Martin Häußermann hat sich im Staatsarchiv in alten Gerichtsakten auf die Spuren des Falschgelds begeben. Der Traum vom schnellen Geld ohne Arbeit scheint so alt wie die Menschheit. Ein Interview übers Fälschen und die drakonische Strafen dafür.

Ludwigsburg – Das schnelle Geld ist immer ein Menschheitstraum gewesen. Falschgeld schien vielen ein Weg dahin. Wer sich erwischen ließ, dem drohte einst die Hinrichtung mit dem Schwert.
Herr Häußermann, seit wann gibt es denn Falschgeld?
Unmittelbar, nachdem das Geld erfunden war, gab es Falschgeld.

Das herzustellen war offenbar in frühen Zeiten ein besonders schlimmes Vergehen.
Es war im Gegensatz zu heute kein Vergehen gegen den Geldverkehr, sondern man hat es als Angriff auf die Münzhoheit des Münzherren und damit als Majestätsbeleidigung, als einen Affront gegen den obersten Landesherren, angesehen. Deshalb auch die drakonischen Strafen etwa in der Peinlichen Halsgerichtsordnung aus dem Jahr 1532. Man konnte in Öl gesiedet werden. Aber in aller Regel war in unserer Gegend die Hinrichtung mit dem Schwert verbreitet. Die wird in den Akten oft bis ins Detail beschrieben und war fast ein liturgisches Geschehen. Es gab aber auch Begnadigungen. Das waren dann etwa Schläge auf das nackte Hinterteil.

Wie erkannte man Falschgeld?
Meistens war es zu leicht. Kupfer ist leichter als Silber. Man hat das Geld mit Goldwaagen nachgewogen. Manchmal waren die Fälschungen auch so billig gemacht, dass man es sofort gesehen hat.

Das war dann gewagt vom Fälscher?
Die Bildung war nicht so sehr hoch. Es gab keine einheitliche Justiz, keine einheitliche Währung. Alles war zersplittert, besonders in Ostwürttemberg, das Gebiet, das ich untersucht habe. Wenn da jemand mit einem französischen Geldstück kam, hat man es vielleicht in die Hand genommen und geschaut, wie schwer es ist und vielleicht noch draufgebissen. Gold ist weich, Silber auch, Kupfer ist hart. Man hat mit Vorliebe ausländische Währung gefälscht. In Hohenstadt hat man Heller aus Ulm nachgemacht, in Münster bei Gaildorf aus Kurmainz und Hessen. Aufgeflogen ist es in einem Fall nur, weil der Fälscher so viel Geld bei sich hatte, dass man misstrauisch wurde und ihn überprüft hat.

Wer hat geprüft?
Das Gericht in Heidenheim, dort, wo er verhaftet worden war. Es hat ermittelt, es hat angeklagt und geurteilt. Alles lag in den Händen einer einzigen Behörde, ja nur ganz wenigen Personen. In Oberrot hat ein Schneidergeselle noch Geld von seinem Chef bekommen sollen. Er hat ihm bewusst einen falschen Louisdor angedreht und hat es ihm auch noch gesagt. Aus drei geschuldeten Gulden hätte er beim Eintauschen elf Gulden bekommen können. Der Geselle hat es in einer Wirtschaft eingetauscht. Der Wirt ist aber misstrauisch geworden.

Was sind denn die Motiv der Fälscher?
Das einzige Motiv ist: ich will Geld haben, ohne dafür arbeiten zu müssen.

Sie haben aber auch einen Fall gefunden, da spielte wohl auch Hochstaplerei mit.
Ja, in Schwäbisch Gmünd gab es einen Mann, der hat Personen, die Geld fälschen wollten, beraten. Er hat selber Geldstempel hergestellt und eine Rendite von fünf Gulden pro Tag in Aussicht gestellt. Und es gab auch einen Mauer und Pfeifenmacher, der im Winter keine Einnahmen hatte. Dann hat er im Winter geschnitzt. Aber da muss man viel arbeiten und bekommt wenig Geld. Die Verlockung war groß, einfacher und ohne sich die Hände schmutzig zu machen, schnell zu Vermögen zu kommen.

Einer der Verurteilten wurde exkommuniziert. Wie das?
Im evangelischen Territorium ist der Landesherr auch der oberste Bischof. So kann er die Exkommunizierung aussprechen. Da muss der Delinquent im Gottesdienst auf einem besonderen Büßerstuhl im Büßergewand sitzen und bekennen, dass er schuldig sei und um Gnade bitte. Dann werden ihm die Sünden erlassen und er darf sich wieder in die Gemeinde runtersetzen. In dem Fall aus Schwäbisch Gmünd hat dem Exkommunizierten das besonders wehgetan, weil er vom Abendmahl ausgeschlossen war. Denn fromm war man ja damals schon. Auch als Fälscher.