Der Flüchtlingsstrom ebbt nicht ab. Bald komme der Kreis Böblingen an seine Aufnahmegrenzen, warnt das Landratsamt. Leonberg muss in diesem Jahr 32 Flüchtlinge aufnehmen, deren Asylantrag bewilligt wurde oder die geduldet werden.

Leonberg - Der Bereichsleiter für die Unterbringung von Asylbewerbern im Kreis Böblingen schlägt Alarm. „Gegenwärtig kommen monatlich 35 bis 50 neue Flüchtlinge zu uns. Das sind so viele wie sonst in den Wintermonaten“, sagt Jochen Hirneise vom Landratsamt. Wenn der Zustrom weiter anhalte, seien die Aufnahmekapazitäten in den Unterkünften im Kreis spätestens in drei Monaten erschöpft. Bis Jahresende wolle man die Wohnplätze auf 600 erhöhen.

 

Allein Leonberg muss in diesem Jahr 32 Menschen neu aufnehmen, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen ist. Bei einem Teil wurde der Asylantrag bewilligt. Der übrige Teil ist geduldet oder besitzt eine Aufenthaltsbefugnis, weil in das Herkunftsland nicht abgeschoben wird.

16 Menschen hat die Stadt bereits aufgenommen. „Das ist schon hart an der Grenze“, sagt Jürgen Rein vom Sozialen Dienst. Untergebracht werden diese Menschen in Unterkünften für Wohnungslose. „Wir haben dahin gehend aber massive Probleme auf dem hiesigen Wohnungsmarkt“, sagt Rein.

Entlastung soll eine neue Containerunterkunft am Rande der Gartenstadt bringen. Der Gemeinderat hat die Anlage mit Einzelzimmern Ende Juni beschlossen – gegen den Widerstand von Teilen der Nachbarschaft.

92 Plätze im März geschaffen

Erst im vergangenen März war eine neue Flüchtlingsunterkunft mit 92 Plätzen in der Sindelfinger Straße in Böblingen in Betrieb genommen worden. Der Umbau und die Renovierung des kreiseigenen, ehemaligen Zollhauses hatte 1,7 Millionen Euro gekostet. Zusammen mit den anderen Wohnheimen im Kreis können nun 464 Ankömmlinge aufgenommen werden. 370 der Plätze seien zurzeit belegt – Tendenz weiter rapide steigend, so Jochen Hirneise.

Und auch die Ausgaben schnellen in die Höhe. Das Land zahlt für jeden Asylbewerber zwar eine Pauschale von 10 500 Euro, jedoch unabhängig davon, wie lange ein Asylverfahren dauert. Oft reicht die Summe pro Person nicht aus. Zudem muss der Kreis die Kosten für die Unterkünfte samt Hausmeistergehältern selbst tragen. Im vergangenen Jahr schlugen allein dafür 430 000 Euro zu Buche, dieses Jahr wird mit Kosten von 700 000 Euro gerechnet.

Zudem erhalten die Menschen seit dem vergangenen Oktober für ihren Lebensunterhalt mehr Geld. Zuvor verfügten sie für ihre Einkäufe von Lebensmitteln und ihre persönlichen Bedürfnisse im Monat über ein Budget von 225 Euro. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind die Zuwendungen auf 374 Euro monatlich erhöht worden. Diese Erhöhung führte 2012 zu Mehrkosten in Höhe von rund 200 000. Denn auch Klinikaufenthalte und Operationen müssen bezahlt werden. Wie hoch die Kosten in diesem Jahr dafür sind, ist zurzeit noch völlig ungewiss.

7900 Flüchtlinge im Jahr 2012

Im vergangenen Jahr hat das Land 7900 Flüchtlinge aufgenommen, so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. In diesem Jahr könnten es weit mehr als 11 000 werden. Dem Kreis Böblingen werden davon 3,56 Prozent zugewiesen. Laut Bereichsleiter Hirneise kommen viele aus den Krisengebieten Syrien, Afghanistan, Iran und Irak, einige aus Osteuropa, Mazedonien, Serbien und dem Kosovo. gig/ulo/slo