Gleich zweimal innerhalb von dreieinhalb Stunden haben zwei Männer zwei Mitbewohner in Weinstadt so brutal getreten und geschlagen, dass diese Hirnblutungen und multiple Brüche im Gesicht erlitten. Dafür hat sie das Landgericht jetzt zu vier Jahren Haft verurteilt

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Stuttgart/Weinstadt - Der Anlass für die heftige Auseinandersetzung zwischen den vier rumänischen Gelegenheitsarbeitern, die sich während ihres Engagements bei einem hiesigen Bauunternehmen eine Wohnung in Weinstadt teilten, ist wohl ein Streit um eine Frau gewesen. Eines der späteren Opfer soll dieser am 10. Mai in einer Kneipe im Teilort Beutelsbach Komplimente gemacht haben, während ihr Freund, einer der späteren Angeklagten, direkt daneben saß.

 

Imbissbesitzer geht mit Besen dazwischen

Als dieser den Mitbewohner wütend zur Rechenschaft rief, fing er sich eine Ohrfeige ein. Vor der Kneipe dann antworteten der 38-Jährige und ein 36-jähriger Kollege, der ihn tatkräftig unterstützte, mit Faustschlägen und Tritten, auch gegen den Kopf des Opfers, dem zwischenzeitlich wiederum dessen Bruder beigesprungen war. Beide Männer wurden übel zugerichtet, bis ein Imbissbesitzer mutig mit einem Besen dazwischen ging und weitere Passanten hinzukamen. Als die Polizei eintraf, waren die Angreifer verschwunden und da sich die Attackierten nach einer Verarztung durch einen Rettungsdienst bereits wieder bei einem Bier in der Kneipe eingefunden hatten, schenkten die Ordnungshüter der Sache keine vordringliche Beachtung.

Doch die Schlägerei vor der Kneipe war, wie sich herausstellen sollte, nur der Auftakt eines noch viel brutaleren Gewaltausbruchs, zu dem es knapp dreieinhalb Stunden später in der gemeinsam genutzten Wohnung kam. Einer der Männer wurde von dem 38-Jährigen derart geschlagen und getreten, dass er multiple Brüche im Gesicht erlitt. Unter anderem wurden die Augenhöhlen, das Nasenbein und der Kiefer zertrümmert. Sein Bruder wurde parallel dazu von dem 36-Jährigen unter anderem mit einem Axtstiel an Kopf und Körper malträtiert. In seiner Todesangst versuchte sich der Mann durch einen Sprung von einem Balkon auf eine Betonterrasse unterhalb der im ersten Stock gelegenen Wohnung zu retten, wo er mit äußeren Platzwunden und inneren Hirnblutungen bewusstlos liegen blieb. Die Angreifer machten sich daraufhin aus dem Staub. Nur einer Nachbarin, die den Vorgang beobachtet hatte, ist zu verdanken, dass der Rettungsdienst alarmiert wurde.

Richterin: Tod billigend in Kauf genommen

„Sie haben einen möglichen Tod Ihrer Opfer billigend in Kauf genommen und unternahmen nichts zu deren Rettung“, sagte die Vorsitzende Richterin Regina Rieker-Müller, die sich bei der Beweisaufnahme auf Zeugen- und Gutachteraussagen sowie die polizeiliche Vernehmung der Geschädigten stützen musste. Letztere waren einer Ladung vor Gericht nicht gefolgt und die Angeklagten machten von ihrem Recht die Aussage zu verweigern Gebrauch.

Die Erste Schwurkammer wertete die „äußerst gefährlichen Gewalthandlungen aus absolut nichtigem Anlass“ letztlich als zwei Taten des gemeinschaftlichen versuchten Totschlags. Obwohl die beiden Angeklagten erheblich alkoholisiert gewesen waren, seien ihnen ihr Tun und die Folgen bewusst gewesen. Zwar hat auch ein Abgleich mit dem rumänischen Zentralregister für Straftaten keinerlei Einträge ergeben, aber die Taten seien so heftig und rücksichtslos gewesen, dass nichts anderes als eine Gefängnisstrafe in Betracht gezogen werden könne. Das Gericht hielt vier Jahre Haft als angemessen. Weil eine erhebliche Fluchtgefahr bestehe, müsse sie sofort in Vollzug gesetzt werden.