Die Polizei hat einen Mann gefasst, der verdächtigt wird, die auf dem Pragfriedhof in Stuttgart gefundene Frau umgebracht zu haben. Wie die 21-Jährige getötet wurde, wollen die Beamten aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bekannt geben.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Es ist sehr schnell gegangen: Am Donnerstagmorgen wurde eine getötete Frau auf dem Pragfriedhof gefunden, am Abend nahm die Polizei bereits einen Tatverdächtigen fest. Es handelt sich um einen 29-jährigen Bekannten der 21-jährigen Frau. „Schon bei einer ersten Befragung ergaben sich Verdachtsmomente gegen ihn“, teilt die Polizei mit. Der Mann sitzt nun in Untersuchungshaft. Der 29-Jährige, auf den die Beamten bei Ermittlungen im Umfeld des Opfers stießen, ist für die Polizei kein Unbekannter. Er war mehrmals auffällig geworden, unter anderem mit Gewaltdelikten. Er wurde in einer Wohnung in Stuttgart festgenommen, aber nicht bei sich zuhause. Der Tatverdächtige soll aus Stuttgart stammen.

 

Polizei und Staatsanwaltschaft gaben am Freitag auch das Ergebnis der Obduktion sowie weitere Erkenntnisse zur Tat bekannt. Die Gerichtsmediziner fanden Spuren mehrfacher Gewalteinwirkung. Genaue Angaben macht die Polizei aus Rücksicht auf die weiteren Ermittlungen nicht. Die Beamten stellten zudem fest, dass sich die Bluttat auf dem Friedhof ereignet haben muss, und zwar am Fundort hinter einer Hecke am Rande eines Fußweges.

Der Mann soll die ersten Anhaltspunkte, ihn genauer ins Visier zu nehmen, zu einem Zeitpunkt geliefert haben, als die Polizei noch keinen Verdacht gegen ihn hegte. Als ein Bekannter der Frau – aber nicht ihr fester Freund – sei er befragt worden. Wie alle Freunde, Bekannte und Verwandte habe man ihn zunächst nur als Zeugen vernommen, um herauszufinden, was das Mordopfer am letzten Tag seines Lebens, vor allem am Abend, gemacht hat. Bei dieser Zeugenbefragung soll er sich schon so verhalten haben, dass die Polizei genauer nachhakte. Die Beamten nahmen den Mann mit aufs Polizeipräsidium. Dort wurde er ausführlich befragt, und für die Ermittler machte er sich mit seinen Antworten verdächtig. Ein Richter setzte am Freitag den von der Staatsanwaltschaft beantragten Haftbefehl in Vollzug. Zu den Vorwürfen soll er sich nicht geäußert haben. Weitere Erkenntnisse könnte eine Analyse der DNA-Spuren am Tatort liefern.

Zum Tatmotiv sagt die Polizei noch nichts. „Die Kollegen ermitteln dazu noch“, sagte der Polizeisprecher Thomas Geiger. Bei der Obduktion der Toten am Freitag hätten sich keine Hinweise auf ein Sexualdelikt ergeben, fügte er hinzu. Das bedeutet, dass die 21-jährige Frau aus Degerloch nicht Opfer sexueller Gewalt wurde. Dass der Täter jedoch aus sexuellen Motiven zuschlug, es sich also um eine Beziehungs- oder Eifersuchtstat handeln könnte, ist damit aber nicht ausgeschlossen.

Die 21-Jährige war am Donnerstagmorgen auf dem Friedhof gefunden worden. Ein Passant sah sie hinter der Hecke neben einem Grab liegen. Die Fundstelle war vom Fußweg aus gut einzusehen. Die Frau war bereits tot. Wann in der Nacht sie ums Leben kam, hat die Polizei bisher noch nicht veröffentlicht. Der Passant meldete den Leichenfund gegen 9 Uhr. Die Polizei war zur Spurensuche bis gegen 15 Uhr auf dem Friedhof. Die Beamten suchten rund um den Fundort im Grabfeld 62 hinter dem Krematorium alles nach Spuren ab.

Die Ermittler hoffen nun, dass sie mit dem 29-jährigen Verdächtigen auch tatsächlich den Täter erwischt haben. Beim Fall der beiden im Schlossgarten in Koffern entdeckten Leichen im Sommer 2014 hatten sie nicht auf Anhieb Glück gehabt und zunächst den falschen Mann festgenommen. Damals hatte die Polizei intensiv im Umfeld der Mordopfer ermittelt und war dabei dem ersten Tatverdächtigen auf die Spur gekommen. Es stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass es sich bei ihm nicht um den Täter handeln konnte. Einige Tage später wurde dann der Mann gefasst, der das Paar umgebracht hatte. Er wurde im Frühjahr dieses Jahres am Ende eines Indizienprozesses am Landgericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Fall der getöteten 21-Jährigen ist nach 14 Monaten die erste Bluttat nach dem Koffermord in Stuttgart gewesen.