Die Lahrensmühle, Mitte des 14. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnt, bietet über die Pfingsttage ein weiteres Mal Kunst, Musik, Theater und Kabarett. Pfiffige Unterhaltung, seelenvolle Liebespoesie, surrealistisch-schräge, verfremdete und märchenhafte Bilder eines Leonberger Künstlers und die bewährte Kombination aus Jazz und Lyrik.

Leonberg - all das ist am langen Wochenende von Samstag, 18. Mai, bis Pfingstmontag, 20. Mai, in der Lahrensmühle im Glemstal an der Kreuzung der Gebersheimer Straße und „In der Au“ zu erleben.

 

„Flycicles“, mit Filzsift auf Drachenseide gemalte Fahrräder, schwungvoll verfremdete Motorräder, mit Kohle auf Sandpapier gemalt, eine „sechszylindrische Zeitmaschine“, die zwei schlangenhafte Füchse zeigt, die sich über einem Fliegenpilz und sechs ordentlich-grafisch angeordneten Maulwurfgängen an einem Birkenstamm hinunterringeln, aber auch von Aufenthalten in Madagaskar inspirierte Acrylbilder, die mit Anklängen an Aboriginie-Kunst einen Koboldmaki, Lemuren oder gleich den Papst als verschmitzt gespreizten Luxusvogel zeigen: Die Kunst von Marcus Dreisigacker ist so vielfältig wie seine Themen und Techniken es sind. Er hat schwarz-grau-weiße Aquarelle mit Tusche im Gepäck, die voller märchenhaft-skurriler Motivik schnell skizziert wirken, aber auch hintergründige „Kissenkunst“, die er am PC so weiterbearbeitet, dass die Ergebnisse wie farbenprächtig-sakrale Kirchenfenster wirken.

Fotos und Päpste

Dreisigacker lässt mit Hilfe von Fotoapparat und PC aus Alltagsobjekten wie etwa altdeutschen Spielkarten, schottischen Kilts oder Teilen von Zentralheizungen kleinformatige Arbeiten auf Aluminium entstehen, deren schlichter Ursprung im reizvollen Kontrast zum kunstvollen Endergebnis steht. Der gelernte Reprograf, 1969 in Stuttgart geboren, hat in Ditzingen und Höfingen die Grundschule besucht und als Teenager gemeinsam mit drei anderen Schülern in der Höfinger Volks- und Raiffeisenbank in einer ersten Ausstellung seine Höfingen-Motive gezeigt. Er hat einige Jahre in China gearbeitet und seine Arbeiten nicht nur dort und in Deutschland, sondern auch in Miami, Caracas, London, Paris und Amsterdam gezeigt. Jetzt lebt er in Weissach und ist dank der Galeristin Irmgard Heyd mit einem Querschnitt seiner Arbeiten der vergangenen 13 Jahre zurück in die alte Heimat gekommen. Seine Arbeiten können am 18. Mai zwischen 18 und 20 Uhr bei freiem Eintritt angeschaut werden, an den beiden folgenden Tagen zwischen 10 und 20 Uhr.

„Alles halb so wild“ heißt es am Samstag, 18. Mai, um 19 Uhr, wenn Heinrich del Core mit seinem „Best of der letzten Jahre“ die Bühne in der Lahrensmühle stürmt. Bei ihm treffen das mütterlicherseits erworbene Schwäbisch auf den vom italienischen Papa geerbten Italo-Charme, wenn er in seinem schlitzohrigen Programm aus dem Innenleben seiner Familie erzählt. Karten zu 14 Euro gibt es an der Abendkasse.

Freunde des lakonischen Meisters der Kurzgeschichte, Anton Tschechow, dürften am Sonntag, 19. Mai, auf ihre Kosten kommen, wenn von 19 Uhr an die Schauspieler Sibille Klepper und Otto Seitz sich unter dem Titel „Hund erwartet Mönchspriester“ in drei Szenen mit der Liebe des russischen Autoren und seiner Frau Olga Knipper befassen. „Die Medizin ist meine gesetzmäßige Frau“, hat der studierte Arzt einmal gesagt, während die Literatur seine Geliebte sei. Erst wenige Jahre vor seinem Tod hat er die Schauspielerin Olga Knipper kennengelernt. Das Paar war fünf Jahre verheiratet, hat jedoch wegen der Tuberkuloseerkrankung Tschechows fast immer getrennt leben müssen. So gibt es eine Unzahl von Briefen, aus denen Sibille Klepper, Otto Seitz und Regisseur Bernd Köhler die berührendsten ausgesucht haben.

Sibille Klepper hat schon als Achtklässlerin den Einakter „Bär“ von Tschechow einstudiert und während ihrer Theaterpädagogik-Ausbildung den Briefwechsel von Tschechow und Knipper für sich entdeckt – und dabei bemerkt, dass Knipper und sie selbst einiges verbindet: Beide waren sie Musikerinnen, die sich ihr Theaterstudium mit Musikstunden verdient haben. Besonders berührt haben die Schauspielerin Klepper der liebevolle Humor Tschechows und die Tatsache, dass Olga Knipper, die ihren Mann um 55 Jahre überlebt, aber nie wieder geheiratet hat, Briefe auch noch an ihren toten Mann weitergeschrieben hat. Der Eintritt kostet 12 Euro.

Den Kulturreigen beschließen wird mit Jazz und Lyrik das „Phon B Quartett“ am Montag, 20. Mai, mit Beginn um 18 Uhr. Bernd Settelmeyer an der Steeldrum, Kurt Holzkämpfer am Bass, Harald Schneider an Saxofon und Bassklarinette sowie Nicolas Schulze an Klavier und Akkordeon wollen Kinderlieder aus unterschiedlichsten Kulturkreisen interpretieren, indem sie sie in ein neues Licht rücken. Versprochen wird Musik für große Kinder auf einem jazzigen Abenteuerspielplatz. Der Eintritt zu dem von der Christian-Wagner-Gesellschaft veranstalteten Abend kostet 18/16 Euro.