Leni Breymaier hat den Verdi-Landesbezirk zu einer kampfstarken Bastion ausgebaut. Jetzt geht sie in ihre dritte Amtszeit. Und sie hat noch viel vor – nur nicht auf Verdi-Bundesebene.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Ulm - Das hältst du alles gar nicht mehr aus“, erregt sich Leni Breymaier über den Widerstand gegen den gesetzlichen Mindestlohn. „Kampagnen über Kampagnen.“ Das „Kanonenfeuer geht unvermindert weiter“, während die Gewerkschaften „Abwehr, Abwehr, Abwehr machen“. Es sind typische Breymaier-Sätze. So unverstellt reden nur wenige Gewerkschafter – wie es ihr gerade in den Sinn kommt. Und wie nur wenige Gewerkschafter hat sich die 54-Jährige über ihre Organisation hinaus einen Namen gemacht, auch weil sie sich immer wieder der Konfrontation mit den Politprofis in den Fernsehtalkshows stellt. Dies alles sei zwar „nicht richtig wichtig – aber ich finde, ich mache es richtig gut“, sagt sie und lacht wie so oft herzlich über ihre Selbstironie.

 

Breymaiers Reden haben für den eigenen Anhang oft einen hohen Unterhaltungswert. Dass sie mitzureißen versteht, bestätigt auch ihr Wahlergebnis in Ulm: 96,5 Prozent der 172 Delegierten wählen sie zum dritten Mal zur Landesbezirkschefin.

Bei jeder Wahl dieselben Schuhe

„Ich bin Stier und bockig ohne Ende“, beurteilt sie sich selbst. „Sie scheut keine Konflikte“, sagt Finanzminister Nils Schmid. Breymaier wisse sich Gehör zu verschaffen, das könne er „aus leidvoller Erfahrung“ bestätigen. Gemeinsam ringen der SPD-Landeschef und Breymaier als eine seiner Stellvertreterinnen auch mit den Grünen. „Sie steht ihre Frau“, sagt Schmid. Zudem führe sie mit ihrer Organisationsroutine die Debatten zum Ergebnis.

In Ulm trägt sie dieselben Schuhe wie bei ihren früheren wichtigen Verdi-Wahlen. Seit acht Jahren führt Breymaier den Landesbezirk, der sich zur kampfstarken Bastion entwickelt hat. Gleichwohl hat sie bisher keinerlei Ambitionen gezeigt, ein Amt auf Bundesebene zu übernehmen. Dies gilt weiterhin – unabhängig davon, dass der Vorsitzende Frank Bsirske auf dem Bundeskongress im Herbst selbst noch einmal kandidiert. „Der ist zwar ein Mann, darf es aber auch sein, denn er macht es gut“, sagt Breymaier mit Blick auf die große weibliche Präsenz in ihrer Bezirksführung.

Ein Jahr vor der Landtagswahl nutzen die Parteienvertreter die Konferenz zum Schaulaufen an der Verdi-Basis – allen voran der Finanzminister. Schmid listet all die Errungenschaften auf: neben dem Mindestlohn das Tariftreuegesetz, die Fachkräfteallianz, das Personalvertretungsrecht im öffentlichen Dienst, die Abschaffung der Studiengebühren und das kürzlich beschlossene Bildungszeitgesetz. „Baden-Württemberg hat sich bewegt und verändert“, zieht der Vize-Ministerpräsident Bilanz der bisherigen Legislaturperiode – verändert im Sinne der Gewerkschaften, so ist es gemeint. Die Gesandten der Konkurrenz wie Oliver Hildenbrand (Grüne) und Bernhard Strasdeit (Linke) haben da einen schweren Stand. Die frühere CDU-Sozialministerin Monika Stolz lobt die „vertretbare Lösung“ beim Mindestlohn, spricht sich aber für eine Nachjustierung der Dokumentationspflichten aus. „Wir müssen darauf achten, dass das Gesetz nicht zu einem Bürokratiemonster wird“, mahnt sie noch vor der Breymaier-Rede.

Doch Verdi hat weitere besondere Wünsche, diesmal verpackt in einem roten Osterei, das Landesvize Dagmar Schorsch-Brandt dem Finanzminister überreicht. So könnte am nächsten Wochenende in Potsdam der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst der Länder vereinbart werden. Daher enthält das Osterei nicht nur die Forderung nach einem „anständigen Kompromiss“ beim Lohn, sondern auch die Warnung vor Eingriffen ins Leistungsrecht der betrieblichen Altersversorgung.

Bloß kein Bürokratiemonster

Der Verhandlungsführer der Länder, Jens Bullerjahn, „macht es sehr gut und solide“, sagt Schmid, woraufhin er Protest erntet. Zur Übertragung der Tariferhöhung auf die Beamten vermeidet er lieber jeden Kommentar – dies auch im Bewusstsein, dass er darüber noch mit den Grünen ringen muss, die den Beamten eine Sparrunde verpassen wollen. Dass die Betriebsrente im öffentlichen Dienst finanziell auf stärkere Füße gestellt werden muss, ist aber nicht nur dem Finanzminister, sondern sogar Verdi-Chef Bsirske klar, wie dieser schon im kleinen Kreis verraten hat.

Nach 40-jährigem Kampf das Bildungszeitgesetz durchgesetzt zu haben, bezeichnet Breymaier als größten Erfolg der vergangenen Amtszeit. Nun sei es der Job von Verdi, das Gesetz mit Leben zu füllen und zur Fortbildung zu motivieren. Ihre schwerste Niederlage erlitt sie demzufolge 2012, als es nicht gelang, eine Transfergesellschaft für Schlecker auf den Weg zu bringen. 12 000 Frauen hätten wegen der FDP ihre Arbeit verloren. „Das vergessen wir nie“, grollt die Landeschefin. Dies hört sich keineswegs wie einer ihrer Scherze an.