Nach Stuttgart will die türkische Autorin Ebru Nihan Celkan jetzt auch Ludwigsburg kennenlernen. Die 40-Jährige ist die neue Stadtschreiberin in der Barockstadt. Ihr bevorzugtes Fortbewegungsmittel: das Rad.

Ludwigsburg - Die Stadt Ludwigsburg sei „gut geplant, gut organisiert aber nicht organisch“, während ihr die Menschen offen und gastfreundlich begegneten, meint Ebru Nihan Celkan. Alles zusammen gute Voraussetzungen für das Vorhaben der in Istanbul lebenden Autorin: Sie will drei Monate lang die Stadt und den Alltag ihrer Bürger studieren. Ebru Nihan Celkan ist die neue Ludwigsburger Stadtschreiberin. Die Ergebnisse ihrer Recherchen will sie bei den Literaturtagen im Oktober vorstellen.

 

Nun ist Ludwigsburg nicht gerade als Fahrradstadt bekannt, dennoch hat die türkische Schriftstellerin gerade dieses Verkehrsmittel ausgesucht: Damit werde sie in den nächsten Wochen auf Recherchefahrt gehen. Schon bisher sei die 40-Jährige ständig mit dem Rad unterwegs gewesen, sagt Jakob Freese vom städtischen Fachbereich Kunst und Kultur. Obwohl sie erst am 15. Mai die Ludwigsburger Stadtschreiberwohnung in der Karlskaserne bezogen hat.

2001 Stipendiatin der Akademie Schloss Solitude

„Obwohl Ludwigsburg so nahe an Stuttgart liegt, ist es doch ganz anders“, sagt Ebru Nihan Celkan, die sich schon häufiger in der Region aufgehalten hat. Zum einen war sie 2001 Stipendiatin der Akademie Schloss Solitude, zum anderen wurde ihr Stück „Last Park Standing“ am Schauspiel Stuttgart uraufgeführt. Aktuell arbeitet sie an einer Neuproduktion am Berliner Gorki-Theater, weshalb sie auch nicht drei Monate am Stück in Ludwigsburg sein wird. Ebru Nihan Celkan ist nach Rike Scheffler die zweite Autorin, die den Titel einer Ludwigsburger Stadtschreiberin trägt (Scheffler war 2018 in der Stadt). „Wir möchten das im Zweijahresturnus hinbekommen“, sagte Jochen Raithel, der Leiter des Kunstzentrums Karlskaserne. Allerdings sei es diesmal nur dank der Wüstenrot-Stiftung gelungen, welche die gesamten Kosten übernommen habe, sagte Freese.

„Ihre Fiktionen sind faktenbasiert und gehen direkt und genau ins Herz der aktuellen gesellschaftlichen Problematiken“, befand die sechsköpfige Jury, der unter anderem Elisabeth Schweeger (Direktorin der Akademie für Darstellende Kunst) und Roland Kamzalek (stellvertretender Direktor des Deutschen Literaturarchivs in Marbach) angehören. Er finde gar nicht genügend Worte, um sagen zu können, wie sehr er sich freue, dass man nach den langen Wochen des Totalstillstands wegen Corona „endlich wieder künstlerisch denken kann“, sagte Jochen Raithel.

Ihr BEtätigungsfeld sind die Machtstrukturen in autokratischen Staaten

In ihren Arbeiten beschäftigt sich die in der türkischen Stadt Adana geborene Autorin, Dramatikerin und Schauspielerin mit den Machtstrukturen in autokratischen Staaten. Ihr besonderes Augenmerk gilt den Minderheiten. Zu den Themen Geschlechtergerechtigkeit und Diversität leitet sie Workshops und lehrt dazu an verschiedenen Universitäten.

„Der Blick von außen auf unsere Stadt ist uns wichtig“, sagt Raithel. Was genau die Autorin zum Abschluss ihres Ludwigsburgaufenthaltes präsentieren wird, ist noch offen. Sehr wahrscheinlich werde es verschiedene Formen geben, sagt sie. Etwas Literaririsches, aber auch etwas, was den Sound der Stadt einfange.