Landrat Bernhard warnt vor zu schnellen Lockerungen und hält die Maskenpflicht für richtig. Klinikverbund-Chef Noetzel mahnt, andere Gebrechen nicht zu vernachlässigen.

Kreis Böblingen - Es hätte schlimmer kommen könnten – das war der Tenor der aktuellen Ausführungen des Landrates im Rahmen einer Telefonpressekonferenz. Immer donnerstags bittet Roland Bernhard die Journalisten ans Rohr, um Neuigkeiten rund um den Kampf gegen Corona zu verkünden. Die einzelnen Themen im Überblick:

 

Das Notkrankenhaus

Spektakulär war der Plan, den Bernhard am Gründonnerstag verkündet hatte: Aus der Sindelfinger Messehalle sollte ein Notkrankenhaus mit bis zu 400 Betten werden. Doch schon eine Woche später hielt er die Wahrscheinlichkeit, dass solch eine Klinik benötigt wird, für lediglich zehn Prozent. Jetzt das vorläufige Aus.

Das Landessozialministerium will das Projekt finanziell nicht unterstützen. Also wird es erst einmal auf Eis gelegt. „Die Pläne sind aber nur in der Schublade“, betont Bernard. Sollte die Lage ernster werden, könne man auf die Messehallen weiterhin zurückgreifen.

Die medizinische Situation

Doch danach sieht es momentan nicht aus. 27 positiv getestete Patienten liegen in den vier Krankenhäusern des Landkreises, berichtet Jörg Noetzel. Elf davon müssen beatmet werden. „Damit haben die Zahlen einen Tiefststand seit vier Wochen erreicht“, erklärt der Medizinische Geschäftsführer des Klinikverbundes. Der Gesamtstand im Kreis am Mittwoch: 1342 Infizierte, 748 Genesene und 35 Gestorbene seit dem Auftreten des Virus.

Insgesamt sind in den Kliniken in Leonberg, Sindelfingen, Böblingen und Herrenberg 40 der 63 Intensivbetten belegt. Das hält der Chef des Klinikverbundes auch für richtig: „Schließlich gibt es ja noch andere Krankheiten, für die ebenso Intensivkapazitäten benötigt werden.“

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Genau hier macht sich Jörg Noetzel Sorgen: „Wir haben 25 Prozent weniger Infarktbehandlungen.“ Dass dies der tatsächlichen Situation entspricht, kann er sich kaum vorstellen. Noetzel vermutet eher, dass viele Kranke sich nicht in die Klinik trauen. Dazu gebe es keinerlei Grund: „Unsere Sicherheitsstandards sind sehr hoch.“ Ungeachtet dessen soll die Zahl der Intensivbetten mit Beatmung auf 100 erhöht werden.

Dass die Zahlen vergleichsweise gut sind, sei auch der Tatsache zu verdanken, dass die Menschen „sich klug und besonnen verhalten“ würden. Der Landrat lobte explizit, dass das Leo-Center bei der weitgehenden Wiedereröffnung „nicht überflutet“ wurde. Inhaltlich folgt Bernhard dem Tenor, den die Bundeskanzlerin in den vergangenen beiden Tagen vorgegeben hat. Man dürfe das Erreichte jetzt nicht wieder durch vorzeitige Lockerungen verspielen. Ebenso hält es Bernhard für richtig, dass das Land die Maskenpflicht für Busse und Bahnen und für den Einzelhandel eingeführt habe.

Die Schutzausrüstung

Inzwischen hat der Landkreis kräftig in Schutzkleidung investiert. Rund 100 000 Schutzmasken, 115 000 Operationsmasken und rund 1500 Schutzkittel hat das Landratsamt gekauft. Versorgt würden die Menschen nach einer Prioritätenliste: Zunächst würden die Mitarbeiter der Grundversorgung von Wasser und Strom und die Feuerwehren mit der Schutzkleidung versorgt, dann die medizinischen und sozialen Einrichtungen. Die Schulen hätten ebenfalls nach Masken für Lehrer und Schüler angefragt, doch hier sieht sich der Kreis nicht in der Pflicht, das sei die Aufgabe des Landes, das für den Schulbetrieb zuständig sei, betont Roland Bernhard.

Eine Maskenpflicht gibt es künftig auch in den Wertstoffhöfen des Kreises, einfach deswegen, weil sie zur Zeit über Gebühr genutzt würden und dort eher ältere Menschen arbeiteten.

Als weitere Vorsichtsmaßnahme lässt das Landratsamt zur Zeit sämtliche 49 Seniorenresidenzen des Kreises testen. Eine Herkulesarbeit, bedenkt man, dass man dafür nicht nur 3000 Senioren testen musste, sondern auch das Pflegepersonal.

Die Kreispolitik

Von diesen 49 Altenheimen sind zur Zeit 23 ohne einen einzigen Covid-19-Fall, bei elf Einrichtungen sind weniger als zehn Personen krank. Lediglich im Samariterstift in Leonberg und im Bürgerheim in Weil der Stadt lag die Zahl der Infizierten bei 52 beziehungsweise 36. Von 13 Heimen gibt es noch keine Ergebnisse. Dabei ärgert es den Landrat, dass die Kassen diese Kosten bislang nicht übernehmen.

Auch die Kreispolitik findet langsam aus der Krise heraus. Vom 4. Mai an werden die Ausschüsse zusammen kommen, wobei die Kreisräte in den Gängen eine Schutzmaske tragen sollen, in den Sitzungen müssen die Räte sich dann mit dem gebotenen Sicherheitsabstand platzieren.