Lohnkonflikt bei Alb-Gold Krach im Reich der Nudeln

Alb-Gold rühmt sich seiner großen Innovationsfreude in der Nudelherstellung. Foto: Alb-Gold

Der Trochtelfinger Nudelhersteller Alb-Gold steht in der Kritik, weil bei seinem sächsischen Ableger gravierend schlechter bezahlt wird. Nun appelliert die Belegschaft in Riesa an die Eigentümerfamilie, den Kompromiss zu suchen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Trochtelfingen - In beschaulicher Umgebung auf der Schwäbischen Alb hat sich der Trochtelfinger Nudelhersteller Alb-Gold zu einem „Vorzeigeunternehmen der Lebensmittelindustrie“ entwickelt. Doch ganz so mustergültig, wie sich der Familienbetrieb selbst sieht, geht es derzeit nicht zu.

 

Vielmehr macht die Gewerkschaft Nahrung–Genuss–Gaststätten (NGG) Druck, damit bei dem sächsischen Ableger Teigwaren Riesa die Lohndifferenz bei Facharbeitern ausgeglichen wird. Sie beträgt laut Olaf Klenke vom NGG-Landesbezirk Ost durchschnittlich mehr als 700 Euro im Monat gegenüber dem Tarifvertrag westdeutscher Nudelproduzenten. Etwa 80 Prozent der Beschäftigten erhalten den Angaben zufolge einen Stundenlohn von höchstens 13 Euro. Die unterste Tarifgruppe liege mit 9,94 Euro knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn.

Zeitgleiche Aktionen in Riesa und Trochtelfingen

Die Fronten sind verhärtet. Mehrfach haben die rund 150 Mitarbeiter in Riesa gestreikt, doch lehnt die dortige Geschäftsführung Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft bisher ab. Aus diesem Grund wurden am Donnerstag weitere Zeichen gesetzt: In Riesa fand eine Solidaritätsaktion statt, zeitgleich wurde die Belegschaft in Trochtelfingen mit Flugblättern informiert.

Geführt wird Alb-Gold von Irmgard Freidler und ihren zwei Söhnen. Die Belegschaft in Riesa hat der Eigentümerfamilie einen Brief geschrieben. „Wir sind stolz darauf, Teil einer so erfolgreichen Unternehmensgeschichte zu sein“, heißt es darin. „Viele von uns arbeiten bereits ihr ganzes Leben bei Teigwaren Riesa.“ Doch wolle man „nicht länger wie das Stiefkind der Familie behandelt werden“. Klar sei zwar, dass sich die historisch gewachsene Lohnlücke zwischen West und Ost nicht innerhalb weniger Monate schließen lasse. „Aber wir fordern ein klares Bekenntnis zur Lohnangleichung.“ Konkret dringen die Verfasser des Briefs auf einen „Stufenplan, der einen Weg aus den Niedriglöhnen aufzeigt“.

Ein führender Nudelproduzent in West und Ost

Alb-Gold-Gründer Franz Freidler hatte 1968 mit einem direkt vermarktenden Geflügelhof angefangen, 1977 startete die Teigwarenproduktion. Heute ist das Unternehmen mit rund 150 Nudelsorten – wie es in der Eigenwerbung heißt – „Deutschlands sortenreichster Hersteller“. Derweil hat Teigwaren Riesa als gut 100 Jahre altes Traditionsunternehmen starke Wurzeln im Osten. Fast ein Drittel aller in den neuen Bundesländern verkauften Nudelprodukten komme von dort, sagt Klenke.

Mit den dort gezahlten Einkommen sei es aber „kaum möglich, eine Familie zu ernähren oder die Miete zu bezahlen – selbst wenn die Lebenshaltungskosten in der Region um Riesa etwas niedriger sein sollten als auf der Schwäbischen Alb“, betont Klenke. Nach Gewerkschaftsangaben hat Alb-Gold seit 2005 einen Gewinn (nach Steuern) von insgesamt 52 Millionen Euro erzielt. Dazu habe der Standort Riesa erheblich beigetragen.

Weitere Arbeitsniederlegungen möglich

Kritik übt die Gewerkschaft auch an der Selbstdarstellung von Alb-Gold. Wenn die auf der Website vermittelten Ansprüche wie die Orientierung an einem „fairen und gesunden Wirtschaftssystem“ ernst gemeint seien, „sollte sich die Familie auch zu armutsfesten Löhnen am ostdeutschen Standort bekennen und konstruktive Tarifverhandlungen aufnehmen“, sagt Klenke. Die Arbeitsniederlegungen würden fortgesetzt, solange der Arbeitgeber das Gesprächsangebot ablehne.

Ein Alb-Gold-Sprecher verweist auf Anfrage nach Sachsen. Begründung: Die wenige Jahre nach der Wende übernommene Teigwaren Riesa GmbH sei 2019 „aus strategischen Gründen auf eigenständige wirtschaftliche Beine gestellt worden“ – daher gehöre man nicht mehr zu einer Gruppe und könne zu dem Konflikt „keine Aussage treffen“. Einer der zwei Geschäftsführer in Riesa ist einer der beiden Söhne, André Freidler.

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