Am 13. März 2016 steht die Neuwahl des 16. Landtags von Baden-Württemberg an. In allen drei Wahlkreisen des Rems-Murr-Kreises haben die Parteien ihre Kandidaten gekürt. Von neun Abgeordneten treten acht wieder zur Wahl an.

Rems-Murr-Kreis - Am 30. April 2016 endet die 15. Legislaturperiode des baden-württembergischen Landtags. Neben den drei Direktkandidaten, die alle aus den Reihen der CDU kommen – unter ihnen der Landtagspräsident Wilfried Klenk – stellt der Rems-Murr-Kreis zurzeit sechs weitere Landtagsabgeordnete. Diese sind 2011 über die Zweitstimmenauszählung ins Parlament gekommen, wie Katrin Altpeter (SPD), die aktuelle Sozialministerin. Bis auf einen, Matthias Pröfrock (CDU), stellen sich alle zur Wiederwahl. Zum Bewerberfeld hinzu gekommen sind auch auf lokaler Politikebene bisher eher unbekannte Gesichter.

 

Während die aktuell im Parlament vertretenen vier Parteien zumindest im Rems-Murr-Kreis alle ihre Erst- und Zweitkandidaten gekürt haben, muss sich bei anderen erst noch zeigen, wer ins Rennen geht. Dafür ist allerdings noch ein wenig Zeit. Denn die Bewerbungsfrist läuft erst am Donnerstag, 14. Januar 2016, um 18 Uhr, ab. Bis dahin müssen alle Wahlvorschläge bei dem für den jeweiligen Wahlkreis zuständigen Wahlleiter schriftlich eingereicht sein.

Vorschläge können von Parteien oder von Wahlberechtigten für eine einzelne Person gemacht werden. Parteien können pro Wahlkreis einen Bewerber und einen Ersatzbewerber nominieren; dieselben Parteienbewerber dürfen jedoch höchstens in zwei Wahlkreisen vorgeschlagen werden. Das Land ist in 70 Wahlkreise aufgeteilt. Im Rems-Murr-Kreis gibt es drei Wahlkreise.

Der aktuelle Landtag ist am 27. März 2011 gewählt worden. Auch wenn die CDU aus der Wahl mit 39 Prozent als die stimmenstärkste Partei hervorgegangen ist, stellt eine Koalition aus Grünen (24,2 Prozent) und SPD (23,1 Prozent) die Landesregierung. Die FDP (5,3 Prozent) blieb trotz heftiger Verluste im Parlament.

Die vermutlich größte Vorwahlhürde aller Kandidaten hat wohl Sigfried Lorek genommen. Der 38-jährige Polizist aus Winnenden war bei der Nominierung der CDU-Kandidaten für den Wahlkreis Waiblingen überraschend gegen den amtierenden Abgeordneten Matthias Pröfrock angetreten. Für Pröfrock, den einstigen persönlichen Referenten des Ministerpräsidenten Günther Oettinger, hatten 108 Mitglieder gestimmt, für Lorek 128. Den eigentlich favorisierten Pröfrock aus Korb, der 2011 mit knapp 37 Prozent in den Landtag gewählt worden war, hatte wohl seine Plagiatsaffäre die erneute Kandidatur gekostet. Kurz nach seiner Wahl hatte ihm die Universität Tübingen den Doktortitel aberkannt. Lorek ist erst seit zwei Jahren Mitglied im Vorstand der CDU Rems-Murr und der CDU Winnenden. Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Referent im Innenministerium ist er jetzt Referatsleiter für Leitstellen und Telekommunikation im Präsidium Technik, Logistik und Service der Polizei.

