Minister Hermann beim ADAC – und er kommt nicht einmal mit dem Fahrrad!

Leonberg - Alkohol, Drogen, zu schnelles Fahren und die Ablenkung durch das Handy sind die Hauptgründe, warum Fahranfänger zwischen 18 und 24 Jahren an deutlich mehr schweren Unfällen beteiligt sind, als alle anderen Verkehrsteilnehmer. Das Risiko von Fahranfängern, im Verkehr ums Leben zu kommen, ist doppelt so hoch wie bei anderen Autofahrern.

 

Grund genug für den ADAC, ein spezielles Trainingsprogramm für junge Menschen anzubieten. Der Startschuss fiel am Dienstag auf dem Verkehrsübungsplatz am Solitudering. Der grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann hat sich auf der Leonberger Anlage persönlich hinters Steuer gesetzt und dabei einiges gelernt.

„Ich fahre selbst nur selten“, sagt Hermann bevor er in den Testwagen steigt und den Motor startet. Mit knapp 50 Stundenkilometern fährt er auf eine sogenannte Schleuderplatte zu. Die Fahrbahn dahinter ist nass und glatt. Sein Auto bekommt beim Überqueren der Platte einen Schlag gegen die Hinterachse, der Wagen bricht aus, kommt ins Schleudern und dreht sich um die eigene Achse. „Das macht einen ordentlichen Krach“, sagt Hermann sichtlich erschrocken, „das war der erste Dreher, den ich je hatte.“ Es dauert ein Weile, bis der Verkehrsminister wieder losfährt.

„Beim zweiten Anlauf orientieren sie sich an dem Baum ganz da hinten, der genau in Fahrtrichtung am Ende der Bahn steht“, hilft Fahrtrainer Rainer Kreischer dem Grünen-Politiker. Hermann nimmt Fahrt auf. Erneut bekommt das Auto den Schlag von rechts. Doch diesmal lenkt der Verkehrsminister schnell gegen und behält auf glatter Fahrbahn die Kontrolle über den Wagen.

„Es geht bei diesem Training um zwei Dinge“, erklärt Fahrtrainer Kreischer, „zum einen sollen die jungen Leute ihre Autos einmal richtig kennen lernen.“ Auf dem Übungsplatz gibt es keinen Gegenverkehr und keine Fußgänger, Extremsituationen enden daher nicht mit einem schweren Unfall, sondern höchstens mit einem Ausrutscher auf die Wiese. „Zum anderen zeigen wir beim Training für die 18- bis 24-Jährigen, wie sehr beispielsweise das Schreiben einer SMS den Fahrer ablenkt.“

Jessica Schmucker ist eine der Teilnehmerinnen am ersten Sicherheitstraining am Solitudering. Den Pylonenslalom meistert die 20-jährige Gerlingerin ohne Probleme. Mit 40 Kilometern in der Stunde wirbelt ihr Kleinwagen mit quietschenden Reifen zwischen den orangefarbenen Hütchen hindurch – alle bleiben stehen. „Jetzt zückst du dein Handy und schreibst folgende SMS“, sagt Fahrtrainer Kreischer: „Hallo Mama, ich bin gerade beim ADAC, schöne Grüße aus Leonberg.“

Bei dieser zweiten Fahrt bleibt kaum eines der Hütchen an Ort und Stelle. Jessica hat Schwierigkeiten, ihren Wagen auf der Strecke zu halten. Es knallt immer wieder, als die 20-Jährige die Hütchen mit der Stoßstange in hohem Bogen auf die Wiese neben der Fahrbahn befördert. Die SMS, die Jessica Schmucker ihrer Mutter senden wollte, hat sie nicht abgeschickt. „Ich habe während der Slalomfahrt nur wenige Buchstaben tippen können“, sagt sie, „ich war zu sehr mit Lenken beschäftigt.“

„Wir wollen den Jugendlichen hier nicht beibringen, wie sie beim Fahren am besten eine Kurznachricht schreiben“, erklärt Rainer Kreischer, „die Übungen sollen den Teilnehmern klarmachen, dass der Verkehr ihre ganze Aufmerksamkeit fordert.“

Von April an bietet der ADAC sein speziell auf junge Autofahrer zugeschnittenes Trainingsprogramm bundesweit auf 40 Anlagen an. „Durch dieses Training werden viele Unfälle verhindert und einige Leben gerettet“, ist sich Verkehrsminister Hermann sicher. „Denn im Moment stammt noch jeder vierte Verkehrstote im Land aus der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen.“

Nach seiner erfolgreichen Trainingsfahrt steigt Winfried Hermann aus dem Testauto und startet seinen Dienstwagen. Im Gegensatz zum Wagen, mit dem der Verkehrsminister den Schleudertest auf nasser Fahrbahn absolviert hatte, ist der Motor seines Fahrzeugs allerdings kaum zu hören. Denn der grüne Verkehrsminister ist mit einem Elektroauto zur ehemaligen Rennstrecke am Solitudering gekommen.