Nach jahrelangen Diskussionen wird am Gleis 1 eine Fertigbau-Anlage aufgestellt. Dafür bezahlen die Stadtwerke als Betreiberin rund 145 000 Euro.

Leonberg - Wer demnächst mit dem Zug in Leonberg ankommt, der soll direkt die Schönheiten der Altstadt sehen. Nein, es wird kein neuer Aussichtspunkt installiert, um den Blick aus dem Tal in Richtung Stadtkirche zu verbessern. Dafür wird aber die künftige Bahnhofstoilette mit einer überdimensionalen Postkarte verziert, auf der vom Marktplatz bis zum Engelberg-Turm die Attraktionen des historischen Leonbergs dargestellt sind.

 

Die aufmerksame Leserschaft ahnt, dass hinter dieser zweifelsfrei guten Nachricht eine weitere – noch bessere – Botschaft steckt: Nämlich jene, dass der Bahnhof überhaupt eine Toilette bekommt. Zur Zeit werden am Hausbahnsteig zwischen Gleis 1 und Bussteig 1 die Gründungsarbeiten vorgenommen und die Abwasser- und Frischwasserleitungen verlegt. Ende Juni soll die Anlage stehen.

Kein WC ist keine Lösung

Wie bei vielen Leonberger Themen war auch hier der Weg zum Ziel lang und mit etlichen Umwegen versehen. Wobei die Stadt für das Ursprungsproblem nichts kann. Denn schon seit Jahrzehnten betreibt die Bahn in kleineren und mittleren Stationen keine Toiletten mehr. Seither wird in Leonberg darüber nachgedacht, wie Reisenden, die ein dringendes Bedürfnis haben, geholfen werden kann. Ein regionaler Knotenpunkt ganz ohne WC, so viel stand für die Kommunalpolitiker fest, kann keine Dauerlösung sein.

Die Nutzung der Toilette in der Bahnhofsgaststätte war vom Tisch, als dort das Rauchen erlaubt wurde. Vorübergehend an den Fahrradplätzen abgestellte Dixie-Klos stießen bei den Menschen auf großen Unmut. Ein Plan für ein WC im Bahnhofsgebäude selbst zerschlug sich.

Im März des vergangenen Jahres schlugen die Stadtwerke als potenzielle Betreiberin im Gemeinderat eine Fertigbau-Anlage am Bahnsteig 1 vor. Von dort aus können sowohl Züge als auch Busse schnell erreicht werden. Die ausgewählte Firma Hering Sanikonzept aus dem Sauerland sei in der Branche anerkannt und auf vielen Bahnhöfen präsent.

Allein die Kosten schmeckten den Kommunalpolitikern nicht: 175 000 Euro sollte das Häusle mit WC und Urinal kosten. Das geht auch günstiger, meinte seinerzeit die CDU-Fraktionsvorsitzende Elke Staubach. Der Erste Bürgermeister und Stadtwerke-Chef Ulrich Vonderheid (CDU) appellierte an das Qualitätsbewusstsein der Stadträte. Hier wisse man, woran man sei. Auch die Deutsche Bahn sei mit den Sauerländern zufrieden. Eine Aussage, die ein Bahnsprecher bestätigte. Was nicht bedeute, dass das Transportunternehmen auf diese Firma bestehe.

Jetzt ohne Selbstreinigung

Im September endlich die Einigung: Die Firma Hering Sanikonzept schob ein abgespecktes Angebot nach. So wird unter anderem auf einen Babywickeltisch und eine Hightech- Selbstreinigungsanlage verzichtet. Allein die hätte fast 30 000 Euro gekostet. Stattdessen wird das knapp sechs Meter lange stille Örtchen nun täglich von Hand gereinigt, was 1200 Euro im Monat kostet, die in der Investitionssumme nicht drin sind. Das WC ist für Frauen und Männer gleichermaßen und kostet pro Benutzung 50 Cent. Die werden am Automat bezahlt. Nur das Urinal ist kostenlos. Behinderte zahlen gar nichts.

Die Stadtwerke schultern die Gesamtkosten von jetzt 145 000 Euro. Die Fläche stellt die Bahn kostenlos. Die Außenverzierung macht die Stadt in Eigenregie.