Die Ludwigsburger Wohnungsbaugesellschaft soll künftig mehr günstigen Wohnraum schaffen, auch für Normalverdiener. Unumstritten ist das nicht. Die Kritiker sprechen von „Planwirtschaft“.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Nach einer Klausurtagung des Ludwigsburger Gemeinderats zeichnet sich ab, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft (WBL) in Zukunft größeren Spielraum erhält, um langfristig mehr günstigen Wohnraum im Stadtgebiet zu schaffen. Auf der Tagung wurde hinter verschlossenen Türen debattiert, wie es gelingen kann, den Anstieg der Mieten einzudämmen. Die Verwaltungsspitze im Rathaus setzt dabei auch auf die WBL. Diese sei, sagt der Oberbürgermeister Werner Spec, in der Vergangenheit vergleichsweise spärlich mit städtischen Grundstücken ausgestattet worden. Er sehe nun eine gute Chance, dass sich dies ändere, denn im Gemeinderat seien Anzeichen für einen Meinungswandel erkennbar.

 

Derzeit wohnen knapp 7500 Menschen in den rund 2000 Wohnungen der Gesellschaft. Zirka ein Drittel ist für Menschen reserviert, die besonders einkommensschwach sind und einen öffentlichen Zuschuss zur Miete erhalten. Die restlichen Objekte stehen auch Normalverdienern offen, liegen aber im Mietpreisniveau ebenfalls deutlich unter dem Ludwigsburger Durchschnitt. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, wenn der WBL-Geschäftsführer Andreas Veit sagt: „Die Nachfrage ist sehr gut.“

Die WBL sieht Potenzial für 1000 weitere günstige Wohnungen

Die Gesellschaft sieht für sich langfristig ein Potenzial von 3000 Wohnungen, schon heute ist die WBL der wichtigste Anbieter von Mietwohnungen in Ludwigsburg. Veit verweist auf den sozialen und gesellschaftlichen Auftrag, für breite Schichten der Gesellschaft Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Anders als ein privater Investor könne die WBL auf hohe Renditen verzichten. Auch Eckart Bohn, der SPD-Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende des Mieterbunds, hatte kürzlich gefordert, dass sich die Stadt stärker für bezahlbaren Wohnraum engagieren müsse. Bohn kritisiert, dass der Gemeinderat etwa beim Verkauf der Grundstücke auf der Hartenecker Höhe nur den maximalen Ertrag im Blick gehabt habe. Damit allerdings habe das Gremium quasi verhindert, dass im größten Ludwigsburger Neubaugebiet der jüngeren Vergangenheit in ausreichendem Umfang günstiger Wohnraum entstehe. Die Folge dieser Politik sei, dass das Mietniveau im Stadtgebiet viel zu hoch sei.

Unumstritten ist diese Einschätzung nicht. Tatsächlich sind sich die Stadträte nicht einmal einig darüber, dass Wohnen in Ludwigsburg besonders teuer ist. So sagt die Freie-Wähler-Stadträtin Helga Schneller, die auch Vorsitzende der Ludwigsburger Eigentümerschutz-Gemeinschaft Haus & Grund ist: „Ich kann das nicht erkennen.“ Der jüngst veröffentlichte Mietspiegel beweise, dass die Mieten in den vergangenen zwei Jahren lediglich um 1,4 Prozent gestiegen seien. „Und das, obwohl 1500 Menschen nach Ludwigsburg zugezogen sind. Das spricht eindeutig dafür, dass der Markt ausgeglichen ist.“

Der Mieterbund hingegen argumentiert, dass das Mietniveau schon vor zwei Jahren enorm hoch gewesen sei. Eine Studie einer Hamburger Unternehmensberatungsgesellschaft listet Ludwigsburg unter den teuersten 30 Städten der Republik auf. Laut dem aktuellen Mietspiegel beträgt die durchschnittliche Netto-Miete 7,86 Euro pro Quadratmeter. Nicht nur der Mieterbund, auch Andreas Veit von der WBL sagt: „Es ist erkennbar, dass sich viele normale Einkommensbezieher die Mieten nicht mehr leisten können.“

Kritiker sprechen von „Planwirtschaft“

Haus & Grund wiederum hält es schlicht für unfair, wenn die WBL verstärkt Mietwohnungen für Normalverdiener auf den Markt wirft. „Wer bekommt die dann? Und wer nicht?“ Helga Schneller ist folglich strikt dagegen, der Gesellschaft in erheblichem Umfang Grundstücke zur Verfügung zu stellen. Wenn ein städtisches Unternehmen in großem Stil Mietwohnungen baue, sei das ein „Eingriff in den Markt“, sagt sie. „Dann haben wir eine Planwirtschaft und bekommen ganz stark steigende Preise, weil hier sonst niemand mehr bauen will.“ Stattdessen solle sich die WBL auf ihre eigentliche Aufgabe beschränken, Wohnraum für einkommensschwache Menschen zu schaffen. Das gelinge am besten, wenn sich die Gesellschaft auf die Sanierung von günstigeren Bestandsimmobilien konzentriere.

Sicher, dass sich diese Einschätzung im Gemeinderat noch einmal durchsetzen wird, ist Helga Schneller nicht. Der Wohnraum sei offensichtlich als Wahlkampfthema entdeckt worden, sagt sie. „Es sieht eben immer gut aus, wenn man sich für günstige Mieten einsetzt.“ Der Oberbürgermeister sieht die Debatte gelassen. Der Markt in Ludwigsburg sei groß, sagt Spec „Da ist genug Platz für private und städtische Unternehmen.“