftsführer beschuldige.

Der Angeklagte hatte sich über mehrere berufliche Stationen zum Handelsfachwirt hinaufgearbeitet. Dabei eignete er sich spezielles IT-Fachwissen selbst an. Der Manne arbeitete bei mehreren Firmen, ehe er Ende 2012 bei dem Stuttgarter Großunternehmen einstieg, in dem er in einer Abteilung für den IT-Einkauf tätig war. Sein Jahresbruttoeinkommen in dem Betrieb betrug fast 100 000 Euro. Nach dem Bekanntwerden des Bestechungsvorwurfs wurde das Arbeitsverhältnis beendet. Mittlerweile hat der Mann einen neuen Job in seiner Branche gefunden. Laut dem Angeklagten weiß sein neuer Arbeitgeber nichts von dem Prozess.

Angeklagte will Aufnahmen als Beweis verhindern

Vor Gericht versucht der Mann derweil zu verhindern, dass die Ton- und Bildaufzeichnung von dem mutmaßlich verhängnisvollen Gespräch mit dem Firmenchef als Beweismittel akzeptiert wird. Die Aufnahmen seien ohne sein Wissen und damit illegal gemacht worden.

Der Prozess wird fortgesetzt. Fünf Zeugen sollen aussagen. Darunter ist auch der offenbar bedrängte Firmenchef. Das Urteil wird für Mitte August erwartet.