Weil die Stadt Stuttgart der Zulassungsstelle in Waiblingen die Leute abwirbt, kontert das dortige Landratsamt mit einer „Arbeitsmarktzulage in kundenintensiven Bereichen“. Doch das weckt auch im eigenen Kreis Argwohn.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Konkurrenz belebt das Geschäft, und erhöhte Nachfrage treibt die Preise nach oben – das gilt wohl auch für den öffentlichen Dienst. Weil in einigen Bereichen seiner Behörde offenkundig Abwanderungstendenzen in Richtung Landeshauptstadt zu verzeichnen sind, hatte sich der Rems-Murr-Landrat Richard Sigel schon im vergangenen Jahr entschlossen, seinen Mitarbeitenden in Waiblingen monetäre Bleibeanreize zu schaffen.

 

Aktives An- und Abwerben aus Stuttgart

Hintergrund für den Schritt war ein aktives An- und Abwerben von Fachkräften durch die Stadt Stuttgart, die mit Prämien und Zulagen gerade in Bereichen des Bürgerservices und vor allem bei den Mitarbeitern der Waiblinger Führerschein- und der Kfz-Zulassungsstelle wohl erfolgreich gelockt hatte. Seit dem Jahr 2019 jedenfalls hatte dieser Bereich 54 Abgänge zu verzeichnen. Als Gründe für die Kündigungen wurden freilich auch die bestehenden Servicezeiten genannt und die notwendige Präsenz am Schalter, die einer flexiblen Arbeitszeiteinteilung grundsätzlich entgegenstünden.

Doch mit seinem Wunsch, den Angestellten das Verbleiben in Waiblingen und die zum Teil herausfordernde Schaltertätigkeit mit einer allgemeinen Arbeitsmarktzulage schmackhaft zu machen, war Sigel im zuständigen Kreistagsausschuss im Dezember nicht auf allgemeine Begeisterung gestoßen. Die dort vertretenen Rathauschefs befürchteten, dass mit derlei Extravergütungen auch eigenes Personal abspenstig gemacht werden könnte.

Zulage ausschließlich nur für ein Amt

Das hat die Kreisverwaltung in einem modifizierten Antrag nun noch einmal klargestellt und der Landrat auch in der jüngsten Bürgermeisterversammlung so kommuniziert. Die angedachte Erhöhung des Budgets zur Zahlung einer Arbeitsmarktzulage zielt nun ausschließlich auf den Bereich des Amtes für Zulassung und Fahrerlaubnis. Nicht benötigte Mittel des Budgets, das insgesamt 85 000 Euro umfasst, sollen nicht für anderweitige Zwecke zur Verfügung stehen. Für die einzelnen Mitarbeiter bedeutet dies eine künftige Lohnerhöhung von monatlich 120 Euro. Voraussetzung ist, dass sie die Tätigkeit seit mindestens einem Jahr ausüben.

„Stuttgart-Zulage“ ab 1. Juli

Wirklich konkurrieren mit der Landeshauptstadt kann man rein monetär damit freilich nicht. Denn dort ist für alle Beschäftigten und Auszubildenden im Angestelltenverhältnis von 1. Juli an eine „Stuttgart-Zulage“ in Höhe von 150 Euro beschlossen.

Eine solche pauschale Regelung kommt für den Waiblinger Landrat hingegen nicht infrage. „Wir halten uns an unsere Tarifabschlüsse und wollen keine Konkurrenz zu unseren Kommunen schaffen“, so Sigel.

Während sich der CDU-Fraktionschef Armin Mössner, im Hauptberuf Bürgermeister von Murrhardt, für die „Nachschärfung“ bedankte, die aus seiner Sicht wichtig gewesen sei, um den Frieden in der kommunalen Familie zu wahren, befürchten allerdings andere wie Anne Kowatsch (Grüne) nun einen ganz anderen Unfrieden – unter den Beschäftigten des Landratsamts. Die nämlich könnten sich durchaus fragen, warum die einen Bereiche in den Genuss der Zulage kämen und die anderen nicht.