Zu ihrem jüngsten Forschungsaufenthalt ist Elba del Carmen Valderrama mit einigen Dutzend Handys gestartet. Die wichtigsten Tools: ein Touchdisplay, ein Malprogramm, Videofunktion und Bluetooth, um die Geräte miteinander zu vernetzen. Bewusst hat sie keine Lernsoftware installiert und keine teuren Geräte verwendet. Schließlich geht es um Alltagstauglichkeit. Verteilt wurden die Geräte unter Fünf- und Sechsklässlern einer Schule in Panama Stadt und einer abgelegenen Dorfschule in der Provinz Coclé am Golf von Panama. Sie gab den Lehrern und Schülern eine Einführung und beobachtete, was geschah.

 

Ein Junge sitzt unter einem Baum, ein Handy in der Hand, ein Englisch-Lehrbuch auf den Knien. Aus dem Handy ertönt die Stimme seines Lehrers, er liest den englischen Text aus dem Lehrbuch vor. Der Junge lauscht konzentriert. Dann spitzt er seine Lippen und ahmt den Lehrer nach. Schließlich nimmt er seine Stimme ebenfalls auf und spielt die Aufnahme abwechselnd mit der Stimme des Lehrers ab. Der Junge scheint seine Umgebung vergessen zu haben: den Bolzplatz, die anderen Kinder, die sich zwischen den Mauern mit der abgeblätterten Farbe ähnliche Ecken gesucht haben. Unter jenem Baum auf einem panamesischen Pausenhof ist ein Sprachlabor entstanden.

Szenen wie diese haben auch Elba del Carmen Valderrama überrascht: „Die Lehrer und die Schüler waren unglaublich kreativ.“ Ein Lehrer hat ein Arbeitsblatt fotografiert und via Bluetooth an die Schüler übertragen. Diese haben mit dem Malprogramm die Aufgaben ausgefüllt und an den Lehrer zurückgeschickt, so dass er sie korrigieren konnte. Die teuren Kopien entfielen.

In Europa würde niemand so viel Aufwand betreiben

Unzählige Lernvideos haben die Schüler gedreht und sich gegenseitig vorgeführt. In Biologie haben sie Pflanzen gefilmt, beschrieben und identifiziert, in Spanisch ein Theaterstück aufgenommen und in Politik eine Talkshow zum Thema Globalisierung produziert. „Das Lernen hat ihnen richtig Spaß gemacht“, sagt Elba del Carmen Valderrama. Wenn sie die Videos anschaut, setzt sie ihren analytischen Blick auf. Der sagt einerseits: In Europa würde niemand so einen Aufwand betreiben. Dieser Blick sagt aber auch: Warum beschreiben die deutschen Grundschüler eine Blume, indem sie diese auf Karopapier aufmalen? Warum drehen sie keine Videofilme? Schreiben keine Blogs im Internet und schicken sich die Bilder ihrer Blumen per Mail? Warum nutzen deutsche Lehrer die technischen Möglichkeiten so wenig?

Elba del Carmen Valderrama ist keine verschrobene Informatikerin. Sie lacht gern und herzlich, und sie erzählt begeistert und mit reicher Gestik von ihrer Arbeit. „Was nutzt der Welt? Das ist doch der Ausgangspunkt!“ Nach ihrem Studium in Panama hätte sie in einer Bank arbeiten können. Das war der quirligen jungen Frau zu wenig. Sie will etwas bewegen. Deshalb hat sie einen Masterabschluss in Aachen gemacht und promoviert jetzt dank eines Stipendiums der panamesischen Regierung. Sie will die Zeit in Europa nutzen, um ihr Heimatland voranzubringen. Das Thema muss etwas mit Bildung zu tun haben. „Ich habe Lehrergene im Blut“, sagt sie ernst und erzählt von ihrer Cousine, die als Lehrerin in den Bergen Panamas nicht nur einige Stunden Busfahrt zurücklegt, sondern am Ende noch zwei Stunden zu Fuß gehen muss, um ihr Klassenzimmer zu erreichen. Panamesische Lehrergene scheinen auf Ausdauer und Entschlossenheit programmiert zu sein.

Von ihrer ersten Forschungsreise brachte Elba del Carmen Valderrama viele Zahlen mit. In den ländlichen Gebieten haben knapp 15 Prozent der Schüler und Lehrer Zugang zu Computern mit Internet, rund elf Prozent nutzen sie ohne Webanschluss. Handys dagegen nutzen fast 98 Prozent aller Lehrer und 80 Prozent der Schüler.

Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern haben Mobiltelefone eine enorme Bedeutung. Oft gibt es dort keine andere Möglichkeit, Kontakt zu halten zur Tante, die am anderen Ende der stets überschwemmten Straße wohnt. Sich über die aktuellen Preise für das Gemüse zu informieren, das man auf dem Markt verkaufen möchte. Oder Geld zu überweisen: zehn Millionen Kenianer wickeln Bankgeschäfte via SMS ab. „Man kann sich im Westen nicht vorstellen, welche Rolle Mobiltelefone in solchen Ländern spielen“, sagt Elba del Carmen Valderrama.

