Wir von der Polizei sind ein Garant dafür, dass Baden-Württemberg seit Langem zu den sichersten Bundesländern zählt. Wir dürfen aber nicht verkennen, dass unsere inhomogene Organisationsstruktur aus den 70er Jahren stammt und nicht zukunftsfähig ist. Das verdeutlichen einige Aufgabenfelder: Die Bekämpfung organisierter Kriminalität, die Zunahme der Cyberkriminalität oder die aufwendige Überwachung rückfallgefährdeter Sexualstraftäter wurden in den 70er Jahren strukturell noch nicht berücksichtigt. Selbst die Bewältigung großer Einsatzlagen und die Einrichtung von Sonderkommissionen nach herausragenden Kapitaldelikten können kleine Dienststellen heute nicht eigenständig gewährleisten.

 

Wir benötigen daher schlagkräftige Polizeipräsidien, die weitestgehend alle Aufgaben eigenständig schultern können. Zudem erfordert der verantwortungsvolle Umgang mit Haushaltsmitteln ein Umdenken. Insbesondere die Polizeitechnik ist teuer; unsere Arbeit muss aber bezahlbar bleiben – und genau das ist sie nicht, wenn der heutige Organisationsaufbau bleibt. Wir benötigen einen tiefgreifenden strukturellen Umbau, der sich aufgrund der vor uns stehenden Pensionierungswelle sozialverträglich umsetzen lässt.

Knowhow rund um die Uhr

Was bringt den Bürgerinnen und Bürgern die Reform? Wir verstärken beispielsweise die Streifendienste der Polizeireviere mit jeweils mindestens zwei Polizeibeamtinnen beziehungsweise -beamten und richten landesweit Kriminaldauerdienste ein. Damit steht kriminalpolizeiliches Knowhow rund um die Uhr zur Verfügung. Die neuen spezialisierten Verkehrsunfallaufnahmegruppen entlasten zudem die Polizeireviere in der Bearbeitung komplexer Verkehrsunfälle. Professionelle Führungs- und Lagezentren werden landesweit die Einsatzsteuerung übernehmen.

Wir erhalten mehr Qualität und durch die Zusammenlegung von Dienststellen den personellen Spielraum, um uns den Herausforderungen zu widmen. Es ist kein Luxus, die Organisation so tief greifend zu verändern. Im Gegenteil: es wäre fahrlässig, diesen Schritt nicht zu gehen.

Zumindest einen vorläufigen Erfolg kann Innenminister Gall mit der Reform schon verbuchen: Aus der Diskussion über Stelleneinsparungen hat er die Polizei zunächst herausgenommen. Gall argumentiert, mit der Hebung von Effizienzreserven habe er seinen Beitrag zur Haushaltssanierung bereits erbracht.

Das Für und Wider der Reform erörtern im Folgenden: Gerhard Klotter, Inspekteur der Polizei und verantwortlich für die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens, sowie Joachim Lautensack, Leitender Polizeidirektor und Landeschef der Polizeigewerkschaft im Beamtenbund.

Pro von <strong> Gerhard Klotter </strong><br />: Modernisierung tut not

Wir von der Polizei sind ein Garant dafür, dass Baden-Württemberg seit Langem zu den sichersten Bundesländern zählt. Wir dürfen aber nicht verkennen, dass unsere inhomogene Organisationsstruktur aus den 70er Jahren stammt und nicht zukunftsfähig ist. Das verdeutlichen einige Aufgabenfelder: Die Bekämpfung organisierter Kriminalität, die Zunahme der Cyberkriminalität oder die aufwendige Überwachung rückfallgefährdeter Sexualstraftäter wurden in den 70er Jahren strukturell noch nicht berücksichtigt. Selbst die Bewältigung großer Einsatzlagen und die Einrichtung von Sonderkommissionen nach herausragenden Kapitaldelikten können kleine Dienststellen heute nicht eigenständig gewährleisten.

