Bei der Blütenwanderung in der Feinau sind große Frostschäden an den Obstbäumen zu sehen. Die Weinlagen hat es besonders hart getroffen.

Leonberg - Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung an diesem wunderschönen sonnigen Tag in der Feinau. Rund 100 Interessierte der Blütenwanderung des Obst-, Garten- und Weinbauvereins spazieren bei warmen Temperaturen gemeinsam mit Landrat Roland Bernhard, Bürgermeister Klaus Brenner und dem Obstbauberater Manfred Nuber durch die Landschaft. Am Wegesrand blühen Gänseblümchen und Schlüsselblumen. Zahlreiche Apfelbäume stehen in voller Blüte. Überall fliegen Hummeln und Bienen. Alle Apfelbäume, die ab jetzt blühen, haben gute Chancen für einen reichen Ertrag.

 

Schaut man allerdings genauer hin, so zeigt sich, dass es schlimmer nicht hätte kommen können. Der starke Frost Mitte April hat die Blüten von Kirschen, Zwetschgen, Birnen, Walnussbäumen und den frühen Apfelsorten fast vollständig vernichtet. „Alle zu dem Zeitpunkt bereits offenen Blüten, aber auch alle im Ballonstadium, also kurz bevor sich die Blüte öffnet, sind abgestorben“, erklärt Manfred Nuber. Er öffnet zum Beweis eine Blüte und zeigt den braunen Fruchtknoten. „Allerdings wären zu der Zeit wohl auch nur wenige der Blüten überhaupt bestäubt worden, denn Bienen wagen sich erst ab mindestens zwölf Grad aus ihrem Bau“, erklärt Nuber, der selbst auch Imker ist.

Mitte Mai stehen die Eisheiligen an

Die Bienen waren auf die außergewöhnlich warmen Märztage und die dadurch bedingte frühe Blüte nicht vorbereitet. Die Völker sind zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht entwickelt. Erst in den letzten zehn Tagen sind die Bienen geschlüpft und fliegen jetzt aus.

Nur die Hummeln sorgen an den noch kalten Frühlingstagen für eine erste Bestäubung. „Sie haben keinen Honigvorrat wie die Bienen“, erklärt der Fachmann, „und müssen ihr Winterquartier schon ab Temperaturen von fünf Grad verlassen.“

Immerhin genügt es, wenn bei einem Apfelbaum fünf bis zehn Prozent der Blüten befruchtet werden. Der Rest ist Reserve für weitere Risiken eines Baumes: Die Eisheiligen stehen Mitte Mai vor der Tür, im Jahresverlauf kann es zu Hagelschäden kommen, und es gibt viele Schädlinge.

Der Landrat hofft noch auf eine halbwegs gute Ernte

Gerade als Manfred Nuber vor einem Birnenbaum steht, seilt sich direkt vor seiner Nase ein kleiner grüner Frostspanner ab. Dieser hat sich in diesem Jahr extrem vermehrt, was die Lage noch weiter verschlechtert: Er macht sich jetzt über die noch verbliebenen Blätter und Blüten her.

Doch Landrat Roland Bernhard hat dank der spätblühenden Sorten die Hoffnung auf eine halbwegs gute Apfelernte noch nicht aufgegeben. Schließlich will er wieder rund 400 000 Liter Kreisapfelsaft produzieren: „Wir werden jetzt gezielt zusätzliche Obstlieferanten suchen, damit wir die Menge halten können.“

Es sieht nicht gut aus für die Weinreben in ganz Leben

Auf einer Streuobstwiese unterhalb der Weinberge freut sich der Landrat besonders, dass hier junge Obstbäume nachgepflanzt wurden: „Ein Apfelbaum hat eine Lebenserwartung von bis zu 100 Jahren. Viele wurden um den Zweiten Weltkrieg gepflanzt und überaltern jetzt. Deshalb ist eine gute Altersdurchmischung wichtig.“

Mit rund 120 000 Hektar hat Baden-Württemberg die größten Streuobstbestände in Deutschland, die aber zu 75 Prozent schlecht gepflegt sind. Um hier Abhilfe zu schaffen, bildet der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft verstärkt Fachwarte aus. Allein beim OGWV Eltingen-Leonberg gibt es sieben ausgebildete Fachwarte und drei Fachwartinnen.

Für die rund vier Hektar Weinreben in ganz Leonberg sehen die Aussichten nicht gut aus. Je nach Lage und Sorte sind zwischen 50 und 80 Prozent der Austriebe betroffen. Beim frühen Kerner ist fast alles kaputt, für den Spätburgunder gibt es noch Chancen. „Man muss abwarten, wie sich alles entwickelt“, sagt der OGWV-Vorsitzende Albert Kaspari. „Abgerechnet wird letztlich erst bei der Weinlese im Oktober“.