Wer im Leonberger Zentrum tatsächlich mal schneller als 30 fahren kann, riskiert einen Knollen. Das Ordnungsamt freut sich.

Leonberg - Kurz vor den ohnehin hektischen Adventswochen geht der Blutdruck von so manchem Autofahrer seit Mittwoch noch höher. Denn in Teilen der Leonberger Innenstadt gilt jetzt Tempo 30. Wer zwischen der nördlichen Stadteinfahrt an der Feuerbacher Straße und dem Rathaus unterwegs ist, muss also schauen, dass er nicht auf einmal 37 oder gar 48 fährt.

 

Gefühltes Schritttempo

Das ist doch in dieser Ecke eh kaum möglich, könnte man angesichts der täglichen Blechlawinen einwenden, die sich durch die zentrale Durchgangsstraße quälen. In der Tat sind Fußgänger oft schneller, wenn sie vom Leo-Center zum Marktplatz gehen, als jene, die für diese Strecke das Auto wählen. Aber interpretiert man die zahlreichen wie erbosten Leser richtig, die sich jetzt bei unserer Zeitung melden, so halten sie die Dreißiger-Begrenzung auf der Leonberger Hauptachse schon für Schilda-verdächtig. Denn wenn man zwischendurch mal die Chance hat, ein paar Meter voranzukommen, dann darf man es nicht. Beziehungsweise nur im gefühlten Schritttempo.

Rumpelnde Lastwagenkolonnen

Gewiss: Die Geschwindigkeitsbegrenzung dient dem Lärmschutz. Und der ist auch mehr als nötig längs der Grabenstraße und der Eltinger Straße. Doch steht zu befürchten, dass die langsamen Autos das Leid der Anwohner nicht lindern werden, solange immer noch Lastwagenkolonnen ungehindert durchs Zentrum rumpeln und testosterongesteuerte Halbstarke ihre nächtlichen Autorennen veranstalten; und denen dabei herzlich egal ist, ob da ein Tempo 30-Schild steht oder nicht. Das einzige, das den Menschen in der Innenstadt wirklich hilft, sind weniger Autos. Sei es durch eine Umfahrung oder einen völlig neu organisierten Verkehr. Wenngleich die ersten Ansätze erkennbar sind – die meisten von uns werden eine wirklich verkehrsberuhigte Innenstadt wohl kaum erleben. Solange werden die Autoschlangen sich weiter durchs Zentrum quälen, meistens langsamer als mit 30. Der Grundlärm, die Abgase, das Halten und Wiederanfahren wird aber bleiben.

Mehr Einnahmen durch Strafzettel

Wenigstens die Stadt kann sich freuen: Die Einnahmen an Strafzetteln für Temposünder wird spürbar ansteigen. Vielleicht ist dann ja sogar noch eine weitere Stelle im Ordnungsamt drin, damit die gewaltige Menge an Bußgeldbescheiden bewältigt werden kann. Einen halben zusätzlichen Posten gibt’s ja schon wegen der acht Radarfallen, die im neuen Jahr kommen. Vielleicht tröstet das ja den einen oder anderen Tempo-43-Fahrer, wenn er zur Kasse gebeten wird: Geschwindigkeitsübertretungen schaffen Arbeitsplätze!

Sie merken, geneigte Leserschaft, die Formulierungen sind spitz und mit Augenzwinkern verfasst. Doch die Befürchtung, die viele Menschen jetzt bei uns äußern, dass Tempo 30 die Situation nur verschlimmbessert, die Belastungen aber bleiben, ist nicht völlig von der Hand zu weisen. Und deshalb schreiben wir drüber.