Anselm Pahnke will die Zeit zwischen zwei Studiengängen überbrücken und radelt los. Aus geplanten drei Wochen werden drei Jahre, denn als Afrika durchquert ist, biegt er östlich ab und radelt weiter durch Asien bis nach Australien. Am 25. Februar ist er in Stuttgart und berichtet von seinen Abenteuern.

Afrika von Süd nach Nord durchgeradelt, 414 Tage im Sattel, dabei 15 000 Kilometer und 15 Länder hinter sich gelassen. Immer mit dabei: Die Kamera, die Zeuge der großen Reise wird, in der es nicht um das Ankommen geht, sondern um den Weg dorthin. Aus dem Material wird einer der erfolgreichsten deutschen Dokumentarfilme. „Anderswo. Allein Afrika“ läuft zum Beispiel in der 3Sat-Mediathek oder auf Netflix.

 

Allein die Tour durch Afrika war 414 Tage lang. Wissen Sie noch, wie viele Pannen, wie viele Platten Sie da hatten?

Ja, und zwar ganz genau, denn ich habe eine Strichliste geführt. 22 Platten hatte ich. Und zwar immer in der Wüste, wenn es viele Sträucher mit Dornen gab. Dort hatte ich manchmal alle zehn, zwanzig Kilometer ein Problem. Aber dann gab es auch Strecken von 5000 Kilometern ohne einen Platten.

Im Grunde war ja geplant, die Zeit zwischen den Studiengängen zu überbrücken. Dieses Vorhaben wurde zu einem extra Lebensabschnitt, der jetzt sogar den beruflichen Weg geebnet hat, nicht wahr?

Ja, ich habe Geophysik studiert. Also in der Theorie. Und unterwegs wurde aus der Theorie plötzlich die Praxis. Mit Wüsten, Vulkanen und so weiter. Da hatte ich dann das echte Leben. Aber was sich als viel spannender entpuppte, war, mich selbst zu entdecken. Und natürlich die Menschen, auf die ich getroffen bin. Anfangs legt man bei so einer Reise den Schwerpunkt auf Zahlen und Daten. Später sind dann Gefühle und Eindrücke in den Vordergrund gerückt. So hat das für mich einen ganz anderen Lebensinhalt bekommen.

Was lernt man denn über sich selbst, wenn man wochenlang alleine unterwegs ist und durch Wüste oder Dschungel radelt. Kann man davon etwas im späteren Leben einsetzen?

Anfangs habe ich die Wüste überhaupt nicht ertragen. Diese Stille, nur mit sich selbst alleine, keinerlei Ablenkung. Man ist da ganz alleine mit seinen Ängsten und Sorgen. Das ist im Prinzip der ehrlichste Spiegel, den man vorgehalten bekommt. Und dabei ist die Freundschaft zu mir selbst gewachsen. Ich habe dadurch meine eigene Identität kennenlernen dürfen. In der Wüste, in der man jeden Tag sterben kann, habe ich das Lebendig sein spüren gelernt. Und nach der Kalahari war die Sahara die zweite Wüste, durch die ich hindurch musste. Da hab ich mich dann schon richtig drauf gefreut.

Mit einer einfachen Kamera für keine 300 Euro haben Sie dabei einen der erfolgreichsten deutschen Dokumentarfilme gedreht. Dabei war das anfangs gar nicht geplant, oder?

Bereits in jungen Jahren habe ich angefangen, intensiv mit der Filmkamera zu experimentieren. Aber auf meiner Tour durch Afrika hat die Kamera eine ganz andere Rolle gespielt. Immer, wenn es brenzlig wurde, habe ich die Kamera laufenlassen und ihr von meinem Leben erzählt. Das ist so ähnlich gewesen wie Tom Hanks in dem Film ‚Castaway‘, der in einem angeschwemmten Volleyball einen Partner gefunden hatte, dem er alles erzählt hat. Mir hat jemand unterwegs gezeigt, wie ich den Dynamo am Rad umbauen kann und so habe ich die Batterien laden können. Und das ganze Material lag ja dann noch mal drei Jahre, weil ich da ja in Asien und Australien unterwegs war. Bis über einen glücklichen Zufall ein Profi-Cutter das Material gesehen hat und das Potenzial erkannte. So wurde ich dann zum Film-Produzent.

Was man in diesem Film gut verfolgen kann, ist, wie Sie nur mit dem nötigsten Material unterwegs waren. Was sind unterwegs die wichtigsten Dinge?

Zunächst einmal das Geld. Ich hab mir mein Essen immer gekauft. Ich wollte mich nicht einladen lassen. Ich habe etwa sechs Euro pro Tag gebraucht, jeden Abend gekocht und dabei gleich doppelte Portionen. Für den nächsten Tag. Mit meinem Lieblingstool, einem Benzinkocher, den man überall auftanken kann. Dann ist eine Kopflampe sehr nützlich, weil man Licht hat und dabei die Hände frei waren. Und klar, mein Fahrrad und eine gute Isomatte. Mein Luxusgegenstand war ein aufblasbares Kopfkissen. Ich finde, auch bei solch anspruchsvollen Touren braucht man einen Luxusgegenstand. Was ich auch sehr nützlich fand, war keine Pläne zu haben. Die beste Vorbereitung ist: keine. Man ist dann wachsam, immer im Moment.

Springen wir von Afrika in die Gegenwart. Sie hatten diesen Sommer in den Alpen beim Gleitschirmfliegen einen schweren Unfall, der über 20 Knochenbrüche verursachte. Wie geht es Ihnen heute?

Die Ärztin, die mit dem Rettungshubschrauber angeflogen kam, hat mir einen weisen Spruch mitgegeben. Ich solle nicht nachdenken, wie das passiert ist, oder wie ich es hätte vermeiden können, sondern ich solle alle Energie und Aufmerksamkeit in den Heilungsprozess stecken. Und das hab ich gemacht. Mit Erfolg. Ich habe mich viel schneller erholt und konnte auch schneller wieder laufen, als die Ärzte es für möglich gehalten haben. Diese Erfahrung hat mich demütig gemacht. Durch tiefen Glauben an mich selbst und an die Kraft der Selbstheilung konnte ich viel aus eigener Kraft erreichen.

Nachdem Sie nun fast wieder komplett hergestellt sind, haben Sie schon wieder neue Abenteuer geplant. Wo soll es denn hingehen?

Im April, Mai geht es wieder los, mit dem Fahrrad natürlich. Ich will gemeinsam mit meinem besten Freund nach Südamerika, zu den höchsten Vulkanen der Welt. Wir wollen mit dem Gravel-Bike die Atacama-Wüste durchqueren und dann durch Argentinien radeln.

Info: Die Live-Foto- und Film-Show „Anderswo. Allein in Afrika“ von Anselm Pahnke findet am Sonntag, 25. Februar, von 10.30 Uhr an im Lindenmuseum Stuttgart statt. Tickets gibt es bei www.traumundabenteuer.com.

Zur Person

Anselm Pahnke
Er hat in Hamburg Geophysik und Ozeanografie studiert. Einen Tag nach seinem Bachelor-Abschluss begann er seine Fahrradreise in Südafrika. Aus dem Impuls, drei Wochen zu reisen, wurden drei Jahre. Die Erlebnisse prägten ihn nachhaltig. Heute arbeitet der Extrem-Abenteurer als Buchautor und Keynote-Speaker. Pahnke lebt in Freiburg, widmet sich dem Wohn- und Kulturprojekt Kirnhalden und der Entwicklung von Tiny Houses.