Die Entscheidung über den Verkauf der LBBW-Wohnungen ist offenbar gefallen: Die Landesbank will heute dem Unternehmen Patrizia den Zuschlag erteilen.

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart droht beim Zuschlag für die etwa 21 500 Wohnungen der LBBW Immobilien den Kürzeren zu ziehen. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) will sich Montag Abend mit dem Verkauf befassen. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung will Vorstandschef Hans-Jörg Vetter dem börsennotierten Augsburger Immobilienunternehmen Patrizia den Zuschlag erteilen. Der Kaufpreis soll bei etwa 1,3 Milliarden Euro liegen. Die Stadt Stuttgart ist zusammen der GWG Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau Baden-Württemberg, die zum genossenschaftlichen R+V-Konzern gehört, Teil des zweiten Bieters, der nach der ersten Auswahlrunde neben Patrizia übrig geblieben war. Trotzdem hofft das Konsortium offenbar, dass eine endgültige Entscheidung verhindert werden kann und stattdessen noch einmal über die Bedingungen, unter denen der Verkauf stattfindet, diskutiert wird.

 

Patrizia soll den Zuschlag bekommen

Das Konsortium bietet nach bisherigen Informationen weniger Geld als der Konkurrent aus Augsburg. Die LBBW verkauft die Wohnungen aufgrund einer Auflage der EU-Kommission. Brüssel hatte einen Verkauf bis Ende 2012 zur Bedingung für die Genehmigung umfangreicher Finanzhilfen durch die Eigentümer Land, Stadt und Sparkassenverband gemacht. Die EU-Kommission verlangt grundsätzlich bei angeordneten Verkäufen, dass der Zuschlag „diskriminierungsfrei“ erteilt wird. Dies wird so verstanden, dass der Interessent, der den höchsten Preis bietet, zum Zuge kommen muss. Vetter würde sich mit dem Zuschlag für Patrizia Diskussionen mit der EU-Kommission ersparen, zumal die Stadt Stuttgart eine Doppelrolle als Käufer der Wohnungen und als Miteigner der LBBW spielt. Mit 4000 Wohnungen liegt der Schwerpunkt der LBBW Immobilien in Stuttgart; weitere 1240 Wohnungen hat die LBBW-Tochter in Mannheim; der weitere Bestand ist über das Land verteilt. In den Wohnungen leben 60 000 Mieter.

Der Mieterschutz soll zu den zentralen Bedingungen gehören

Die LBBW hatte bei der Bekanntgabe des Verkaufs zugesagt, dass der Mieterschutz zu den zentralen Bedingungen bei dem Verkauf gehören werde. In Aussicht gestellt wurde ein „strafbewehrter Sozialkatalog“, der über den gesetzlichen Mieter- und Mitarbeiterschutz hinausgeht. Die verabschiedete Sozialcharta geriet jedoch schnell in die Kritik. „Die Sozialcharta schließt den Verkauf der LBBW-Immobilien an einen Wohnungshändler leider in keiner Weise aus und schützt die Mieter auch nicht hinreichend vor Verdrängung“, monierte zum Beispiel Rolf Gaßmann, Vorsitzender des Stuttgarter Mietervereins.

Das Konsortium geht bei seinem Angebot deutlich über die Sozialcharta hinaus. So soll es zum Beispiel einen verlängerten Mieterschutz geben, der Kündigungen wegen Eigenbedarfs in den nächsten 20 Jahren faktisch unmöglich macht. Gaßmann hat bereits Ende vorigen Jahres davor gewarnt, Patrizia den Zuschlag zu erteilen.