Wenn sie vom Schulunterricht in Panama erzählt, klingt das nach Schichtarbeit. Räume und Lehrer sind knapp. Deshalb werden sie optimal ausgelastet. Lehrer der ländlichen Schulen arbeiten drei Wochen am Stück, um dann eine Woche frei zu haben. Sonst würde sich die weite Anreise nicht lohnen. An vielen Schulen kommt ein Teil der Schüler morgens von 7 bis 12 Uhr, der andere Teil von 12.30 Uhr bis 17.30 Uhr. Alle Räume sind immer belegt. Und weil die Wände so dünn sind, klingt es im Klassenzimmer wie am Bahnhof einer deutschen Großstadt.

Der Pausenhof wird zum Sprachlabor

Zu ihrem jüngsten Forschungsaufenthalt ist Elba del Carmen Valderrama mit einigen Dutzend Handys gestartet. Die wichtigsten Tools: ein Touchdisplay, ein Malprogramm, Videofunktion und Bluetooth, um die Geräte miteinander zu vernetzen. Bewusst hat sie keine Lernsoftware installiert und keine teuren Geräte verwendet. Schließlich geht es um Alltagstauglichkeit. Verteilt wurden die Geräte unter Fünf- und Sechsklässlern einer Schule in Panama Stadt und einer abgelegenen Dorfschule in der Provinz Coclé am Golf von Panama. Sie gab den Lehrern und Schülern eine Einführung und beobachtete, was geschah.

Ein Junge sitzt unter einem Baum, ein Handy in der Hand, ein Englisch-Lehrbuch auf den Knien. Aus dem Handy ertönt die Stimme seines Lehrers, er liest den englischen Text aus dem Lehrbuch vor. Der Junge lauscht konzentriert. Dann spitzt er seine Lippen und ahmt den Lehrer nach. Schließlich nimmt er seine Stimme ebenfalls auf und spielt die Aufnahme abwechselnd mit der Stimme des Lehrers ab. Der Junge scheint seine Umgebung vergessen zu haben: den Bolzplatz, die anderen Kinder, die sich zwischen den Mauern mit der abgeblätterten Farbe ähnliche Ecken gesucht haben. Unter jenem Baum auf einem panamesischen Pausenhof ist ein Sprachlabor entstanden.

Szenen wie diese haben auch Elba del Carmen Valderrama überrascht: „Die Lehrer und die Schüler waren unglaublich kreativ.“ Ein Lehrer hat ein Arbeitsblatt fotografiert und via Bluetooth an die Schüler übertragen. Diese haben mit dem Malprogramm die Aufgaben ausgefüllt und an den Lehrer zurückgeschickt, so dass er sie korrigieren konnte. Die teuren Kopien entfielen.

In Europa würde niemand so viel Aufwand betreiben

Unzählige Lernvideos haben die Schüler gedreht und sich gegenseitig vorgeführt. In Biologie haben sie Pflanzen gefilmt, beschrieben und identifiziert, in Spanisch ein Theaterstück aufgenommen und in Politik eine Talkshow zum Thema Globalisierung produziert. „Das Lernen hat ihnen richtig Spaß gemacht“, sagt Elba del Carmen Valderrama. Wenn sie die Videos anschaut, setzt sie ihren analytischen Blick auf. Der sagt einerseits: In Europa würde niemand so einen Aufwand betreiben. Dieser Blick sagt aber auch: Warum beschreiben die deutschen Grundschüler eine Blume, indem sie diese auf Karopapier aufmalen? Warum drehen sie keine Videofilme? Schreiben keine Blogs im Internet und schicken sich die Bilder ihrer Blumen per Mail? Warum nutzen deutsche Lehrer die technischen Möglichkeiten so wenig?

Die panamesischen Lehrer haben ihr gesagt, dass sie am liebsten immer mit Handys im Unterricht arbeiten würden. Die Schüler seien so begeistert gewesen, viele hätten nach der Schule zu Hause weitergelernt, die Videos vom Unterricht angeschaut und das Gerät erforscht. „Wir müssen uns gut fortbilden“, meinte ein Lehrer beim Abschied, „sonst wissen die Kinder bald mehr als wir.“

Wenn Elba del Carmen Valderrama im nächsten Jahr zurück nach Panama geht, will sie ein Projekt beim Ministerium beantragen: Wie können abgelegene Schulen Handys nutzen? Auch die Kinder, die nicht zur Schule gehen oder in deren Nähe es keine weiterführenden Schulen gibt, würden davon profitieren. „Das Bildungsministerium könnte ihnen MMS mit Unterrichtseinheiten zuschicken, ein Lehrer telefonisch Fragen beantworten“, sagt Elba del Carmen Valderrama. Eine Art Fernstudium. Denn viele panamesische Schulschwänzer wollen lernen, müssen aber arbeiten. Auch das ist in Deutschland anders.