Die Räte kritisieren die Informationspolitik der Verwaltung auf das Heftigste – und blockieren ihre Pläne für Eglosheim. Nun soll ein Tunnel im Fokus der Überlegungen für ein Verkehrskonzept stehen.

Ludwigsburg - Dieses Thema lässt offenbar kaum jemanden kalt. In einer turbulenten Sitzung wurde im Gemeinderat am Mittwochabend höchst emotional über die Pläne der Stadt diskutiert, die Bundesstraße 27 in Eglosheim zu verlegen. Es hagelte Kritik und Vorwürfe seitens der Stadträte – insbesondere an der aus ihrer Sicht desaströsen Informationspolitik der Verwaltung. Letztlich folgte das Gremium mehrheitlich dem Antrag von SPD und Grünen, vorrangig eine Untertunnelung der B 27 sowie die Einrichtung von kurzfristigen Lärmschutzmaßnahmen zu prüfen – und blockiert damit das Vorhaben der Stadt.

 

Ursprünglich hatten die Grünen beantragt, die Straßenneuplanungen für Eglosheim ganz einzustellen. Damit wäre auch das Vorhaben endgültig geplatzt, die B 27 künftig entlang von Bahndamm und Autobahn verlaufen zu lassen. Vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass die Stadt diese Südwestumfahrung vorantreiben will – seither gibt es massiven Protest von betroffenen Bürgern. Nun kamen auch aus den Reihen der Stadträte überwiegend Bedenken an dem Vorhaben.

Untertunnelung der Bundesstraße soll geprüft werden

Der kompletten Einstellung der Straßenneuplanungen wollten die meisten aber dennoch nicht zustimmen. Daher wurde der Grünen-Antrag in der Sitzung in Kooperation mit der SPD modifiziert – und mit 28 Ja- gegen drei Nein-Stimmen beschlossen. Nun soll eine Verkehrsentlastung in Eglosheim ergebnisoffen diskutiert und vorrangig eine Untertunnelung der B 27 geprüft werden. Die Südwestumfahrung ist nicht ganz vom Tisch, steht aber nun hinten an. Zudem wurde die Stadt beauftragt, die Einrichtung kurzfristiger Lärmschutzmaßnahmen wie grüne Lärmschutzwände oder Tempolimits voranzutreiben. Die Überdeckelung der Autobahn, die im Rahmen der Verlegung der Bundesstraße ebenfalls beabsichtigt war, soll unabhängig von diesen Plänen weiterverfolgt werden.

Der Entscheidung vorangegangen waren massive Vorwürfe der Stadträte. Sie hatten vor allem die Informationspolitik der Stadt in dieser Sache auf das Heftigste kritisiert. Diese habe die Räte gar nicht darüber unterrichtet, dass die Pläne für Eglosheim, die vor sieben Jahren schon einmal diskutiert worden waren, nun wieder aktuell seien. An der entscheidenden gemeinsamen Sitzung mit Asperg und Tamm im April hätten kaum Räte teilnehmen dürfen und auch danach habe es die Verwaltung nicht für nötig gehalten, die Räte zu informieren.

Gabriele Moersch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, war richtig sauer: „Selten haben sich die Stadträte so verärgert und vor den Kopf gestoßen gefühlt“, schimpfte sie. Sie frage sich, welchen Stellenwert die Räte für die Stadt hätten, wenn sie bei einem solch brisanten Thema nicht nur viel zu spät, sondern auch völlig ungenügend informiert würden. Ähnlich argumentierten zahlreiche Ratskollegen: Von einer „Nicht-Information“ sprach Oliver Kube (Linke), SPD-Rätin Margit Liepins ließ wissen, sie sei „völlig überrascht“ worden von den Plänen, Reinhold Noz (CDU) hielt das Vorgehen der Stadt für „nicht sauber“.

Pläne der Stadt kommen nicht gut an

Auch die Pläne an sich kamen nicht besonders gut an im Gemeinderat. Markus Gericke, Fraktionsvorsitzender der Grünen, mahnte, man brauche eine ganzheitliche Lösung der Verkehrsprobleme der Stadt und eine Berücksichtigung der Natur bei den Planungen. Margit Liepins sah einen zu großen Aufwand für „die Entlastung von 900 Metern Frankfurter Straße“ und Johann Heer (FDP) lehnte die Pläne entschieden ab, weil sie aus seiner Sicht Grün und damit Lebensqualität zerstörten und den Verkehr nur verlagerten. Während Elga Burkhardt (Lubu) die Pläne gar für „unausgegoren und laienhaft“ hielt, zeigten Reinhold Noz und Wilfried Link (beide CDU) zumindest die Bereitschaft, diese genauer anzuschauen.

Der Oberbürgermeister Werner Spec versuchte eindringlich, die Räte – und die zahlreich anwesenden Bürger – zu einer weiteren Auseinandersetzung mit dem Projekt zu gewinnen. Doch er sagte auch, dass die Stadt nichts gegen den Willen der Bürger unternehme: Wenn ihnen die aktuelle Situation lieber sei, spare die Stadt viel Geld. Nach der unerwarteten Entscheidung im Gemeinderat werde man im Herbst dennoch eine Bürgerbeteiligung starten, denn es müsse eine Lösung für Eglosheim gefunden werden. Nun werde man erneut die Tunnellösungen prüfen. Das sollte die Bürgerinitiativen, die sich zum Protest gegen die Südwestumfahrung zusammen geschlossen hatten, eigentlich freuen. Doch deren Sprecherin und Grünen-Rätin Christine Knoß ist vorsichtig: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt sie – doch nun müsse man schauen, was kommt.

Kommentar: Merkwürdig

Es ist ein seltsames Verhalten, das die Stadt beim Thema Südwestumfahrung von Eglosheim an den Tag legt. Schon die Art, wie die Pläne für eine Verlegung der B 27 öffentlich wurden, war merkwürdig: Noch vor der angeblich ausschlaggebenden Sitzung des interkommunalen Ausschusses Ikarus mit Asperg und Tamm im April deutete der Oberbürgermeister Werner Spec das Vorhaben im Eglosheimer Stadtteilausschuss an. Es folgte ein Pressebericht – der einen Aufschrei und massive Proteste bei den betroffenen Bürgern auslöste. Dennoch hielt es die Stadt offenbar nicht für nötig, Räte und Bürger offiziell über ihr Vorhaben zu informieren. Dabei kam die Reaktivierung der alten Pläne wie aus dem Nichts und war zuvor auch gemeinderatsintern offenbar noch nie thematisiert worden.

Dies erfolgte erst Wochen später: Bei einer Bürgerversammlung am Montag und im Gemeinderat am Mittwoch. Doch auch hier macht einiges stutzig: Wieso kommt der OB bei einem so brisanten Thema nicht zur Bürgerversammlung? Und wieso stößt er die Bürger in der Gemeinderatssitzung vor den Kopf mit einer Friss-oder-Stirb-Rhethorik nach dem Motto, wenn ihnen die aktuelle Situation lieber sei als die Südwestumfahrung, spare die Stadt viel Geld – nur um sie gleich danach aufzufordern mitzuwirken?

Kaum vorstellbar, dass man so vorgeht, wenn einem ein Projekt wirklich wichtig ist – es sei denn, man packt die Sache wirklich ungeschickt an. Daher drängt sich die Frage auf, ob in der Causa Eglosheim noch andere Ziele verfolgt werden, die bisher noch nicht zur Sprache kamen.