Wahlkreis Waiblingen. Drei wollen ihr Mandat verteidigen

Ebenfalls für eine faustdicke Überraschung hat Willi Halder gesorgt – dies freilich nicht bei seiner jetzigen Nominierung, sondern bereits vor vier Jahren. Der langjährige Kreis- und Gemeinderat der Grünen war mit 23,5 Stimmen über ein Zweitmandat in den Landtag gewählt worden. Seine erneute Nominierung fiel ohne Gegenkandidat und mit 90 Prozent der Stimmen ungleich deutlicher aus. Der 57-Jährige, der in Leutkirch im Allgäu geboren wurde, betreibt in seiner Wahlheimat Winnenden eine Buchhandlung. Im Landtag war er zum Vorsitzenden der NSU-Enquetekommission ernannt worden, jenem Gremium, das für den Südwesten Schlussfolgerungen aus der Mordserie der rechtsterroristischen Untergrundbewegung ziehen soll. Im Oktober vergangenen Jahres war er nach Querelen zurückgetreten.

Katrin Altpeter hat es vor vier Jahren nicht nur zum dritten Mal für die SPD in den Landtag geschafft, sie wurde auch zur Sozialministerin gekürt. Ihr langjähriges Mandat im Rems-Murr-Kreistag hat die gelernte Altenpflegerin und Lehrerin für Pflegeberufe freilich niedergelegt. Während ihrer Zeit im Ministeramt ist die 52-jährige Waiblingerin bisher verschont geblieben. Sogar Kritiker anerkennen, dass sie eine bessere Figur gemacht habe, als man es von ihr erwartet hätte.
 


Das Remstal hat dem insgesamt schwachen FDP-Ergebnis bei der Landtagswahl ein wenig getrotzt. Doch selbst der frühere Justizminister Ulrich Goll musste um sein Zweitstimmenmandat bangen. Goll büßte im Vergleich zu dem Jahr 2006 ebenfalls deutlich ein. Am Ende landete der 65-jährige Jurist bei 8,0 Prozent. Goll war 1988 erstmals in den Landtag gewählt worden. Nach einer 14-jährigen Pause hat er seit dem Jahr 2006 ein Mandat inne.

Wahlkreis Schorndorf: Drei bekannte und ein neues Gesicht

Claus Paal muss sich zumindest in Wirtschaftskreisen niemandem neu vorstellen. Der 48-Jährige ist der Präsident der Industrie- und Handelskammer Rems-Murr. Außerdem besaß der Maschinenbauingenieur lange Jahre eine eigene Firma für Verpackungsmaschinen in Remshalden, bis er sich nach deren Verkauf vor fünf Jahren als Unternehmensberater selbstständig machte. Der Weinstädter ist vor vier Jahren erstmals als Direktkandidat der CDU in den Landtag gewählt worden. Dort ist er Mitglied in den Ausschüssen für Finanzen und Wirtschaft sowie Integration. Als Kritiker hatte er sich insbesondere öffentlich gegen die Reform der Polizei geäußert.

Im Schorndorfer Ortsverband der Grünen hat Petra Häffner schon kurz nach ihrer Wahl zur Landtagsabgeordneten einige Machtkämpfe austragen müssen. Zunächst war sie als stellvertretende Fraktionsvorsitzende im örtlichen Gemeinderat abgewählt worden. Dann wurde ihr ein Rücktritt aus dem Gremium, den sie mit einer starken Beanspruchung durch das Landtagsmandat begründete, verwehrt. Auch bei ihrer Nominierung für den 16. Landtag musste sie sich eines Gegenkandidaten erwehren. Die Kampfabstimmung gegen den 22-jährigen Herausforderer Jan Pesch ging mit 31 zu elf Stimmen dann aber noch halbwegs deutlich für die 51-jährige Heilpraktikerin aus. Im Gemeinderat der Stadt Schorndorf ist sie jetzt nicht mehr vertreten, seit vergangenem Jahr aber hat sie ein Mandat für die Grünen im Kreistag.
 


Im Gegensatz zu Petra Häffner ist Thomas Berger nach wie vor im Schorndorfer Stadtrat vertreten, allerdings für die SPD. Dagegen ist der 44-Jährige der einzige Kandidat der etablierten Parteien, der im Wahlkreis Schorndorf noch kein Mandat für den Landtag vorweisen kann. Berger ist in Stuttgart allerdings gut vernetzt. Der Leitende Polizeidirektor ist Stabschef im Innenministerium. Als Hobbys gibt er unter anderem „alle Sportarten mit Ball – außer Basketball“ an und verweist auf seine Größe von 1,72 Metern.

