Eine neue Ausstellung im Stadtmuseum befasst sich mit bedeutenden Astronominnen.

Leonberg - Genau dort, wo Johannes Kepler vor mehr als 400 Jahren fleißig Latein gepaukt hat, residiert aktuell die weibliche Konkurrenz: Ein ausgewählter Teil der Wanderausstellung „Astronominnen, die nach den Sternen greifen“ ist in der historischen Leonberger Lateinschule, dem heutigen Stadtmuseum, noch bis zum 24. Juli zu sehen.

 

Wissenschaftlerinnen von der Antike bis heute stellen sich vor, auch die Forscherinnen aus vergangenen Epochen kommen in fiktiven Interviews selbst zu Wort. Sie erzählen aus ihrem Leben, von ihrer Arbeit und den Stolpersteinen, die sie als Naturwissenschaftlerinnen zu bewältigen hatten. Dabei steht außer Frage, dass diese Frauen bahnbrechende Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zu verzeichnen haben. Sie haben Kometen entdeckt, Kalender erstellt, Sonnenfinsternisse berechnet. Sie lehrten Mathematik, Astronomie, Philosophie und Mechanik und entwarfen astronomische Tabellen, mit denen auch heute noch die Bahnen der Planeten bestimmt werden können. Und riskierten dabei, geächtet, verspottet oder gar ermordet zu werden.

Astronominnen haben viel geleistet

In der Ausstellung, die vom Frauenmuseum in Bonn konzipiert worden ist, erfährt der Besucher Genaueres über das Leben und die Leistungen der Astronominnen bis heute. Zum Beispiel über Hypatia von Alexandria. Sie lebte 400 nach Christi und gilt als erste Wissenschaftlerin nach heutigem Verständnis überhaupt. Sie lehrte unter anderem Mathematik und Astronomie und erfand ein einfaches Astrolabium zur Bestimmung von Stern- und Sonnenpositionen. Oder über Maria Cunitz, im 17. Jahrhundert eine bekannte Astronomin und Verfasserin astronomischer Tabellen, mit denen auf besonders schnelle Weise die Bewegung der Planeten für die vergangenen, heutigen und zukünftigen Zeiten bestimmt werden können.

Über die Wissenschaftlerin Marquise du Châtelet – sie starb 1749 – schrieb ihr langjähriger Freund Voltaire an Friedrich den Großen: „Sie war ein großer Mann, mit dem einzigen Makel, eine Frau gewesen zu sein. Eine Frau, die Newton übersetzte und deutete . . . mit anderen Worten, ein wirklich großer Mann.“ Henrietta Swan Leavitt entdeckte 1912 die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung und legte damit den Grundstein für die Erkenntnis, dass es weitere Galaxien gibt. Als sie 1924 für den Physik-Nobelpreis vorgeschlagen wurde, musste die Schwedische Akademie feststellen, dass Leavitt schon drei Jahre zuvor verstorben war.

Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war das höchste Lob, das Frauen zuteil wurde, sie hätten einen „männlichen Verstand“. Carolin Liefke kann darüber nur schmunzeln. Die Astrophysikerin ist eine von weltweit etwa 2000 Astronominnen und führte in die Ausstellung ein. „Shoemaker-Levi 9“, sagt sie und lacht, „damit hat es bei mir begonnen.“ Als Bruchstücke des Kometen 1994 auf dem Jupiter einschlugen und sie die Bilder sah, war die damals 13-Jährige fasziniert. Zwei Jahre später hatte sie ihr eigenes Teleskop.

Ihre Profession hat sie durch die ganze Welt geführt, nach Schottland, Chile, in die USA. Heute ist sie im Heidelberger Haus der Astronomie für die Aus- und Fortbildung von angehenden Lehrern, die Entwicklung didaktischer Materialien oder die Betreuung von Schülerforschungsprojekten und Praktika zuständig.

„Viel Feind, viel Ehr“

Über die „leibhaftige“ Fortsetzung der Biografien im obersten Stock des Stadtmuseums freuen sich die Kulturamtsleiterin Christina Ossowski und die Leiterin des Stadtmuseums Kristin Koch-Konz ganz besonders. Doch auch heute noch haben es Frauen in der Wissenschaft schwer: „Viel Feind, viel Ehr, sagt man“, lässt sich die 2007 verstorbene Astronomin Waltraut Carola Seitter, die erste Frau in Deutschland, die auf einen astronomischen Lehrstuhl berufen wurde, im fiktiven Interview vernehmen, „mit weniger Ehre hätte ich mehr Arbeiten zu einem guten Ende bringen können.“