Wir benötigen daher schlagkräftige Polizeipräsidien, die weitestgehend alle Aufgaben eigenständig schultern können. Zudem erfordert der verantwortungsvolle Umgang mit Haushaltsmitteln ein Umdenken. Insbesondere die Polizeitechnik ist teuer; unsere Arbeit muss aber bezahlbar bleiben – und genau das ist sie nicht, wenn der heutige Organisationsaufbau bleibt. Wir benötigen einen tiefgreifenden strukturellen Umbau, der sich aufgrund der vor uns stehenden Pensionierungswelle sozialverträglich umsetzen lässt.

Knowhow rund um die Uhr

Was bringt den Bürgerinnen und Bürgern die Reform? Wir verstärken beispielsweise die Streifendienste der Polizeireviere mit jeweils mindestens zwei Polizeibeamtinnen beziehungsweise -beamten und richten landesweit Kriminaldauerdienste ein. Damit steht kriminalpolizeiliches Knowhow rund um die Uhr zur Verfügung. Die neuen spezialisierten Verkehrsunfallaufnahmegruppen entlasten zudem die Polizeireviere in der Bearbeitung komplexer Verkehrsunfälle. Professionelle Führungs- und Lagezentren werden landesweit die Einsatzsteuerung übernehmen.

Wir erhalten mehr Qualität und durch die Zusammenlegung von Dienststellen den personellen Spielraum, um uns den Herausforderungen zu widmen. Es ist kein Luxus, die Organisation so tief greifend zu verändern. Im Gegenteil: es wäre fahrlässig, diesen Schritt nicht zu gehen.

Gerhard Klotter
Der Inspekteur der Polizei Baden-Württembergs ist Projektverantwortlicher für die Reform.

Kontra von <strong> Joachim Lautensack </strong><br />: Überzogen und überdimensioniert

Die Polizei des Landes ist viel zu gut, um derart radikal umgekrempelt zu werden. Diese Reform ist überzogen und überdimensioniert. Das Festhalten an der Zahl von zwölf Regionalpräsidien zerschneidet und zergliedert nicht nur die heutige Polizeistruktur. Die neuen polizeilichen Raumschaften passen als künstliche Gebilde nirgendwo in die vorhandenen politischen, wirtschaftlichen, geografischen, kulturellen, gesellschaftlichen, landsmannschaftlichen Strukturen des Landes. Zwischen der Beibehaltung der bisherigen Organisationsstruktur und den überdimensionierten Reformentscheidungen gäbe es unendlich viele Alternativen, die eine Reform sehr viel verträglicher und risikoärmer hätten gestalten können.

Mit circa 4000 unmittelbar betroffenen Kolleginnen und Kollegen ist das Risiko sehr groß, dass auch mittelfristig nur wenig Akzeptanz erzeugt werden kann und die Motivation unter dem Veränderungsdruck erheblich leiden wird. Die Auswirkungen auf die Familien und den privaten Bereich sind mitunter ganz erheblich.

Diese Reform ist keine Reform von der Polizei für die Polizei. Der Auftrag kam ausschließlich von der Politik. Es fand keinerlei Beteiligung statt, weder zum Eckpunktebericht noch zu Raum- und Standortentscheidungen. Mit Kabinettsbeschlüssen wurden trotz umfänglicher fachlicher Kritik unumstößliche Fakten geschaffen.

Sehenden Auges werden Fehler gemacht

Die Polizei wird lange brauchen, um in die neue Organisation hineinzuwachsen. Die Infrastruktur ist dafür nicht geeignet. Interimslösungen werden die Polizei viele Jahre belasten. Die Reform wird selbst nach Jahren nur eine Türschildreform sein. Absolut unverständlich ist die Zerschlagung der Bereitschaftspolizei. Bayern macht seine vergleichbaren Reformschritte gerade rückgängig, während wir bekannte Fehler sehenden Auges machen werden.

Der Wert der Reform muss gemessen an der erwarteten Wirkung, dem Umsetzungsaufwand und den Kosten grundsätzlich angezweifelt werden. Selbst nach 15 Jahren wird ein dickes fettes Bilanzminus von mindestens 123 Millionen Euro für den Steuerzahler unter dem Strich stehen.

Joachim Lautensack
Der Chef der Polizeigewerkschaft im Beamtenbund kennt die Arbeit aus der Praxis.