Jochen Haußmann geht laut Angaben des Kreisverbandes der FDP als „Spitzenkandidat des Liberalen Mittelstandes Baden-Württemberg“ in die Landtagswahl 2016. Zurzeit ist der 49-jährige Betriebswirt aus Kernen der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der insgesamt siebenköpfigen FDP im Landesparlament. Als Sprecher für Verkehr und Infrastruktur seiner Partei hat er sich zuletzt für einen behindertengerechten und barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe im Rems-Murr-Kreis eingesetzt. Neben seinem Mandat im Landtag hat Haußmann eines im Rems-Murr-Kreistag. Dort ist er der Fraktionschef seiner Partei. In ehrenamtlicher Funktion steht er dem Deutschen Harmonika-Verband vor.

Wahlkreis Backnang: Landtagspräsident als klarer Favorit

Wilfried Klenk, der amtierende Landtagspräsident ist im Wahlkreis Backnang als CDU-Kandidat für das Direktmandat natürlich gesetzt. Klenk hat seinen Sitz im Stuttgarter Landtag seit 2001 inne, und einer vierten Amtsperiode als Landtagsabgeordneter dürfte angesichts der Konstellationen im Heimatwahlkreis nichts entgegenstehen. Seine politische Karriere hat Klenk (Jahrgang 1959) im Jahr 1980 als Gemeinderat in seinem Heimatort Oppenweiler begonnen. Seit 1999 sitzt der Ehrenvorsitzende des Oppenweiler DRK-Ortsvereins auch im Kreistag des Rems-Murr-Kreises. Klenk, verheiratet, ein erwachsener Sohn, ist außerdem seit 2006 Mitglied im Vorstand der CDU-Landtagsfraktion und wurde Anfang Februar dieses Jahres zum Landtagspräsidenten gewählt.

Für die im Landtag zurzeit nicht vertretenen Grünen des Wahlkreises Backnang geht bei der Landtagswahl im kommenden Frühjahr der Diplom-Betriebswirt Götz Poppitz (44) ins Rennen. Der gebürtige Stuttgarter hat 1990 sein Abitur am Backnanger Max-Born-Gymnasium gemacht und anschließend an der Württembergischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie ein Diplom mit Fachrichtung Wirtschaftsinformatik erworben. Der ledige Prozess- und Systemdesigner ist seit 2010 Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen und sitzt seit 2011 in deren Kreisvorstand.
 


Der Diplom-Mathematiker Gernot Gruber ist im März 2011 erstmals für die SPD in den Landtag gewählt worden. Im Wahlkreis Backnang hat er damals 23,8 Prozent der Stimmen erreicht. Gruber ist seit 1982 SPD-Mitglied und seit dem Jahr 2000 deren Ortsvereinsvorsitzender in seiner Heimatstadt Backnang. Sein Mandat im Rems-Murr-Kreistag hat der seit 35 Jahren läuferisch aktive Leichtathlet erstmals im Jahr 2004 errungen. Im Kreistag ist der 52-Jährige Pressesprecher und Schriftführer der SPD-Fraktion. Im Landtag sitzt er unter anderem im Ausschuss für Umwelt, Energie und Klima sowie im Petitionsausschuss.

Für die FDP tritt bei der Landtagswahl im Wahlkreis Backnang die 62-jährige Mediatorin Dorothee Winter an. Die Backnanger Stadträtin und ehemalige Buchhändlerin hat nach dem 1976 abgeschlossenen Studium der Sozialpädagogik in Tübingen zwei Jahre lang Suchtkranke betreut. 1980 hat die Kandidatin der Liberalen in Backnang die Buchhandlung Schwanen gegründet und diese 2009 verkauft. Anschließend absolvierte sie eine Ausbildung zur Mediatorin für die Bereiche Wirtschaft, Erbschaft, Schule, Trennung und Scheidung und ist seit 2012 als Mediatorin tätig. Im Backnanger Gemeinderat sitzt die 62-Jährige seit 2009. Dorothee Winter ist außerdem Vorstandsmitglied des Fördervereins Techniksammlung in Backnang.