Er ist der Überflieger im DLV und die wohl einzige Goldhoffnung der deutschen Leichtathleten in Budapest. In Monaco steht nun der große Formtest an.

Speerwerfer Julian Weber vom USC Mainz hat bei den deutschen Meisterschaften in Kassel mit einer Weltklasseleistung von 88,72 Metern die Hoffnungen auf WM-Gold geweckt. „Das war megageil, Gänsehaut, Münchenfeeling“, sagte er abseits der brütenden Hitze und geriet ins Schwärmen. Mit seiner Siegesweite überholte er den indischen Olympiasieger Neeraj Chopra und liegt damit auf Rang zwei der Weltjahresbestenliste, 79 Zentimeter hinter dem Tschechen Jakub Vadlejch.

 

Total happy

„Den will ich mir natürlich auch noch schnappen“, sagt der gebürtige Mainzer und gibt sich angriffslustig. „Ich bin momentan total happy“, stellte ein in sich völlig ruhender Athlet fest, der nicht nur sportlich, sondern auch charakterlich in eine Vorbildrolle geschlüpft ist. „Deutscher Meister, das Triple, Saisonbestleistung und Zweiter weltweit, das wollte ich alles haben“, sagt er über seine Ansprüche. Heute Abend kommt es beim Diamond-League-Meeting in Monaco zum letzten Aufeinandertreffen der beiden derzeit weltbesten Speerwerfer: Vadlejch (89,51 Meter) gegen Weber (88,72).

Julian Weber, der ehemalige Handballer, hat eine steile Karriere hinter sich: 2014 deutscher U-23-Meister, 2016 bereits bei 88,04 Metern angekommen, zwei undankbare vierte Plätzen bei den Olympischen Spielen in Tokio (14 Zentimeter fehlten zur Bronzemedaille) und bei der WM in Eugene. Es folgte der Gewinn des EM-Titels in München („in einer unfassbaren Stimmung“). Damit überwand er das Image des Lucky Losers.

Weber steht in der Reihe herausragender deutscher Speerwerfer, zu der Olympiasieger Klaus Wolfermann, Ex-Weltrekordler Uwe Hohn (104,80 Meter mit dem alten Speer), die Weltmeister Detlef Michel und Matthias de Zordo sowie Johannes Vetter zählen. Der weltweit beste Speerwerfer dieser Zeit (97,97 Meter) wurde auf dem Weg zur 100-Meter-Schallmauer schon im vergangenen Jahr von einer gravierenden Verletzung ausgebremst. Doch noch ist Vetters WM-Start nicht ausgeschlossen. „Johannes ist ein krasser Typ, ich hoffe, dass er wieder gesund wird“, sagt Weber und zeigt Mitgefühl.

Auf Wolke sieben

Der Speerwerfer befindet sich derzeit auf Wolke sieben und pirscht sich jetzt an die 90 Meter heran. Sie sind die Eintrittsweite in die Hall of Fame des Speerwurfs, in der neben Vetter mit Olympiasieger Thomas Röhler (93,90), Raymund Hecht (92,60), Andreas Hofmann (92,06) und Boris Obergföll (90,44) fünf weitere Deutsche zu finden sind. Mit einer Technikveränderung ist er diesem Ziel bis auf 1,28 Meter näher gerückt. Mit einer Rotation des Oberkörpers will er den Beschleunigungsweg des Speers verlängern und so eine höhere Abwurfgeschwindigkeit erreichen. Weber will „nicht nur weit, sondern auch schön werfen“, sagt der Ästhet unter den Speerwerfern. „Laufen lassen, reinfliegen in den Speer, dann kommen die 90 Meter von selbst.“

Julian Weber ist inzwischen mit seiner Freundin nach Friedenau nahe Potsdam gezogen und bildet dort mit seinem Trainer Burkhard Looks eine erfolgreiches Gespann. „Ich bin derzeit so gut wie nie und bin im Training an meine Grenzen gegangen“, sagt Weber: „In Budapest will ich eine Medaille.“