Begehbare Organe, Herztage, OP-Simulation: die Krankenhäuser in der Region buhlen verstärkt mit Informationsveranstaltungen um Patienten.

Ludwigsburg - Neulich, beim Herztag, ist Robert Reister kurz das Herz in die Hose gerutscht. Zwei Herren beschwerten sich, dass sie bei der Veranstaltung im Ludwigsburger Klinikum zwei Tische reserviert hätten, nun sei aber kein Platz frei. "Ich dachte gleich, da ist was schiefgelaufen", sagt der 31-Jährige. Doch dann stellte sich heraus, dass die beiden Besucher nicht zum Informationstag rund um das Thema Herzkrankheiten gekommen waren, sondern zu einem Fachkongress am anderen Ende des großen Klinikbaus.

Nun ist Robert Reister keineswegs Hausmeister, Portier oder Tischreservierer– wenngleich sein Job von allem ein bisschen beinhaltet. Der Betriebswirt arbeitet seit einigen Monaten als Eventmanager für die Regionale Kliniken-Holding (RKH). Er wurde als personifizierte Schnittstelle zwischen den neun Krankenhäusern der Holding und der Öffentlichkeit eingestellt. Sein Habitus sticht durchaus heraus, inmitten des von Weißkitteln dominierten Klinikpersonals: ganz in Schwarz, mit schicker Designer-Armbanduhr und schwarzem Shawl wäre Reister auch in einer Werbeagentur vorstellbar.

Der 31-jährige Fachmann für Marketing ("Mein Job ist, die Menschen für ein Thema zu gewinnen") organisiert Informationsveranstaltungen, Patientenmessen, Fortbildungen oder Führungen. Kürzlich hat er eine kleine Ausstellung des Fotokünstlers Andreas Dittus ins Foyer des Klinikums Ludwigsburg geholt. Eine Rückkehr zu den Ursprüngen–Dittus ist hier vor 30Jahren auf die Welt gekommen. Als Eventmanager soll Robert Reister helfen, die Kliniken nach außen zu öffnen, den Informationshunger der Patienten und Ärzte stillen. Ein Appetit, der ständig wächst.

Ludwigsburg hat die Zeichen der Zeit erkannt


Die Zeiten des Halbgottes in Weiß, der in seinem Kreiskrankenhaus ein klar abgestecktes Revier hat, gefüllt mit willenlosen Patienten, die ihm blind vertrauen, sind längst vorbei. "Der Bürger und Patient will informiert werden", sagt Alexander Tsongas, Pressesprecher der Klinikengesellschaft des Landkreises Ludwigsburg – dem Herzstück der RKH. In Ludwigsburg hat man offenbar die Zeichen der Zeit erkannt. Um die mobiler werdenden, gut informierten Patienten für sich zu gewinnen, lassen sich die Krankenhäuser einiges einfallen. Der neueste Schrei sind überdimensionale, begehbare Modelle menschlicher Organe und Modellendoskope, mit denen Kinder Gummibärchen aus Modellmenschen herausoperieren können. "Medizin zum Anfassen", heißt das Zauberwort.

"Einen Eventmanager hätte ich auch gerne", sagt Ulrike Fischer, Sprecherin des Klinikums Stuttgart, spontan, als sie von Robert Reister hört. Inzwischen sei die Zahl der öffentlichen Darm-, Herz- oder Hüftgelenkveranstaltungen bei den vier Kliniken des Stuttgarter Krankenhauskonzerns auf 150 angewachsen. Die Organisation hängt immer noch an der Sprecherin Ulrike Fischer, gemeinsam mit der Abteilung für Hauswirtschaft.

Ähnlich läuft es beim Klinikverbund Südwest. "Gesundheit ist ein absolutes Zugpferd", sagt der Pressesprecher Ingo Matheus. Patientenbindung und Aufklärung seien für Krankenhäuser die Schlagworte der Stunde. Auch hier sind die sechs Mitarbeiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit für die Veranstaltungen zuständig–im vergangenen Jahr waren es in den fünf Häusern in den Kreisen Böblingen und Calw immerhin 44. Man sei stets bemüht, den Besuchern "einen angenehmen Nachmittag zu machen", wie Ingo Matheus erläutert. Auch im kleineren Klinikum Esslingen werden jährlich immerhin etwa 20Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Zuständig ist dafür ebenfalls die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit. "Einem Eventmanager würde es bei uns auch nicht langweilig", sagt die Pressesprecherin Anja Dietze.