Der Journalist und Buchautor Franz Alt setzt sich auch mit 79 Jahren nicht zur Ruhe. Am Sonntag bekommt er den Löwenherz-Preis.

Leonberg - Franz Alt erhält am Sonntag in der Leonberger Stadthalle den Löwenpreis der Hilfsorganisation Human Projects für sein Buch „Kommt endlich zur Vernunft – nie wieder Krieg“. Im Interview erzählt er, wie er mit dem Stiftungsgründer Karsten Enz in Kontakt gekommen ist und was ihn heute bewegt.

 
Herr Alt, wie sind Sie als renommierter Journalist in Kontakt mit einer Stiftung in Leonberg gekommen?
Ich halte weltweit zahlreiche Vorträge. Nach einem von diesen hat sich Karsten Enz bei mir gemeldet und von seiner Stiftung und seinem Preis erzählt, und dass ihm mein Buch „Kommt endlich zur Vernunft – nie wieder Krieg“ gefallen hat, das ich zusammen mit Michail Gorbatschow geschrieben habe. So einen Preis nehme ich gerne entgegen, zumal ich mit Gorbatschow und dem ebenfalls ausgezeichneten Eugen Drewermann gut befreundet bin.
Sie haben mit Karsten Enz vor einigen Wochen den Leonberger Löwen an Gorbatschow überreicht. Das war wahrscheinlich wie ein Wiedersehen unter alten Freunden?
Ich kenne Gorbatschow schon sehr lange und habe ihn im vergangenen Jahr wegen unseres Buches schon besucht. Es war sehr kalt damals – passend zum politischen Klima. Gorbatschow war der erste, der die Botschaft der Bergpredigt begriffen hat und erkannt hat, was Feindesliebe in Zeiten nuklearer Bedrohung bedeutet. Es bedeutet nämlich nicht: Lass dir alles bieten, sondern sei in einer Zeit, in der man alles vernichten kann, klüger als dein Feind. Trump, Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un machen gerade dieselben Fehler wie in den 80er Jahren. In so einer Situation ist es gut, Gorbatschow mit einem Preis auszuzeichnen und seine Botschaft wieder in Erinnerung zu rufen.
Wie hat er auf den Preis reagiert?
Ich glaube, er hat ihm gut getan und er war psychisch wichtig für Gorbatschow. Es war zwar nur ein kleiner Kreis von 30 bis 40 Leuten, aber Karsten Enz und seine Partnerin haben das sehr gut gemacht. Gorbatschow ist einer der meistgehassten Menschen in Russland, und er kriegt heute noch jeden Tag Morddrohungen.
Sie sind jetzt 79 Jahre alt. Womit beschäftigen Sie sich heute?
Ich schreibe sehr viel. Ich habe in diesem Jahr drei Bücher geschrieben, für das nächste Jahr sind drei weitere geplant. Als Journalist ist man ja nie im Urlaub. Ich verfolge das Zeitgeschehen und mische mich ein, wo ich kann. Ich berate Regierungen und Konzerne zu den Themen Energiewende, Umwelt und Frieden. Das sind die Überlebensfragen unserer Menschheit.
Die meisten Menschen kennen Sie als Journalisten, Buchautor und Redner. Nicht so bekannt ist, dass Sie auch zaubern . . .
(lacht) Ja, mit der Zauberei habe ich mein Studium finanziert. Während der Zeit habe ich rund 1000 Auftritte gehabt. Jetzt sind es vielleicht noch ein bis zwei im Jahr. Meist werde ich nach einer Tages-Veranstaltung gefragt, ob ich am Abend nicht noch ein bisschen zaubern kann.
Sie gelten als streitbarer Geist, der Konflikte mit Politikern und seinem Sender nicht gescheut hat. Würden Sie heute etwas anders machen oder sind Sie mit sich im Reinen?
Mit allem im Reinen bin ich nicht. Aber ich hatte im Leben viele Möglichkeiten, um umzudenken. Darum geht es auch in meinem neuen Buch „Wenn Leben gelingt – eine Anleitung zum Glücklichsein“: Es ist kein Fehler, wenn wir Fehler machen. Wir müssen nur aus den Fehlern lernen. Es gibt immer eine Alternative. Alles, was der Mensch falsch gemacht hat – sei es bei der Energiewende, sei es beim Thema Abrüstung –, kann der Mensch auch wieder korrigieren und richtig machen. Mein Erweckungserlebnis war die Begegnung mit dem Leiter der Aufräumarbeiten nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Als ehemaliger Leiter des Reaktors war er ein glühender Verfechter von Atomkraftwerken und hat zwei Generationen von Studenten dort untergebracht. Bei den Aufräumarbeiten wurde er verstrahlt und bekam von seinem Arzt die Prognose, dass er noch fünf Jahre zu leben habe. In dieser Zeit ist er um die Welt gereist und hat vor Atomkraftwerken gewarnt. In Sachen Umdenken war dieser Mann mein Lehrer.