Schwimmen im Meer, in Seen und Flüssen ist gefährlich. Das weiß eigentlich jeder. Und doch haben DLRG-Rettungsschwimmer im vergangenen Jahr so viele Menschen aus dem Wasser geholt wie lange nicht.

Fieberhaft suchten Retter tagelang im Bodensee nach einem vermissten jungen Mann. Von seinem Tretboot aus war er ins Wasser gesprungen, seitdem fehlt von ihm jede Spur. Bei der Suche stets mit dabei: die Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Jahr für Jahr ist sie in etlichen Fällen erfolgreicher als nun am Bodensee. Insgesamt 185 Menschenleben haben sie im vergangenen Jahr in und an baden-württembergischen Gewässern gerettet, so viele wie in keinem anderen Bundesland. 1120 Menschen waren es bundesweit, wie die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft mit Sitz im niedersächsischen Bad Nenndorf am Donnerstag in Potsdam mitteilte. 

 

Das sind zwar mehr Gerettete als im Jahr zuvor. Es haben aber im selben Zeitraum auch deutlich mehr Menschen ihr Leben in und an Flüssen, Seen oder in Bädern verloren. Starben im Jahr 2022 noch 29 Menschen im Südwesten, so kam ein Jahr später für 43 jede Hilfe zu spät. Und auch die Suche nach dem jungen Mann im Bodensee mussten die Wasserretter am Mittwochabend aufgeben.

Landesweit mehr als 5100 Hilfeleistungen

Wenn auf dem Neckar in Tübingen ein voll besetzter Stocherkahn kentert, wenn ein Segelboot vor Langenargen auf dem Bodensee einen Notruf absetzt, einem Rentner beim Schwimmen die Kraft ausgeht oder das Risiko beim Baden am Rhein mal wieder unterschätzt wird - stets werden die Rettungsschwimmer der DLRG alarmiert. Insgesamt zählte die Organisation der Wasserrettung 2023 landesweit mehr als 5100 Hilfeleistungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Dazu zählen Rettungen oder die Suche nach vermissten Menschen, aber auch die Erste Hilfe abseits des Wassers. 

„DLRG-Arbeit, das ist mehr als nur aufs Wasser gucken“, sagt Ludwig Schulz vom badischen Verband. Da müssen sich die Rettungsschwimmer an den Stränden der Badeseen um betrunkene Jugendliche genauso kümmern wie um Herzinfarkte, Wunden durch Scherben oder um Insektenstiche. Und das bundesweit in mehr als 1200 Schwimmbädern sowie mehr als 1100 Freigewässern zwischen Mitte Mai und Mitte September. 

Und die Ansprüche an die Rettungsschwimmer steigen ebenso wie die Erwartungen. „Der Rhein ist sauberer als vor 20 Jahren und zieht mehr Menschen an“, sagt Schulz, außerdem lud der überaus heiße und sonnenreiche Sommer ‚23 zum Ausflug an den See ein. „Die Anfragen der Kommunen an die DLRG steigen, weil viele Baggerseen mittlerweile an der Schwelle zum Freibad sind“, sagt Schulz. Zudem nehme die Zahl der Stand-up-Paddler zu, die die Hitze auf dem Brett und die kühle Wassertemperatur bei einem Sturz unterschätzen. 

Nummer Eins in der deutschen Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung

Die DLRG, nach eigenen Angaben die größte Wasserrettungsorganisation der Welt, ist auch die Nummer Eins in der Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung in Deutschland. Die baden-württembergischen Lebensretter zählen etwas mehr als 8000 ehrenamtliche Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer (2022: 6090), die im vergangenen Jahr fast 229 000 Stunden Dienst in der Wasserrettung geleistet haben (2022: 209 000). Im selben Zeitraum stieg die Zahl der ehrenamtlichen Schwimmausbilderinnen und Schwimmausbilder um rund 200 von auf fast 7000.

„Zur Wahrheit gehört aber auch, dass etliche Schwimmbäder über Personalmangel klagen, zahlreiche Gewässer weiter unbewacht sind und die Freiwilligen inzwischen weniger Zeit für ihr Ehrenamt aufbringen können“, mahnte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Mindestens jede fünfte Grundschule könne mangels eines erreichbaren Schwimmbades keinen Schwimmunterricht anbieten. „Gut jedes zweite Bad ist sanierungsbedürftig. Da kann man sich leicht ausmalen, wie schnell das Problem noch größer werden kann“, sagte Vogt. 

Auch nach Angaben des württembergischen DLRG-Verbands mangelt es vor allem an Frei- oder Hallenbädern, in denen Schwimmkurse für Kinder und Jugendliche ebenso angeboten werden können wie Ausbildungen für künftige Wasserretter. Sorgen machen sich auch die badischen Ehrenamtlichen: „Wir fürchten, dass es sich früher oder später auswirken kann, wenn Kinder nicht richtig und sicher schwimmen können“, sagte Verbandssprecher Schulz.  

Keine Nachwuchssorgen beim DLRG

Nachwuchssorgen haben die DLRG-Verbände allerdings noch keine, denn im vergangenen Jahr wurden viele Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer ausgebildet. Beim Rettungsschwimmabzeichen in Silber gab es nach Verbandsangaben bundesweit 45 525 erfolgreiche Prüfungen, 2022 waren es 43 304. Damit hätten so viele Menschen die für die Badeaufsicht erforderliche Qualifikation erworben wie seit zehn Jahren nicht, betonte Vogt. Ein langjähriges Hoch gab es auch bei den Kindern, die mit dem Abzeichen Juniorretter in die Ausbildung zum Rettungsschwimmer einstiegen - es waren im vergangenen Jahr 8459. 

Bundesweit beendete der DLRG das Jahr 2023 wie schon das Vorjahr mit einem Höchststand bei den Mitgliederzahlen. 607 310 Mitgliedschaften standen zum Jahresabschluss in der Statistik, 4,7 Prozent mehr als 2022. Knapp die Hälfte von diesen (48 Prozent) sind Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre.