Den Wäppner auf dem Marktbrunnen hat vor 450 Jahren der Bildhauer Leonhard Baumhauer geschaffen.

Leonberg - Majestätisch steht er auf seiner steinernen Säule mitten auf dem Brunnen auf dem von Fachwerkhäusern gesäumten Marktplatz – der Wäppner. Und das tut er pflichtbewusst und unverdrossen seit genau 450 Jahren. Jeder soll wissen, wer in der Stadt das Sagen hat, denn hier oben entgeht nichts seinem strengen Blick. Dafür hat er sogar das Visier am Helm seiner Prunkrüstung hochgeklappt, sodass auch sein aufwendig gehaltener Bart sichtbar wird.

 

Auf seinem Schild ist das von 1495 bis 1705 gültige gevierteilte Wappen der Herzöge von Württemberg zu sehen. Das zeigt im ersten Feld die Hirschstangen, im vierten Feld die Barben. Das zweite Feld ist diagonal von Gold und Schwarz gerautet, wobei es sich um das Wappen der ausgestorbenen Herzöge von Teck handelte. Die Reichssturmfahne im dritten Feld erinnerte daran, dass die Württemberger das Amt eines Reichsbannerträgers innehatten. Diese Würde, die mit dem Besitz von Markgröningen verbunden war, war Graf Ulrich III. im Jahr 1336 verliehen worden

Der Wäppner stammt aus dem Jahr 1566

Vor 450 Jahren, im Jahr 1566, hat der Tübinger Bildhauer Leonhard Baumhauer die Figur des Marktbrunnens, Leonbergs älteste Skulptur, geschaffen. Das geht aus einer Bürgermeisterrechnung von 1565/66 hervor. „Meister Leonhart Bomhawern genannt Bildhawern zu Tüwing(en) Von dem Wäpner zuhawen und zumachen für Speiß und Lon verdingt umb XXXV guld(en) tut 49 Pfd“. Entlohnt wurde der aus Schwäbisch Gmünd stammenden Bildhauer also mit 35 Gulden und 49 Pfennig.

Die Skulptur zeigt die Statue eines Mannes in Rüstung mit einem Wappenschild in der einen und einem Zepter in der anderen Hand. Auch noch in acht weiteren altwürttembergischen Städten steht auf dem Marktplatz ein Brunnen mit der Gestalt eines Geharnischten. Figuren in Reutlingen, Durlach, Pfullingen und Munderkingen stammen von Baumhauer. Die von Markgröningen hat der Leonberger Bildhauer Jeremias Schwartz (1550-1621) geschaffen. Dessen erstes Werk (1574) waren die vier Löwen am Kirchturm, aber seine Hauptwerke sind zweifelsohne die Epitaphien in der Stadtkirche. Diese wurden lange Zeit ebenfalls Leonhard Baumhauer zugeschrieben. Allerdings wird davon ausgegangen, dass    Schwartz ein Schüler von Baumhauer gewesen   sein könnte.

„Die Entstehung der Brunnenfigur hängt mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem großen Umbau des Leonberger Schlosses in den Jahren 1559 bis 1560 zusammen“, ist die Stadtarchivarin Bernadette Gramm überzeugt. Herzog Christoph von Württemberg (1515-1568), der von 1550 an regierte, hatte den Mittelteil des Schlosses neu gestalten lassen.

Wen verkörpert der Wäppner eigentlich?

Lange Zeit galt die Figur auch als die Darstellung des Herzogs. In der ersten Zusammenfassung der „Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich Württemberg“, die 1898 bei Paul Neff in Stuttgart erschienen war, hat der Zeichner G. Loesti, der im Oberamt Leonberg tätig war, „Herzog Christoph-Brunnen“ daneben geschrieben.

Doch wen verkörpert die Ritterfigur auf dem hohen Sockel? Der sogenannte Wäppner, zeitgenössisch auch als „Kürisser“ bezeichnet, verkörpert nicht die Person des jeweiligen regierenden   Herrschers, wie man lange Zeit vermutet hatte, sondern allgemein die herzogliche Regierungsgewalt. Deshalb ist auch das Wappen kombiniert mit dem der betreffenden Amtsstadt. Die rechte Hand umfasst meist einen Kommandostab oder eine Waffe.

Worum es sich bei der originalen Leonberger Figur handelt, weiß man nicht so richtig, denn die rechte Hand ist seit langer Zeit abgebrochen. Jetzt trägt die Figur auf dem Brunnen zwar ein Zepter, doch auf der Zeichnung von 1898 ist es eher ein Kommandostab, wie ihn auch der Wäppner auf dem Marktbrunnen von Markgröningen in seiner Rechten hält.

Warum der Brunnen als Standort so wichtig ist

Doch warum wurde der Brunnen als Standort ausgewählt? Brunnen dienten jahrtausendelang der Wasserversorgung von Mensch und Vieh und zum Feuerlöschen. Sie waren der Ort zum Sehen und Gesehen werden; am Brunnen begegnete man sich. Der Marktbrunnen wurde zudem gerne zur Präsentation des Selbstbewusstseins und der Macht genutzt. „Unser Brunnen ist deshalb auch ein sogenannter Herrscherbrunnen“, sagt die Leonberger Stadtarchivarin. Der aktuelle Brunnen ist von 1798. Das zeigt nicht nur die Stadtrechnung 1798/99, sondern auch die mehrfach aufgebrachte Jahreszahl 1798. Damals ließ man ein eisernes Becken im Eisenwerk Königsbronn herstellen, zuvor war es ein steinerner Brunnen gewesen.

Weil der Zahn der Zeit an der Brunnenfigur neben der fehlenden rechten Hand auch weitere Spuren hinterlassen hat, wurde die Originalskulptur 1975 vom Brunnen auf dem Leonberger Marktplatz entfernt. Der Winnender Steinmetz Martin Kirstein restaurierte die Figur und schuf eine Kopie aus Oberkirchner Sandstein – kein Abguss. Die Kopie wurde im März 1979 auf den Brunnen gesetzt, auch der Brunnenstock und die Säule mit Kapitell waren von Kirstein neu hergestellt worden.

Der Wäppner war im Eltinger Exil

Das restaurierte Original wurde im Jahr 1979 im Eltinger Rathaussaal aufgestellt. Böse Zungen behaupten, das sei nicht ohne kommunalpolitische Hintergedanken geschehen, die Leonberger hätten damit den Eltingern deutlich machen wollen, wer in der Stadt das Sagen hat. Das ist aber lediglich ein Gerücht.

Doch der Wäppner durfte aus seinem Eltinger Exil wieder heim. 1998 wurde die Figur in das zum Stadtjubiläum neu gestaltete Stadtmuseum im Alten Rathaus gebracht. Ein nicht gerade einfaches Unterfangen, denn die Figur wiegt an die 750 Kilogramm. Es musste ein spezieller Stahlkäfig gebaut werden, damit die Skulptur unbeschadet ihren luftigen Ausflug überstehen konnte. Doch hier weilte der Wäppner nicht lange: Er zog nach drei Jahren mit dem Stadtmuseum in die Pfarrstraße 1 um, wo er auch heute steht.

Im Jahr 2013 hat die Kopie auf dem Marktbrunnen wieder ein neues Zepter erhalten. Das vorherige war von Unbekannten zerstört und in Stücken hinter dem Alten Rathaus gefunden worden.