Das Landgericht Stuttgart wird Porsche wahrscheinlich nicht wegen der absichtlichen Täuschung von Investoren zur Zahlung von Schadenersatz verurteilen. Am 17. März soll das Urteil verkündet werden.

Stuttgart - Das Stuttgarter Landgericht sieht keinen Anlass dazu, die Porsche Holding zur Zahlung von 1,36 Milliarden Euro Schadenersatz zu verurteilen. Das deutete die Vorsitzende Richterin Carola Wittig im Verlauf der Verhandlung an; sie will am 17. März das Urteil verkünden. Zwei Dutzend ausländische Hedgefonds hatten Porsche verklagt, weil sie sich von dem Unternehmen bei der Übernahmeschlacht im Jahr 2008 getäuscht fühlen.

 

Die Gerüchte wurden in einer Pressemitteilung zurückgewiesen

Bei dem Ringen um die Macht in Wolfsburg waren die Stuttgarter zunächst 2005 bei VW eingestiegen. Mit einer Mitteilung, die vom 3. März 2008 datiert, erklärte das Unternehmen, nunmehr die Mehrheit von mehr als 50 Prozent erwerben zu wollen. Unmittelbar darauf kamen am Kapitalmarkt Gerüchte auf, Porsche strebe die 75-Prozent-Mehrheit an; dies hätte den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags möglich gemacht. Wenige Tage darauf, am 10. März, wies Porsche die Medienberichte zurück und erklärte, die Wahrscheinlichkeit zum Erwerb solch einer Mehrheit sei zudem aufgrund der sehr geringen Streubesitzes äußerst gering. Für die Hedgefonds, zu denen Adressen wie Glenhill Capitol, Tiger Global und Greenlight Capitol gehören, war jedoch klar, dass Porsche in den Monaten Februar/März den Beschluss gefasst hatte, die Dreiviertelmehrheit zu erwerben. Porsche hat diese Absicht stets bestritten und bestritt sie auch gestern im Gerichtssaal wieder. Erst mit einer Mitteilung vom 26. Oktober bekannte sich Porsche zu dem Ziel, die Beteiligung auf 75 Prozent aufstocken zu wollen. Die entsprechenden Beschlüsse, so heißt es im Unternehmen, fassten der Aufsichtsrat am 20. Oktober und der Vorstand am 26. Oktober.

Schweigen war nach Ansicht der Richterin keine Option

Einig waren sich die Parteien vor Gericht, dass Porsche im März 2008 nicht gezwungen gewesen ist, sich zum Ziel einer 75-Prozent-Mehrheit zu bekennen. Die Mitteilung vom 10. März, mit der Porsche den Spekulationen entgegentrat, bewerteten die Parteien freilich unterschiedlich. Die Kläger argumentierten, dass der Konzern hätte schweigen können, bei einer Äußerung aber zur Wahrheit verpflichtet gewesen wäre. Das mochten weder Porsche noch in einer vorläufigen Einschätzung das Gericht so sehen. Richterin Carola Wittig stellte sich auf den Standpunkt, dass Schweigen als Zustimmung gewertet worden wäre, so dass Porsche zu einer Reaktion gezwungen gewesen war. Hätte Porsche dabei alle Karten auf den Tisch legen müssen, so wäre es den Anlegern möglich gewesen, die Wahrheit zu erzwingen – was die Richterin ablehnte. Sie verwies zudem darauf, dass es sich bei der Mitteilung vom 10. März um eine Pressemitteilung gehandelt habe und um keine Börsenpflichtmitteilung. Solche sogenannten Ad-hoc-Mitteilungen haben für die Anleger aus ihrer Sicht einen höheren Stellenwert. Die Richterin: „Denen bringt der Markt ein besonders hohes Vertrauen entgegen.“

Mehrfach wird der Vergleich mit „Lieschen Müller“ gezogen

Auch in anderen Punkten fanden die Kläger mit ihrer Schadenersatzforderung beim Gericht kein rechtes Gehör. So geht aus den Unterlagen hervor, dass die Hedgefonds keineswegs alle Anlageentscheidungen von Presse- und Ad-hoc-Mitteilungen sowie von Informationen der Investor-Relations-Abteilung von Porsche abhängig gemacht haben. So gab es auch vor und nach entsprechenden Terminen Käufe und Verkäufe. Richterin Wittig legte im Übrigen Wert auf die Gleichbehandlung von Aktionären, so stellte sie mehrfach den Vergleich mit der Kleinanlegerin „Lieschen Müller“ her, die keinen privilegierten Zugang zu Informationen habe.

Sollten die Kläger – wie zu erwarten ist – unterliegen, so können sie in Berufung gehen. Gleichwohl wäre die Abweisung der Klage ein weiterer Etappensieg für Porsche. So hat das Landgericht Braunschweig in zwei ähnlich gelagerten Fällen, bei denen es nur um relativ geringe Summen ging, im September 2012 Forderungen nach Schadenersatz abgewiesen. In zumindest einem Fall, so ist zu hören, ist das Urteil sogar rechtskräftig, weil der Kläger darauf verzichtet hat, Berufung einzulegen. Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Klagen anhängig; insgesamt geht es um 5,7 Milliarden Euro. Manche Klagen wanderten zudem von einem Gericht zum anderen, weil die Zuständigkeiten umstritten waren. Unter anderem waren sich zwei Gerichte in Niedersachsen uneins.