Russland blockiert die Häfen und die Dürre schädigt die Ernten. Die Warnungen vor einer Gefährdung der Ernährungssicherheit in Europa werden lauter.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Der Krieg in der Ukraine hat massive Auswirkung auf die Ernährung in der ganzen Welt. Besonders schwer wiegt die Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen. Die Folge ist, dass das Getreide nicht verschifft werden kann und Millionen Tonnen in Silos lagern. Bundesagrarminister Cem Özdemir geht nicht von einem schnellen Ende dieses Zustandes aus.

 

Derzeit gebe es zwar Verhandlungen in der Türkei um Getreideexporte, sagte der Grünen-Politiker am Montag in Brüssel am Rande eines Treffens mit seinen Amtskollegen der anderen EU-Staaten. Er glaube aber nicht, dass viel dabei herauskomme. Das hat, nach den Worten des deutschen Ministers, auch mit der fehlenden Glaubwürdigkeit des Kremls zu tun. „Wer an das Wort von Putin immer noch glaubt, der kann auch an den Weihnachtsmann oder an den Osterhasen glauben. Das ist ungefähr genauso seriös und genauso faktenbasiert“, sagte Özdemir in Brüssel über den russischen Präsidenten.

Folgen für die Bauern in Europa

Der Krieg in der Ukraine hat auch massive Auswirkungen auf die Landwirtschaft in der Europäischen Union. In Brüssel wurde deshalb einmal mehr über einen Gesetzesvorschlag gerungen, mit dem die EU-Kommission den Einsatz von Pestiziden in Europa bis 2030 halbieren will. Die Kritiker verweisen seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine immer wieder darauf, dass die Ernährungssicherheit in Europa gefährdet sei, sollte dieser Vorschlag tatsächlich umgesetzt werden.

„Einige sehen den Krieg als perfekte Ausrede, um beim Artenschutz auf die Bremse zu steigen“, erklärte Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans zuletzt immer wieder. Eigentlich war das Paket, das Teil der sogenannten Farm-to-Fork-Strategie ist, bereits für März angekündigt. Nach dem Beginn des Krieges wurde es allerdings immer wieder verschoben.

Europa kämpft gegen eine massive Dürre

Neben den Folgen des russischen Überfalls, rück ein weiteres Problem in den Fokus, das den Pestizid-Vorschlag aushebeln könnte. Rund die Hälfte des Gebiets der Europäischen Union ist nach Expertenangaben von Dürre bedroht. Für weitere elf Prozent des Gebiets gelte mangels Regen sogar bereits der Alarmzustand mit Folgen für Vegetation und Ernte. Die EU-Kommission veröffentlichte am Montag einen Bericht ihres Forschungszentrums zur Trockenheit im Juli. „Frankreich, Rumänien, Spanien, Portugal und Italien werden wahrscheinlich mit einem Rückgang der Ernteerträge zu kämpfen haben“, erklärten die Experten im Auftrag der EU-Kommission. Aber auch Deutschland, Polen, Ungarn, Slowenien und Kroatien seien „bis zu einem gewissen Grad betroffen“. Am stärksten ist die Trockenheit demnach im norditalienischen Po-Becken zu beobachten. Die Experten der EU sprechen in ihrem Bericht von einer „atemberaubenden“ Entwicklung.

Wenn die bis September prognostizierte Trockenheit anhalte, würden sich die Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die Wasserversorgung wie auch die Energiegewinnung durch Wasserkraftanlagen noch verschärfen.

Auch Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir zeigt sich besorgt. In Brüssel sagt er, Trockenheit, Starkregen und Ernteausfälle nicht mehr nur ein Problem des „globalen Südens“ seien, sondern inzwischen auch der Europäischen Union.