Bislang ging das Direktmandant im Wahlkreis Bietigheim-Bissingen stets an die CDU. Doch am kommenden Sonntag könnte es so spannend werden wie nie zuvor – auch weil sich der CDU-Kandidat gegen den Trend stemmt.

Bietigheim-Bissingen - Was zwei Jahrzehnte im Wahlkreis 12 als ungeschriebene Regel galt, könnte diesmal außer Kraft gesetzt werden: das Politikertrio Klaus Herrmann (CDU), Claus Schmiedel (SPD) und Jürgen Walter (Grüne), das bisher immer wieder unangefochten in das Stuttgarter Parlament eingezogen ist, könnte auf ein Duo reduziert werden. Folgt man den bisherigen Umfragetrends, so darf sich eigentlich nur Jürgen Walter sicher fühlen. Der Grüne könnte in diesem Jahr sogar erstmals Klaus Herrmann das Direktmandat abnehmen. Sehr knappe Werte haben die Demoskopen Claus Schmiedel vorhergesagt, er könnte sein Mandat verlieren.

 

Offiziell geben sich Herrmann und Schmiedel gelassen. Er vertraue auf seine Prominenz, sagte Schmiedel kürzlich. „Die Leute kennen mich, und ich glaube, dass ich eine gewisse Wertschätzung genieße.“ Er habe auch schon bei früheren Urnengängen seine Wiederwahl nicht für selbstverständlich gehalten, sagt Herrmann. „Man muss kämpfen.“ Und das tut der Christdemokrat ähnlich wie der Sozialdemokrat in erster Linie mit einer Plakatoffensive. Mit jeder schlechten Vorhersage für sie hat sich die Präsenz der Konterfeis von Schmiedel und Herrmann am Rand der Ludwigsburger Einfallstraßen um ein Vielfaches vermehrt. Schmiedel hat neulich sogar selbst Plakate geklebt, um den Ludwigsburgern noch mehr SPD-Statements nahe zu bringen. Drückt sich darin vielleicht die nicht eingestandene Nervosität aus?

Traten Grün-Rot zu Beginn der heißen Wahlkampfphase noch als Bündnis mit Zukunft an, so wurden die Bekundungen der Gemeinsamkeit zusehends seltener. Zwar tut Schmiedel die Behauptungen, er stünde der CDU sehr nahe und liebäugle mit einer schwarz-roten Koalition weiterhin als „Quatsch“ ab. Aber er betont auch, man dürfe „die CDU nicht dämonisieren“. Würde es nach dem 13. März also auf eine solche Konstellation hinauslaufen, würde diese sicher nicht an ihm scheitern.

Im Kampf um sein Landtagsmandat hat Herrmann derweil ganz andere Fronten aufgemacht. Auch diesmal, so ärgert er sich, sei das zentrale Thema der Wahl kein Landesthema. Für die Flüchtlingsfrage sei Berlin zuständig. Doch zu allem Überfluss werde die Schuld an diesem Dilemma der CDU-Kanzlerin Angela Merkel angelastet. Herrmann will das nicht gelten lassen. Er hält die Grünen für die wahren Verantwortlichen. Ihre Blockadehaltung gegenüber allen Versuchen, sichere Herkunftsländer für Flüchtlinge zu benennen, habe zur augenblicklichen Schieflage geführt.

Der Grünenkandidat Walter versuchte sich dagegen, aus allen hitzigen Kontroversen herauszuhalten und so den Eindruck des besonnenen Politikers zu vermitteln, der nur auf die positive Bilanz der vergangenen fünf Jahre verweisen müsse: Ein neuer Politikstil, die neue Gemeinschaftsschule und die wiederbelebte Kulturpolitik sprächen für sich.

Sobald es indes um lokale und regionale Themen ging, zeigte auch Walter Nerven. Etwa als über den Bau einer Stadtbahn von Remseck nach Markgröningen diskutiert wurde – ein ur-grünes Anliegen. Angesprochen darauf, dass gerade seine Regierung die Fördermittel für solche Verkehrsprojekte halbiert habe, reichte er den Schwarzen Peter an den Bundesfinanzminister weiter: dieser habe den Etat abgespeckt.

Klaus Herrmann ist nach wie vor unentschieden, was die geplante Stadtbahn angeht, während Claus Schmiedel klar machte, dass es sicher keine Verlängerung der Bahn bis Markgröningen geben werde. Wegen der unterschiedlichen technischen Systeme sei in Ludwigsburg Endstation.

Dass sie nur Außenseiterchancen hat, schmälerte Stefanie Knechts (FDP) Engagement nicht. Sie möchte, dass „individuelle Freiheit und Eigenverantwortung gefördert und unnötige Bürokratie abgebaut“ werden, sagt sie. Auch Oliver Kube (Linke) rechnet nicht mit einem Einzug ins Parlament. Dennoch tritt er für das ein, was er „die wichtigsten politischen Koordinaten“ nennt: sich gegen Nationalismus und Rassismus zur positionieren.

Er sei eigentlich ein Lucke-Mann betont Dieter Mangold. Trotzdem ist er dem geschassten AfD-Gründer nicht in die Alfa gefolgt, sondern bei der AfD geblieben. Frauke Petrys Aussage, die deutsche Grenze müsse notfalls auch mit Waffengewalt gegen Flüchtlinge verteidigt werden, will er sich zwar nicht zu eigen machen, aber er hat sich auch nicht davon distanziert.